3301/J XXVIII. GP

Eingelangt am 19.09.2025
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Anfrage

 

der Abgeordneten Sigrid Maurer, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Bildung

betreffend Bestellung des neuen Generalsekretärs im Bildungsministerium

BEGRÜNDUNG

 

Das Generalsekretariat ist eine zusätzliche Verwaltungsebene zwischen Minister und Spitzenbeamtenschaft. Es hat Weisungsbefugnis gegenüber den Sektionschefinnen und -chefs und kann damit die Arbeit der Verwaltung direkt steuern.

Besonders auffällig an der aktuellen Bestellung des neuen Generalsekretärs im Bildungsministerium ist, dass Alexander Huber laut Medienberichten ein langjähriger enger Vertrauter von Minister Christoph Wiederkehr sein soll – ohne bisherige Berufserfahrung im Bildungsministerium. Dieser Umstand legt nahe, dass hier nicht die fachliche Qualifikation im Vordergrund steht, sondern vielmehr persönliche Nähe. Damit entsteht bei vielen Bürgerinnen und Bürgern der Eindruck parteipolitischer Postenvergabe („Postenschacher“) – eine Praxis, die die NEOS in der Vergangenheit selbst immer wieder scharf kritisiert haben.

Noch schwerer wiegt dieser Schritt, weil die NEOS über Jahre hinweg vehement gegen Generalsekretariate aufgetreten sind. Sie bezeichneten diese Verwaltungsebene als unnötig, teuer und schädlich und sprachen sogar von „Schattenministerien“ [1], die den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern nichts bringen. So forderte auch Nikolaus Scherak im Jahr 2022 klar die Abschaffung aller Generalsekretäre und verwies auf die negativen Erfahrungen der Vergangenheit: „Der Fall Thomas Schmid sollte allen, selbst der ÖVP, klargemacht haben, dass die teure Erfindung der türkis-blauen Regierung von Sebastian Kurz erstens rasch rückgängig gemacht und die Generalsekretäre zweitens in allen Ministerien abgeschafft werden müssen.“ [2]

Vor den Wahlen 2019 forderten die NEOS einen „Pakt für Anstand“ mit 7 Maßnahmen für mehr Transparenz und Kontrolle[3]. Darin enthalten war die Forderung, „öffentliche Hearings bei Besetzung leitender Funktionen im öffentlichen Dienst“ abzuhalten.

Umso unverständlicher ist es daher, dass Bildungsminister Christoph Wiederkehr nun selbst – möglicherweise ohne öffentliches Hearing und nach derzeitigem Wissensstand auch ohne eine Ausschreibung – einen neuen Generalsekretär bestellt hat. Und das erfolgt in einem Ressort, das durch die Abgabe der Bereiche Wissenschaft, Forschung und Erwachsenenbildung deutlich kleiner geworden ist. Während er öffentlich von Bürokratieabbau spricht, wird in seinem eigenen Ministerium die zusätzliche Verwaltungsebene nicht eingespart.

Wiederkehr betonte zuletzt in einer Presseaussendung: „Schulen müssen entlastet werden, wir brauchen einen echten Kulturwandel. Gute Schule entsteht durch Beziehungen, durch Vertrauen, durch schulautonomen Freiraum – und nicht durch Kontrolle und Anweisungen. [4]

Dies wirft Fragen auf: Warum gilt dieser Anspruch an Vertrauen und Vereinfachung nicht ebenso für die Verwaltung im eigenen Ressort? Wie passt dieser Schritt zu den versprochenen Einsparungen im Verwaltungsbereich? Und warum werden zentrale Führungsaufgaben nicht den erfahrenen Spitzenbeamtinnen und -beamten überlassen?

Gerade vor diesem Hintergrund wirkt die womöglich sogar freihändige Bestellung eines engen persönlichen Vertrauten ohne einschlägige Erfahrung im Bundesministerium besonders widersprüchlich und erklärungsbedürftig.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Warum haben Sie, entgegen der langjährigen Kritik der NEOS, dennoch einen neuen Generalsekretär ab 1. November 2025 bestellt?

 

2.    Hat es für die Position des Generalsekretärs/der Generalsekretärin eine öffentliche Ausschreibung oder ein vergleichbares Prozedere zur Auswahl der besten Bewerberin oder des besten Bewerbers gegeben?

a)    Wenn ja, bitte um Bekanntgabe der Links zur Ausschreibung.

b)    Wenn ja, wie viele Personen haben sich für die ausgeschriebene Leitungsfunktion beworben? 

c)    Wenn ja, zu welchem Ergebnis führte das Auswahlverfahren? Mit der Bitte um Übermittlung des Bewerber:innen-Rankings. 

d)    Wenn nein, wie passt das mit dem „Pakt für Anstand“, den die NEOS 2019 vorgestellt haben, zusammen?

e)    Wenn nein, welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um sicherzustellen, dass Sie den:die best-qualifizierte:n Kandidat:in für diese Leitungsfunktion finden?

