3187/J XXVIII. GP

Eingelangt am 11.09.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Olga Voglauer, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Keulungen im Tierseuchenfall

BEGRÜNDUNG

 

Im letzten Jahr hatte Österreich mit zwei großen Tierseuchenausbrüchen von Seuchen der Kategorie A zu tun: Die hochpathogene aviäre Influenza (HPAI, „Vogelgrippe“) brach vor allem im Oktober und November 2024 in Österreich – vorrangig Bezirk Amstetten – aus. In dieser Zeit wurden laut Medienberichten vom November über 150.000 Tiere aus betroffenen Betrieben getötet.[1] Die Maul- und Klauenseuche (MKS) brach im März und April 2025 in Ungarn und der Slowakei in Betrieben nahe der österreichischen Grenze aus.

Zahlreiche weitere Tierseuchen beschäftigen die Tierhalter:innen ebenso: Die Afrikanische Schweinepest (ASP) kommt seit langem in zahlreichen Nachbarländern (z.B. Deutschland, Italien, Slowakei, Tschechien, Ungarn) vor, weswegen auch seit seit 2017 ein umfangreiches Überwachungsprogramm bei Hausschweinen, seit 2021 verstärkt auch bei Wildschweinen besteht. Die Lumpy Skin Disease (LSD), an der Wiederkäuer erkranken, brach im Juni 2025 in Frankreich und Italien aus – seither wurden keine weiteren Ausbrüche gemeldet. Die Blauzungenkrankheit (BTV) ist im September 2024 erstmals seit 2016 wieder aufgetreten. Die Pest der kleinen Wiederkäuer ist 2018 erstmals in Europa aufgetreten und hat sich seither verbreitet: Ausbrüche gab es 2024 in Rumänien, Griechenland und Bulgarien und 2025 in Ungarn, Rumänien, Albanien und Kosovo.[2]

Rund um den Maul- und Klauenseuche-Ausbruch in Ungarn und der Slowakei im Frühling 2025 wurde eine Petition „Wertvolles Tierleben schützen!“[3] gestartet, welche fordert, anstatt Tiere eines betroffenen Bestandes vorsorglich zu töten, die Standardvorgabe zu ändern auf Testen – Impfen – Heilen. Bei der MKS gibt es auch eine Impfung, die allerdings in der EU 1991 eingestellt wurde, weil die MKS zu diesem Zeitpunkt erfolgreich getilgt war. Die Sterblickeitsrate ist bei erwachsenen Tieren mit bis zu 5% verhältnismäßig gering, kann bei Jungtieren aber auch um die 20% betragen. Zum Vergleich: Die Sterblichkeit bei der perakuten (sehr schnell auftretenden) Form der Schweinepest beträgt zwischen 90-100%, und auch bei den besonders gefährlichen Formen der Vogelgrippe ist sie sehr hoch.

Die Argumentation der Petition bezieht sich großteils auf allgemeine Tierschutzgründe, es wird jedoch auch auf den unwiederbringlichen Verlust im Bereich der Zucht seltener, alter Rassen hingewiesen. Registrierte seltene Rassen sind ein Grund, mit dem eine Ausnahme von der Tötungspflicht laut EU-Recht angewandt werden kann – so wie auch Tiere, die in einem geschlossenen Betrieb gehalten werden, die zu wissenschaftlichen Zwecken oder zur Erhaltung geschützter oder gefährdeter Arten gehalten werden, oder Tiere mit einem hohen genetischen, kulturellen oder pädagogischen Wert.     

Insgesamt entstand in den letzten Jahren der Eindruck, dass sich das Tierseuchengeschehen deutlich beschleunigt. Umso mehr rücken sowohl die vorgesehenen Maßnahmen im Krankheitsfall, die möglichen Ausnahmen, als auch die möglichen Präventionsmaßnahmen in den Vordergrund und werden Teil auch einer öffentlichen Debatte.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

Zum Ausbruch der Vogelgrippe (hochpathogene aviäre Influenza) im Herbst/Winter 2024 in Österreich:

1)    Wie viele Tiere wurden aufgrund von HPAI-Ausbrüchen zwischen Oktober 2024 und Jänner 2025 getötet?

a.    Wie viele davon waren nachweislich infiziert?

b.    Wie viele wurden getötet, weil auf ihrem Betrieb bei anderen Individuen HPAI nachgewiesen wurde?

c.    Wie viele wurden getötet, weil auf einem Betrieb in räumlicher Nähe ein Ausbruch von HPAI erfolgt war?

Wir ersuchen um Darstellung aufgeschlüsselt nach Monat, Bezirk, Tierart und Haltungsform und auf die oben genannten drei Fallkonstellationen (gerne weiter unterteilen, falls sinnvoll).

2)    Auf wie vielen Betrieben brach zwischen Oktober 2024 und Jänner 2025 HPAI aus?

a.    Wie viele Tiere (aufgeschlüsselt auf verschiedene Arten) hielten die betroffenen Betriebe jeweils, und in welcher Haltungsform? Bitte um Darstellung je Monat und Bezirk.

3)    Auf wie vielen Betrieben wurden aufgrund der HPAI-Ausbrüche zwischen Oktober 2024 und Jänner 2025 Tiere getötet? Bitte um Darstellung je Monat und Bezirk, sowie aufgeschlüsselt auf Tierart und Haltungsform.

