3183/J XXVIII. GP
Eingelangt am 09.09.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Lukas Hammer, Ralph Schallmeiner, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres betreffend Rechtsextremes Ausbildungslager der "Identitären" bei Gmunden
Das diesjährige „Sommerlager“ der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ fand vermutlich in der Kalenderwoche 34 in der Region beim Laudachsee am Grünberg in der Nähe von Gmunden statt.
Das Foto vom rechtsextremen
Sommerlager der „Identitären“ lässt sehr gut erkennen,
dass es sich beim Austragungsort um den Laudachsee am Grünberg in der
Nähe von Gmunden handelt[1].
Bildquelle: Telegram-Kanal der „Identitären Bewegung
Deutschland“.
Rechtsextreme und Neonazis aus dem gesamten deutschsprachigen Raum nahmen daran teil, insbesondere Mitglieder der „Identitären“ aus Deutschland und Österreich waren dort vertreten. Das Lager war wie schon in der Vergangenheit geprägt von militärischem Drill, der an die Wehrsportübungen von Neonazis Mitte der 80er Jahre in Österreich erinnert[2]. So zeigen diverse Fotos, die von den Rechtsextremen selbst veröffentlicht wurden, verstörende Szenen, wo mutmaßlich auf am Boden liegende Personen eingeschlagen wird.

Szene aus dem Ausbildungslager der „Identiären“: Wieland Kubitschek, Sohn des bekannten deutschen Rechtsextremen Götz Kubitschek, übt sich in der Ausübung von Gewalt. Bildquelle: Instagram-Account von Wieland Kubitschek.
Die
Teilnehmenden inszenieren sich wie eine paramilitärische Gruppierung, die
in Reih und Glied Aufstellung nimmt. Diese Einübung von Gehorsam und Drill
und der Hang zur militärischen Disziplinierung ist nichts Ungewöhnliches
in der rechtsextremen Szene, die aufgrund ihrer ideologischen Beschaffenheit
von sich heraus zu Gewalt und Unterordnung tendiert.
In Reih und Glied: militärische
Aufstellung beim Ausbildungslager der rechtsextremen „Identitären.
Bildquelle: Telegram-Kanal der „Identitären Bewegung Deutschland“.

Martin Sellner von der „Identitären Bewegung Österreich“ als Teilnehmer des Sommerlagers 2025. Auf dem T-Shirt das deutschnationale Motto der Veranstaltung in den österreichischen Alpen: „Neues Deutschland“. Bildquelle: Telegram-Kanal von Martin Sellner.
Dass das rechtsextreme Ausbildungslager unbehelligt von den Behörden in Österreich stattfinden konnte, wirft einige Fragen auf, die auch von sicherheitspolitischer Relevanz sind. Österreich darf sich jedenfalls nicht zum Tummelplatz für Rechtsextreme entwickeln, die hier ihren Gewaltfantasien freien Lauf lassen können.
Schon im Vorfeld des Aufmarsches der „Identitären“ Ende Juli in Wien fand am Vorabend, dem 25. Juli eine als „Fight Night“ bezeichnete Kampfsportveranstaltung in den Kellerräumlichkeiten der Identitären in Wien-Margareten statt. Der Schweizer Neonazi Tobias Lingg beschrieb seinen Kampf gegen ein Mitglied der „Identitären Bewegung Schwaben“ als „Schlägerei“[3]. Sichtlich geht es hier um Enthemmung statt um eine zivilisierende Einhegung von Gewalt im Rahmen sportlicher Aktivitäten. Als Schiedsrichter trat Gernot Schmidt in Erscheinung, der als Kader für den aktionsorientierten Flügel der „Identitären“ fungiert und seit kurzem als parlamentarischer Mitarbeiter der FPÖ seinen Dienst versieht.
Die „Fight Night“ der
Identitären in Wien-Margareten. Mit dabei als Schiedsrichter:
FPÖ-Mitarbeiter Gernot Schmidt. Bildquelle: YouTube
Dass es bei den „Identitären“ nicht nur bei der Gewalt der Worte bleibt, zeigt auch ein weiterer Umstand: Thomas D., ein führendes Mitglied der extrem rechten niederländischen Gruppe „Geuzenbond“, wurde Mitte August wegen des Verdachts rechtsterroristischer Anschlagspläne festgenommen. Die niederländische Polizei fand bei einer Durchsuchung seiner Räumlichkeiten illegale Waffen und Munition. Thomas D. war im Juli 2025 auch beim Aufmarsch der „Identitären“ in Wien zu Gast. Er stand dort in der ersten Reihe hinter dem Fronttransparent und hielt eine Rede am Lausprecherwagen. Fotos zeigen ihn im amikalen Gespräch mit dem FPÖ-Mitarbeiter Gernot Schmidt[4]. Auch bei der „Fight Night“ der „Identitären“ am Freitagabend war der mutmaßliche Rechtsterrorist zugegen.

