3186/J XXVIII. GP

Eingelangt am 11.09.2025
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Anfrage

 

der Abgeordneten Olga Voglauer, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Tiertransporte - Folgeanfrage zu 903/AB

BEGRÜNDUNG

 

In der Anfragebeantwortung 903/AB zu Kontrollen bei Langstrecken-Tiertransporten wurden zahlreiche Fragen nicht beantwortet, während einige Antworten Folgefragen aufwerfen.

Beispielsweise wird bei der Antwort auf Frage 2 auf die TRACES Berichte verwiesen, die jedoch nur die Gesamtzahl der abgefertigten Tiertransporte je Tierart und Jahr aufweisen, jedoch nicht aufgeschlüsselt auf Bundesländer und Bezirke – was eben ursprünglich angefragt war.

Bezüglich der Fragen 27 bis 33, zum Herdenaufbau in Drittstaaten, wird nur auf die geltende Rechtslage verwiesen, und darauf, dass die Evaluierung der Anlage 2 noch nicht abgeschlossen sei. Interessant ist die Ansicht, dass die Evaluierung der Anlage 2, die ja laut § 20a Abs. 6 Z 2 TTG „bei Bedarf, jedenfalls aber alle drei Jahre“ zu evaluieren ist, laut Ansicht der Ministerin „im Laufe des Jahres 2025“ zu erfolgen hat, und nicht binnen drei Jahren – dafür hätte die Evaluierung bis zum 1.September 2025 fertig sein müssen. Daher stellen sich auch Fragen nach den bisherigen Aktivitäten des Ministeriums für die Evaluierung. Weiters wurden zahlreiche inhaltliche Fragen zur Evaluierung nicht beantwortet, obwohl diese bereits vor Beginn der Evaluierung beantwortbar sein sollten – etwa die Ansprüche, die das Ministerium an Dokumentation und Kontrollen des Herdenaufbaus, inkl. deren Unabhängigkeit, stellt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

Zu Tiertransporten allgemein

1)    Wie teilen sich die in den TRACES Berichten angegebenen Rinderexporte (Sendungen) auf die abfertigenden Bezirke auf? Wir ersuchen um tabellarische Darstellung, wie viele Rinderexporte in den Jahren 2022 (412 gesamt), 2023 (666 gesamt) und 2024 (540 gesamt) mit Bestimmungsorten in Drittstaaten jeweils in den einzelnen Bezirken abgefertigt wurden.

 

Zur Zulassung von Kontrollstellen in Drittstaaten

2)    Wurden die in der Antwort zu den Fragen 16 bis 20 angeführten Kontrollstellen in Drittstaaten persönlich besucht, um die Tierschutzkonformität zu prüfen?

3)    Liegt für alle genannten Kontrollstellen die offizielle Zulassung der zuständigen Behörde des Drittstaats[1] in einer der offiziellen Amtssprachen der Europäischen Union (oder beglaubigt übersetzt in eine solche) vor? Wenn ja, ersuchen wir um Beilage dieser offiziellen Zulassungen in einer der offiziellen Amtssprachen der EU. Wenn nein, warum nicht?

4)    Liegt für die genannten Kontrollstellen eine Bestätigung vor, dass diese durch Beamte der Europäischen Kommission auditiert werden können? Wenn ja, ersuchen wir um Beilage dieser. Wenn nein, warum nicht?

5)    Liegen für die genannten Kontrollstellen Bestätigungen vor, dass und konkret welche amtlichen oder von der zuständigen Behörde dafür zugelassenen Tierärzt:innen, vor der weiteren Verbringung die Transportfähigkeit bestätigen dürfen?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn nein, wie kann garantiert werden, dass überhaupt eine Amtliche Überprüfung der Transportfähigkeit der Tiere vor Wiederverladung an außereuropäischen Kontrollstellen stattfindet?

6)    Wie wird durch Fotos und Videos von Einzeltieren die Transportfähigkeit aller Tiere für den Weitertransport am Folgeabschnitt der Route festgestellt?

7)    Wie wurde mit Fotos und Videos kontrolliert, dass ausreichend Platz vorhanden ist, dass alle Tiere gleichzeitig liegen können?

