3256/J XXVIII. GP
Eingelangt am 18.09.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Agnes-Sirkka Prammer, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport
betreffend Welche Maßnahmen ergreifen Sie zum Schutz von Offiziellen im Sport, Herr Sportminister?
Am 29. August 2025 kam es zu einem Vorfall im heimischen Männerfußball: Nach der Regionalliga Ost Begegnung des Wiener Sport-Clubs gegen den FCM Traiskirchen hat der Obmann des FCM Traiskirchen den Schiedsrichter tätlich angegriffen. Das zuständige Gremium des ÖFB verhängte daraufhin eine Funktionssperre von zwölf Monaten, davon zehn unbedingt, sowie eine Geldstrafe von 1.500 Euro.
So sehr dieser Fall mediale Aufmerksamkeit erregt, so sehr verdeckt er, dass Gewalt und Respektlosigkeit gegenüber Schiedsrichter:innen und anderen Offiziellen längst keine Ausnahmefälle mehr sind. Besonders im Fußball, aber nicht nur dort, ist der Respekt gegenüber Spieloffiziellen vielfach gering; Anfeindungen und Bedrohungen sind mittlerweile beinahe alltäglich. Besonders alarmierend ist, dass diese Entwicklungen von Teilen der Gesellschaft zunehmend toleriert oder gar akzeptiert werden und erst extreme Fälle wie jener in Traiskirchen breite Aufmerksamkeit finden.
Dabei ist klar: Der gesamte Sportbetrieb hängt entscheidend von der Arbeit der Offiziellen ab. Im Nachwuchs- und Breitensport – wo Woche für Woche tausende Spiele und Wettkämpfe stattfinden – ist es fast ausschließlich das Engagement ehrenamtlicher Schiedsrichter:innen und Kampfrichter:innen, das den Sport überhaupt ermöglicht. Ohne diese Menschen, die in ihrer Freizeit Verantwortung übernehmen, wäre ein geordneter Spiel- und Wettkampfbetrieb schlicht nicht möglich – egal in welcher Sportart. Wenn Respekt und Sicherheit fehlen, ist dieses Fundament akut gefährdet. Auch Offizielle beginnen in den allermeisten Fällen – wie Sportlerinnen und Sportler auch – im Nachwuchsbereich mit ihrer Tätigkeit, um dann über den Breitensport mit viel Training und Erfahrung in den Leistungssport und auf die internationale Ebene vorzudringen und Österreich bei Sport-Großereignissen zu vertreten. Solche Karrieren sind aber nicht möglich, wenn die Bedingungen im Nachwuchs- und Breitensport so gestaltet sind, dass sie eher abschrecken als anziehen und kein ausreichender Schutz gewährt wird.
Im digitalen Zeitalter verschärft sich die Situation zusätzlich: Schiedsrichter:innen und andere Offizielle sind nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch in sozialen Medien immer häufiger massiven Anfeindungen und Bedrohungen ausgesetzt, die bis in ihre Privatsphäre reichen. Dies macht die Tätigkeit nicht nur noch unattraktiver, sondern auch persönlich gefährlicher.
Die österreichische Sportpolitik steht dabei vor einem Spannungsverhältnis: Einerseits gilt das Prinzip der „Autonomie des Sports“, das die Organisation und Regelwerke den Verbänden überlässt. Andererseits liegt es klar in der Verantwortung der Politik, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Verbände verpflichtet sind, ihre Offiziellen wirksam zu schützen – und dass ein Unterlassen auch Konsequenzen nach sich zieht. Denn anders kann Sport nicht stattfinden – weder im Nachwuchs- und Breitensport noch im Spitzensport.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1. Welche unmittelbaren Reaktionen gab es seitens Ihres Ressorts auf die jüngsten tätlichen Angriffe gegen Schiedsrichter:innen, insbesondere im Fall des FCM Traiskirchen?
2. Wurden Ihrerseits bereits Gespräche mit dem ÖFB oder anderen Sportverbänden über Maßnahmen zum Schutz von Offiziellen geführt? Wenn ja, wann und mit welchen Ergebnissen?
3. Welche Rolle sehen Sie für Ihr Ressort im Spannungsfeld zwischen der Autonomie des Sports und der staatlichen Verantwortung für sichere Rahmenbedingungen?
4. Inwieweit planen Sie, Verbände künftig verbindlich stärker in die Pflicht zu nehmen, den Schutz von Schiedsrichter:innen und Kampfrichter:innen sicherzustellen?
5. Welche Konsequenzen sehen Sie für Sportverbände vor, die es verabsäumen, ausreichend Maßnahmen zum Schutz von Offiziellen zu setzen?
6. Gibt es seitens Ihres Ressorts bereits konkrete Überlegungen oder Initiativen, wie Gewaltprävention und Respekt gegenüber Schiedsrichter:innen und Offiziellen sportartenübergreifend gestärkt werden können?
7. Welche Maßnahmen halten Sie für notwendig, um insbesondere im Nachwuchs- und Breitensport jene Offiziellen zu schützen, deren überwiegend ehrenamtliches Engagement unverzichtbar ist, damit Sportveranstaltungen überhaupt stattfinden können?
8. Welche Möglichkeiten sehen Sie, um auch im digitalen Raum – etwa in sozialen Medien – Schiedsrichter:innen und Offizielle vor Angriffen und Bedrohungen besser zu schützen?
9. Gibt es seitens Ihres Ressorts Bestrebungen, Kampagnen zur gesellschaftlichen Bewusstseinsbildung über die zentrale Rolle von Schiedsrichter:innen und Offiziellen im Sport zu initiieren oder zu unterstützen?
10. Welche Anforderungen stellt das Ministerium im Rahmen von Sportförderungen an Verbände im Hinblick auf Gewaltprävention, Schutz von Offiziellen und respektvollen Umgang im Spielbetrieb?
11. Gibt es einen internationalen sportpolitischen Austausch, um von Erfahrungswerten und gegebenenfalls best-practice Modellen aus dem Ausland profitieren zu können?
12. Welche Infrastruktur gibt es, um Angriffe, Drohungen oder Druck gegen Schiedsrichter:innen und Offizielle zu dokumentieren und zu analysieren, um daraus Maßnahmen ableiten zu können?
a. Ist dem Sportministerium bekannt, wie viele Vorfälle von physischer oder psychischer Gewalt gegenüber Schiedsrichter:innen oder anderen Offiziellen es in den letzten zehn Jahren gab (aufgeschlüsselt nach Sportarten, Jahr und Schwere des Vorfalls)?
b. Ist dem Sportministerium bekannt, wie viele Schiedsrichter:innen in den letzten zehn Jahren ihre Tätigkeit aufgrund von Bedrohungen oder Gewalt eingestellt haben bzw. nicht mehr bereit waren, Spiele zu leiten? Gibt es hierzu eine Datenerhebung oder Zusammenarbeit mit Fachverbänden?