Links: Der mutmaßliche
Rechtsterrorist Thomas D. gemeinsam mit Gernot Schmidt beim Aufmarsch der
„Identitären“ in der Wiener Innenstadt. (Bildquelle:
Screenshot YouTube[5])
Oben: Thomas D. vor dem Keller der Identitären in Wien-Margareten.
(Bildquelle: democ.)
Es ist nicht das erste Mal, dass Mitglieder der „Identitären“ Verbindungen zu Rechtsterroristen aufweisen. So hatte Martin Sellner nachweislich Kontakt mit dem Attentäter von Christchurch, der 2019 51 Menschen in Neuseeland aus rassistischen Motiven ermordete und 50 weitere verletzte.
Auch gegen Mitglieder der „Identitären“ gab es immer wieder Ermittlungen in Zusammenhang mit Gewaltdelikten. Zuletzt gegen Wieland Kubitschek, der bei einer rechtsextremen Kundgebung im November 2024 vor der Universität Wien versehentlich einen Kameraden, den er für einen politischen Gegner hielt, mit einer Glasflasche am Kopf attackierte[6]. Dafür wurde er im März 2025 am Amtsgericht Merseburg (Sachsen-Anhalt) wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer bedingten Haftstrafe von acht Monaten rechtskräftig verurteilt. Nun zeigen Fotos vom rechtsextremen Ausbildungslager Kubitschek, wie er auf eine am Boden liegende Person einprügelt (siehe oben).

Das verbotene Symbol der „Identitären Bewegung“ fand auch während des „Sommerlagers“ Verwendung und wird sogar im Nachhinein von rechtsextremen Seiten im Internet verbreitet. (Bildquelle: Instagram-Account „remigrationnow“)