8)    Wie wurde durch Fotos und Videos kontrolliert, dass alle Tiere ihrem Bedarf entsprechend versorgt wurden?

9)    Wie wurde durch Fotos und Videos kontrolliert, ob das vorgeschriebene Register, in dem Tag und Uhrzeit der Beendigung des Entladens und des Beginns der Wiederverladung der Tiere, die Nummern der Tiergesundheitsbescheinigungen, und weiteres notiert werden müssen, korrekt geführt wird?

10) Wie garantieren die österreichischen Veterinärbehörden, dass die üblicherweise zwei Fahrer:innen – zugleich Tiertransportbetreuer:innen – nicht nur während des Ruhens der Tiere an Kontrollstellen nach bis zu 29 Stunden Beförderungsdauer ihre Ruhezeit antreten können, sondern - in Erfüllung der Bestimmungen der VO(EG) 561/2006 - bereits nach gemeinsam maximal 20 Stunden Lenkzeit?

 

Zur Evaluierung des Herdenaufbaus in Ländern der Anlage 2 zum TTG

11) Welche Unterlagen haben Sie wann von welchen Stellen angefordert, um den Herdenaufbau in den Ländern der Anlage 2 zum Tiertransportgesetz in Entsprechung von § 20a. (6) 2. und (7) iVm § 24 (10) TTG idgF zu evaluieren?

12) Welche Unterlagen haben Sie wann von welchen Stellen erhalten, um den Herdenaufbau in den Ländern der Anlage 2 zum TTG zu evaluieren? Wir ersuchen um Beilage dieser Unterlagen zur Beantwortung.

13) Welche Anforderungen an Dokumentation und Kontrolle, inkl. Unabhängigkeit der Kontrolle, stellt das Ministerium an national geförderte Herdenaufbauprogramme bzw. an den Nachweis des nachhaltigen Herdenaufbaus?

a.    Wird die Dauer der Zuchtverwendung und die Lebensdauer der aus Österreich exportierten trächtigen Kalbinnen erhoben? Wenn nein, warum nicht?

b.    Muss der aktuelle Aufenthaltsort der in den letzten Jahren exportierten Tiere nachgewiesen werden? Wenn nein, warum nicht?

c.    Muss die Zahl der im Bestimmungsstaat nachgezüchteten Tiere nachgewiesen werden? Wenn nein, warum nicht?

d.    Werden Dokumentation und Kontrolle im Fall von staatlich geförderten Herdenaufbauprogrammen von den jeweiligen Drittstaaten vorgenommen? Wenn ja, von welchen Stellen konkret? Wenn nein, von wem dann?

e.    Die Länder im Anhang 2 erreichen beim Corruption Perception Index der Nichtregierungsorganisation Transparency International durchwegs niedrige Punktezahlen[2]. Welche Ansprüche stellen Sie an die Unabhängigkeit der Institutionen, den Grad der Demokratie und die Anfälligkeit für Korruption in den staatlichen Einrichtungen, für die Anerkennung von Unterlagen eines Drittstaats zu einem staatlich geförderten Herdenaufbauprogramm? 

f.     Welche Stellen führen die Dokumentationen und Kontrollen durch, in Fällen wo der nachhaltige Herdenaufbau unabhängig von national geförderten Herdenaufbauprogrammen nachgewiesen werden soll?

14) Sofern in den letzten Jahren kein Export in bestimmte Länder stattgefunden hat, werden diese Länder dann von der Liste der Anlage 2 gestrichen?

15) Wann werden die Länder, in die seit Inkrafttreten der Novelle des TTG am 1.9.2022 kein Export und mutmaßlich auch keine Evaluierung des Herdenaufbaus stattgefunden hat, von der Liste der Anlage 2 gestrichen?

16) Wie lange darf ein Herdenaufbauprogramm maximal von Zuchttierimporten abhängig sein, um den Ansprüchen an ein funktionierendes Herdenaufbauprogramm zu genügen?

