3281/J XXVIII. GP

Eingelangt am 19.09.2025
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

an den Bundesminister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport

betreffend Bestellungsmodalitäten der von der Bundesregierung bestellten Mitglieder im ORF-Stiftungs- und Publikumsrat

 

 

Die Besetzung der ORF-Gremien, also des Stiftungs- und Publikumsrats, ist von entscheidender Bedeutung für die Unabhängigkeit und den theoretisch objektiven Charakter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. In der Vergangenheit wurde die Zusammensetzung dieser Gremien wiederholt kritisiert, insbesondere hinsichtlich des übermäßigen Einflusses der Bundesregierung. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in seinem Erkenntnis vom 5. Oktober 2023[1] Teile der Bestellungsmodalitäten als verfassungswidrig eingestuft und eine Anpassung des ORF-Gesetzes gefordert.[2]

 

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 ORF-G in Verbindung mit § 30f ORF-G ist vor der Bestellung von Mitgliedern des Stiftungsrats durch die Bundesregierung eine öffentliche Ausschreibung zur Interessentensuche durchzuführen. Diese Ausschreibung muss zeitgerecht vor der Beschlussfassung der Bundesregierung für mindestens zwei Wochen auf der elektronischen Verlautbarungs- und Informationsplattform des Bundes veröffentlicht werden. Der Beschluss der Bundesregierung ist zu begründen und ebenfalls für mindestens zwei Wochen öffentlich zugänglich zu machen.

 

Allerdings ändert die Durchführung einer öffentlichen Ausschreibung nichts an der Tatsache, dass die endgültige Auswahl der Mitglieder weiterhin in den Händen der Bundesregierung liegt. Dies ermöglicht es, Kandidaten mit Nähe zur Regierung zu bevorzugen, was die vom VfGH beanstandete übermäßige Regierungsnähe der Gremienmitglieder nicht beseitigt. Der VfGH hat daher die entsprechenden Bestimmungen des ORF-Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben und dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31. März 2025 gesetzt, um eine verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen.

 

Die daraufhin im Jahr 2025 vorgenommenen Änderungen des ORF-Gesetzes sollten die vom VfGH festgestellten Mängel beheben.[3] Die Bundesregierung reduzierte die Anzahl der von ihr bestellten Mitglieder im Stiftungsrat von neun auf sechs, während der Publikumsrat nun neun statt sechs Mitglieder in den Stiftungsrat entsendet. Trotz dieser Anpassungen bleibt die Einflussnahme der Regierung auf die Gremien-besetzung erheblich. Es ist zwar verspätet eine Anpassung erfolgt, diese ist aber lediglich kosmetischer Natur und weist keinerlei substanzielle Änderungen im Hinblick auf die Beanstandungen durch den VfGH auf und prolongiert somit den verfassungs-widrigen Zustand.

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundes-minister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Wie viele Bewerbungen sind im Rahmen der letzten öffentlichen Ausschreibung gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 in Verbindung mit § 30f ORF-Gesetz für die Bestellung von Mitgliedern des ORF-Stiftungsrats eingegangen? (Bitte um Aufschlüsse-lung nach Alter, Geschlecht, Profession, Parteizugehörigkeit etc.)

a.    Bitte um Übermittlung einer Liste alle Bewerber.

2.    Welche spezifischen fachlichen Qualifikationen und Ausbildungen wurden bei der Auswahl der von der Bundesregierung bestellten Mitglieder des ORF-Stiftungsrats berücksichtigt?

a.    Hat sich die Mitgliedschaft bei einer Partei bzw. einer Vorfeldorganisation einer Partei positiv bzw. hinderlich auf die Auswahlentscheidung als von der Bundesregierung entsandtes Mitglied im ORF-Stiftungsrat ausge-wirkt?

3.    In welcher Weise wurde bei der Auswahl der Mitglieder des ORF-Stiftungsrats durch die Bundesregierung auf eine fachliche Ausgewogenheit im Gremium geachtet?

4.    Welche Gründe/Argumente waren letztendlich ausschlaggebend für die von der Regierung bzw. dem BMWKMS bestellten Mitglieder des Stiftungsrats? (Bitte um Aufschlüsselung nach Personen)

a.    Wer war endverantwortlich für die getroffene Auswahl?

5.    Wie viele Bewerbungen sind im Rahmen der letzten öffentlichen Ausschreibung für die Bestellung von Mitgliedern des ORF-Publikumsrats eingegangen?

6.    Welche Kriterien wurden bei der Auswahl der von der Bundesregierung bestellten Mitglieder des ORF-Publikumsrats angewendet?

a.    Welche Gründe/Argumente waren letztendlich ausschlaggebend für die von der Regierung bzw. dem BMWKMS bestellten Mitglieder des Publikumsrats aus den erstatteten Dreiervorschlägen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Personen)

b.    Wurde in besonderem Maße auf das Vorliegen von Unvereinbarkeiten geachtet?

                                      i.        Wenn nein, warum nicht?

                                    ii.        Warum mussten mehrere Mitglieder des Publikumsrats aufgrund von Unvereinbarkeiten zurücktreten?

c.    Wer ist für die Überprüfung des Vorliegens von Unvereinbarkeiten nach dem ORF-G zuständig?

d.    Bitte um Übermittlung einer Liste alle Bewerber.

e.    Wer war endverantwortlich für die getroffene Auswahl?

7.    Inwiefern wurde bei der Bestellung der Mitglieder des ORF-Publikumsrats auf die Repräsentation verschiedener gesellschaftlicher Gruppen über die Vorgaben des ORF-G hinaus geachtet?

a.    Wie wurde die Balance der Gruppen nach dem ORF-G untereinander gewährleistet?

8.    Wie wird sichergestellt, dass die Bestellungsmodalitäten den verfassungs-rechtlichen Geboten der Unabhängigkeit und des Pluralismus entsprechen?

9.    Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die Transparenz bei der Bestellung der Mitglieder des ORF-Stiftungs- und Publikumsrats zu erhöhen? Die Ausschreibung der Gremienmandate ist wie dargelegt kein taugliches Mittel für die Erhöhung der Transparenz.

10. Wie wird gewährleistet, dass die öffentliche Ausschreibung und die Begründung der Beschlüsse der Bundesregierung den gesetzlichen Anforderungen entsprechen?

11. Welche Schritte plant Ihr Ressort, um zukünftige parteipolitische Einfluss-nahmen bei der Besetzung der ORF-Gremien durch die Bundesregierung zu verhindern?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sollten einzelne Antworten einer Vertraulichkeit bzw. Geheimhaltung unterliegen, wird ersucht, diese unter Einhaltung des Informationsordnungsgesetzes klassifiziert zu beantworten.



[1]   https://www.vfgh.gv.at/downloads/VfGH-Erkenntnis_G_215_2022_vom_5._Oktober_2023.pdf

[2]   https://www.vfgh.gv.at/medien/ORF_Gesetz_Gremien.php

[3]   https://www.parlament.gv.at/aktuelles/pk/jahr_2025/pk0188#XXVIII_A_00074

https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVIII/A/74