Neben ideologischen Schulungen war es vor allem die militärische Einübung von Gewalt, die den Alltag am „Sommerlager“ der rechtsextremen „Identitären“ geprägt hat. Bildquelle: Instagram-Account „jannis.george“.
Unter diesen Umständen stellt das Ausbildungslager der „Identitären“ mitsamt seinem militärischen Charakter eine Bedrohung dar, der sich die Sicherheitsbehörden zu widmen haben.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Hatten die Sicherheitsbehörden und insbesondere die Direktion
Staatsschutz und Nachrichtendienst oder das zuständige Landesamt
Staatsschutz und Extremismusbekämpfung Oberösterreich Kenntnis von
der Abhaltung des „Sommerlagers“ der rechtsextremen
„Identitären Bewegung“ in der Region Laudachsee
beim Grünberg in der Nähe von Gmunden?
2) Wurde die Veranstaltung von den Sicherheitsbehörden beobachtet?
Wenn nein: warum nicht?
3) Hat es im Vorfeld des rechtsextremen „Sommerlagers“ eine
Gefährdungseinschätzung des Staatsschutzes zu dieser Veranstaltung
sowie zu den Teilnehmern gegeben?
4) Wenn ja, zu welchem Ergebnis ist diese
Gefährdungseinschätzung gekommen? Wenn nein, warum wurde keine
Gefährdungseinschätzung durchgeführt?
5) Wurden etwaige rechtliche Verstöße im Zusammenhang mit der Veranstaltung dokumentiert? Wenn ja: Welche Rechtsübertretungen wurden dokumentiert?
6) Wurde das rechtsextreme „Sommerlager“ auf mögliche Verwaltungsübertretungen überprüft?
7) Wurden Verstöße nach dem Symbole-Gesetz dokumentiert?
8) Wenn ja, was hat diese Überprüfung ergeben und welche
Schritte haben die Sicherheitsbehörden unternommen?
9) Wurden von den Sicherheitsbehörden Identitätsfeststellungen
bei den Teilnehmern des rechtsextremen „Sommerlagers“
durchgeführt? Wenn ja, aufgrund welchen Tatverdachts und bei wie vielen
Personen?
10) Wurden die Teilnehmenden bei der An- oder Abreise von den
Sicherheitsbehörden kontrolliert?
11) Wie viele Personen haben am „Sommerlager“ der
„Identitären Bewegung“ teilgenommen?
12) Wie viele österreichische und wie viele ausländische
Staatsbürger nahmen am „Sommerlager“ der
„Identitären Bewegung“ teil?
13) Finden sich unter den Teilnehmenden auch Personen, gegen die
strafrechtlich relevante Vorwürfe vorliegen beziehungsweise gegen die im
In- oder Ausland ermittelt wird?
14) Um welche Vorwürfe beziehungsweise Ermittlungen handelt es sich die Personen betreffend?
15) Wenn die Veranstaltung ohne Beobachtung durch die zuständigen
Behörden stattfinden konnte: Ist daran gedacht, nun im Nachhinein
Ermittlungen aufzunehmen? Wenn nein: warum nicht?
16) Sehen die Sicherheitsbehörden bei der Abhaltung eines
rechtsextremen Ausbildungslagers mit militärischem Charakter keinen Grund
zum Einschreiten, zumal dort verbotene Symbole zur Schau gestellt wurden?
17) Sehen die zuständigen Sicherheitsbehörden die
„Identitäre Bewegung“ als Bedrohung für das demokratische
Zusammenleben und für die öffentliche Sicherheit und Ordnung?
18) Welche Maßnahmen werden Sie als Innenminister setzen, um zu verhindern, dass sich Österreich als Tummelplatz für rechtsextreme Ausbildungslager etabliert?
19) War Ihnen bekannt bzw. dem Verfassungsschutz bekannt, dass ein rechtsextremer
Aktivist aus den Niederlanden, gegen den Ermittlungen wegen des Verdachts auf
terroristische Straftaten laufen, am Aufmarsch der Identitären Ende Juli
2025 in Wien teilnehmen wird?
20) War Ihnen bekannt, dass ein rechtsextremer Aktivist aus den
Niederlanden, gegen den Ermittlungen wegen des Verdachts auf terroristische
Straftaten laufen, am Kampfsportturnier der Identitären Ende Juli 2025 in
Wien-Margareten teilnehmen würde?
21) Waren oder sind Sie oder die zuständigen Stellen
diesbezüglich mit den Sicherheitsbehörden in den Niederlanden im
Austausch?
22) Wenn nein, warum nicht und was werden Sie unternehmen, damit ein Informationsaustausch über rechtsextreme europaweite Netzwerke zukünftig besser gelingt?
23) Wie ist es möglich, dass ein deutscher Staatsbürger, der für eine in Österreich begangene Gewalttat rechtskräftig verurteilt wurde, für Österreich kein Einreise- und Aufenthaltsverbot erhalten hat?
24) Sind Ihnen aus der aktuellen rechtsextremen Szene in Österreich andere Sommerlager oder ähnliche Veranstaltungen bekannt, bei denen militärischer Drill und Gewalt trainiert wurden? Wenn ja, bitte um konkrete Angaben über Ort sowie Veranstalter und Beschreibung der Veranstaltung.
25) Sind Ihnen aus der aktuellen antifaschistischen Szene in Österreich Sommerlager oder ähnliche Veranstaltungen bekannt, bei denen militärischer Drill und Gewalt trainiert wurden? Wenn ja, bitte um konkrete Angaben über Ort sowie Veranstalter sowie Beschreibung der Veranstaltung.
[1] Siehe als Vergleichsfoto: https://www.gruenberg.info/de/wandern-aktivitaeten/attraktionen/laudachsee
[2] https://fm4v2.orf.at/connected/216801/main
[3] https://www.youtube.com/watch?v=eMOoFC8_Xcg&t=2s
[4] https://www.derstandard.at/story/3000000283815/in-wien-aufmarschierter-rechtsextremer-wegen-terrorverdachts-in-niederlanden-festgenommen
[5] https://www.youtube.com/watch?v=BPwKMrVvDAM
[6] https://www.derstandard.at/story/3000000230745/wien-besuch-von-rechtsextremist-kubitschek-endete-mit-anklage-gegen-dessen-sohn?ref=rss