 

Zu Transporten nach Aserbaidschan:

17) Die in der Beantwortung der Frage 21 angegebene Route ist (bei exemplarischem Beginn in Ried im Innkreis und Ende in Baku) 4.477 km lang. Laut Google Maps führt jedoch die kürzeste und rascheste Route nicht über Russland, sondern über die Türkei, mit 3.964 km. Artikel 3 lit a der Verordnung (EU) 1/2005 gibt als notwendige Bedingung für den Transport von Tieren an: „Vor der Beförderung wurden alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen, um die Beförderungsdauer so kurz wie möglich zu halten und den Bedürfnissen der Tiere während der Beförderung Rechnung zu tragen.“ Wie kann unter Einhaltung dieser Bestimmung ein Transport mit einem Umweg von über 500 km genehmigt werden?

 

Zur Glaubwürdigkeit der Verwendung zur Zucht von in Drittstaaten exportierten Rindern:

18) Immer wieder werden Zweifel an der Verwendung zur Zucht von in Drittstaaten exportierten Tieren laut.[3] Laut § 20a Abs. 5 TTG sind Schlacht- und Masttransporte in Drittstaaten verboten. Wurden von Seiten des BMASGPK Maßnahmen ergriffen, um die Plausibilität der Verwendung der Tiere als Zuchttiere zu überprüfen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

19) Welche Behörde ist zuständig dafür, die Plausibilität der angegebenen Verwendung der exportierten Tiere zu prüfen?

20) In welchen Fällen müsste die zuständige Behörde Zweifel an der Plausibilität der angegebenen Verwendung anmelden?

21) Inwiefern ist es plausibel, dass Exportzahlen in bestimmte Länder gleich bleiben oder steigen[4], wenn doch aufgrund der in den vergangenen Jahren eben dorthin exportierten Zuchttiere längst zahlreiche Nachkommen und eigene Zuchtlinien vor Ort produziert hätten werden müssen?

22) Inwiefern ist es plausibel, dass mit österreichischen Tieren Herdenaufbau betrieben wird, wenn die Rinderzahlen in den Zielländern rückläufig sind oder stagnieren?[5]

 



[1] In Russland müsste dies, sofern sich die Kontrollstelle nicht in unmittelbarer Nähe bzw. im Zusammenhang mit Einrichtungen des Zollwesens befindet, die Zuständigkeit des in Moskau ansässigen Föderalen Dienstes für veterinärrechtliche und phytosanitäre Überwachung sein. Siehe „Aktuelle Probleme bei der Abfertigung/Genehmigung langer, grenzüberschreitender Tiertransporte im Licht der EuGH-Entscheidungen C-424/13 und C-383/16“, Christoph Maisack/Alexander Rabitsch, in TiRuP 2020/A

[2] Armenien (47), Aserbaidschan (22), Georgien (53), Kasachstan (40), Kirgisistan (25), Russische Föderation (22), Usbekistan (32). Je niedriger die Punktezahl (0-100) desto höher das Ausmaß der im Land wahrgenommenen Korruption. https://www.transparency.org/en/

[3] Z.B. https://vorarlberg.orf.at/stories/3239828/; https://www.vier-pfoten.at/unsere-geschichten/pressemitteilungen/2025/februar/oesterreich-exportiert-jedes-jahr-tausende-traechtige-zuchtrinder

[4] Exportierte Rinder laut TRACES nach Algerien: 3.272 (2024), 8.047 (2023), 4.666 (2022), 2.714 (2021), 1.149 (2020), 2.077 (2019), 660 (2018).
Exportierte Rinder laut TRACES in die Türkei: 12.607 (2024), 8.437 (2023), 2.708 (2022), 1.725 (2021), 2.107 (2020), 2.249 (2019), 10.593 (2018), 19.407 (2017), 13.309 (2016).

[5] Bestand an Milchkühen in Algerien 2014/2015: 1.107.800, im Jahr 2021 hingegen: 908.001. Daten des Algerischen Statistikamts, https://www.ons.dz/spip.php?rubrique346. In der Türkei stiegen die Rinderzahlen bis 2020 an, danach sanken sie: 17.965.482 (2020) vs. 16.824.208 (2024). Gleichzeitig stieg in diesem Zeitraum die Zahl der geschlachteten Rinder um 6% (im Vergleich 2020-2023 sogar um 21%!)), während die Produktion von Kuhmilch um 3% sank (im Vergleich 2020-2023 sogar um 8%). Daten des Turkish Statistical Institute, https://data.tuik.gov.tr/Kategori/GetKategori?p=tarim-111&dil=2.