Zur Möglichkeit der behördlichen Anordnung von Präventivtötungen oder Schlachtungen empfänglicher Tiere in einer Sperrzone, gemäß Art. 22 der Verordnung (EU) 2016/429:

4)    Wurden in Österreich bei vergangenen Tierseuchenausbrüchen bereits einmal Präventivtötungen oder Schlachtungen empfänglicher Tiere in einer Sperrzone (in Betrieben ohne Ausbruch der Tierseuche) angeordnet?

a.    Wenn ja, bitte um Auflistung der Fälle, mit Angabe der Tierseuche, der Anzahl der betroffenen Betriebe, der Anzahl der von angeordneten Präventivtötungen oder Schlachtungen betroffenen Tiere, jeweils aufgeschlüsselt auch nach Jahren, Bundesländern und Tierarten.

5)    Wer entscheidet im Tierseuchenfall darüber, ob eine Präventivtötung oder Schlachtung in der Sperrzone vorgeschrieben wird?

6)    Gibt es Richtlinien, Vorgaben, Leitfäden oder ähnliches, welche Voraussetzungen für eine solche Anordnung vorliegen müssen, bzw. in welchen Fällen eine solche Anordnung nicht gegeben werden darf? Wenn ja, ersuchen wir um Bereitstellung der Unterlagen, nach denen die behördliche Entscheidung getroffen wird.

 

Zur Ausnahmeregelung von der Tötungspflicht in betroffenen Betrieben, laut Artikel 13 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EU) 2016/429:

7)    Wer würde im Anlassfall über eine Ausnahme von der Tötungspflicht in betroffenen Betrieben entscheiden?

8)    Müssten die Betriebsführer:innen einen formalen Antrag stellen?

a.    Falls nein, wie kommt es sonst zur Anwendung dieser Ausnahmeregelung?

9)    Hat die Behörde im Fall des Ausbruchs einer Tierseuche auf einem Betrieb die betroffenen Betriebsführer:innen über die Möglichkeit einer solchen Ausnahmeregelung zu informieren?

a.    Falls nein, wie erfahren Tierhalter:innen grundsätzlich von dieser Möglichkeit?

10) Im Seuchenfall ist rasches Reagieren und daher auch Entscheiden unerlässlich. Wie kann sich ein Betrieb vorbereiten, um im Anlassfall alle Informationen rasch vorlegen zu können, um von einer Ausnahmeregelung Gebrauch zu machen?

11) Wie bereiten sich die Behörden auf Entscheidungen über die Anwendung der Ausnahmemöglichkeiten von der Tötungspflicht auf betroffenen Betrieben vor?

12) Gibt es Leitlinien, Richtlinien, oder ähnliches, um die Anwendung der Ausnahmeregelung von der Tötungspflicht in betroffenen Betrieben zu operationalisieren? Wenn ja, ersuchen wir um Beilage dieser Unterlagen.

13)  Welche Definition wird in den zuständigen Behörden verwendet für „geschlossener Betrieb“? (siehe Art. 13 Abs. 2 lit a)

14) Wie erfolgt der Nachweis, bzw. welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit Tiere als „zu wissenschaftlichen Zwecken oder zur Erhaltung geschützter oder gefährdeter Arten gehalten“ gelten? (siehe Art. 13 Abs. 2 lit b)

15) Welche amtliche Registrierung muss für seltene Rassen gemacht werden? (siehe Art. 13 Abs. 2 lit c)

a.    Ist die Teilnahme an der ÖPUL-Maßnahme „Erhaltung gefährdeter Nutztierrassen“ ausreichend?

b.    Ist die Mitgliedschaft bei einer Zuchtorganisation für die jeweilige seltene Rasse ausreichend?

16) Wie erfolgt der Nachweis, bzw. welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit die Tiere als einen „gerechtfertigten hohen genetischen, kulturellen oder pädagogischen Wert“ habend gelten können? (siehe Art. 13 Abs. 2 lit d)

17) Gibt es Vorgaben, Leitlinien, Richtlinien, etc., wie die Behörden die Bewertung der Auswirkungen der Gewährung einer solchen Ausnahme durchführen müssen, bzw. unter welchen Umständen davon ausgegangen werden kann, dass der Tiergesundheitsstatus nicht gefährdet ist? (siehe Art. 13 Abs. 3 lit a) Wenn ja, ersuchen wir um Beilage dieser Unterlagen.

18) Gibt es Vorgaben, Leitlinien, Richtlinien, etc., wie eine „geeignete klinische Isolierung“ je nach Tierseuche aussehen müsste, um die Ausnahme zu gewähren? Falls ja, ersuchen wir um Erläuterung jeweils für alle Tierseuchen der Kategorie A einzeln.

19) Sind Informationen dazu, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um von der Ausnahmeregelung von der Tötungspflicht in betroffenen Betrieben Gebrauch machen zu können, für tierhaltende Betriebe öffentlich abrufbar? Wenn ja, ersuchen wir um Bekanntgabe der entsprechenden Links.

 



[1] https://www.diepresse.com/19058679/vogelgrippe-breitet-sich-im-bezirk-amstetten-weiter-aus-150000-tiere-bereits-getoetet

[2] https://www.ages.at/tier/tiergesundheit/tierseuchenradar

[3] https://www.openpetition.eu/at/petition/online/wertvolles-tierleben-schuetzen