 

3.    Hat es für die Position des Generalsekretärs/der Generalsekretärin eine interne Ausschreibung oder ein vergleichbares Prozedere zur Auswahl der besten Bewerberin oder des besten Bewerbers gegeben?

a)    Wenn ja, bitte um Bekanntgabe des Ausschreibungstexts und der Ausschreibungsdauer.

b)    Wenn ja, wie viele Personen haben sich für die ausgeschriebene Leitungsfunktion beworben? 

c)    Wenn ja, zu welchem Ergebnis führte das Auswahlverfahren? Mit der Bitte um Übermittlung des Bewerber:innen-Rankings. 

d)    Wenn nein, wie passt das mit dem „Pakt für Anstand“, den die NEOS 2019 vorgestellt haben, zusammen?

 

4.    Hat es für die Position des Generalsekretärs/der Generalsekretärin ein öffentliches Hearing gegeben?

a)    Wenn ja, bitte um Bekanntgabe des Datums, der Anzahl der Bewerber:innen, der Zusammensetzung der Kommission und des Bewerber:innen-Rankings.

b)    Wenn nein, wie passt das mit dem „Pakt für Anstand“, den die NEOS 2019 vorgestellt haben, zusammen?

 

5.    Wurden externe Personalisten in den gegenständlichen Besetzungsprozess eingebunden? 

a)    Wenn ja: Welche waren das und wie wurden sie ausgewählt?

b)    Wenn nein, wie passt das mit dem „Pakt für Anstand“, den die NEOS 2019 vorgestellt haben, zusammen?

 

6.    War Ihnen das Engagement des nunmehr bestellten Generalsekretärs im Umfeld der Partei „NEOS“ bekannt?

a)    Wenn ja, aus welchen Gründen haben Sie entgegen der bisherigen Forderungen Ihrer Partei einen Generalsekretär mit Parteivergangenheit gewählt?

b)    Wenn nein, welche Schritte setzen Sie nun nach Bekanntwerden dieses Engagements, um parteiunabhängige Bewerber:innen für diese Leitungsfunktion zu gewinnen?

 

7.    Welche konkreten Vorerfahrungen als Bediensteter eines Ministeriums oder einer nachgelagerten Dienststelle kann der nun bestellte Generalsekretär vorweisen?

 

8.    War der designierte Generalsekretär jemals im Öffentlichen Dienst des Bildungsministeriums tätig?

 

9.    Welche konkreten Qualifikationen und Vorerfahrungen befähigen den designierten Generalsekretär, die Sektionschefinnen und Sektionschef und damit die gesamte Belegschaft des Bildungsministeriums zu führen?

 

10. Warum werden die Aufgaben nach Ausscheiden des ehemaligen Generalsekretärs Martin Netzer nicht an die bestehenden Sektionschefinnen und –chefs oder andere dafür vorgesehene Posten in der Belegschaft übertragen?

 

11. Sie betonen öffentlich, dass Schulen mehr Vertrauen anstatt Kontrolle und Anweisungen brauchen. Herrscht aus Ihrer Sicht zu wenig Vertrauen in die Belegschaft des Ministeriums, sodass Sie eine zusätzliche politische Steuerungsebene für notwendig erachten?

 

12. Der Minister hat Einsparungen bei der Verwaltung versprochen: „Im Ministerium wird etwa nur jede dritte Planstelle nachbesetzt, ähnliche Maßnahmen sollen auch in den nachgeordneten Dienststellen wie Bildungsdirektionen und Pädagogische Hochschulen getroffen werden.“[5] Warum bleibt das Generalsekretariat von diesen Kürzungen unberührt? Wie rechtfertigen Sie die Weiterführung dieser von den NEOS kritisierten Position im Kontext der angekündigten Einsparungen in der Verwaltung, vor allem im Hinblick darauf, dass das Bildungsministerium einen großen Bereich – nämlich Wissenschaft und Forschung sowie Erwachsenenbildung – abgeben musste?

 

13. Welche jährlichen Kosten (inkl. Personalkosten, Sekretariatsunterstützung, Infrastruktur etc.) entstehen durch die Weiterbesetzung des Generalsekretariats im Bildungsministerium?

 

14. Können Sie ausschließen, dass die Bestellung des designierten Generalsekretärs eine parteipolitische Postenvergabe („Postenschacher“) darstellen könnte und damit den früheren Forderungen der NEOS nach mehr Transparenz und Unabhängigkeit widerspräche?

 

15. War Ihnen folgendes Zitat von Nikolaus Scherak zum Zeitpunkt der Entscheidung bekannt: „Der Fall Thomas Schmid sollte allen, selbst der ÖVP, klargemacht haben, dass die teure Erfindung der türkis-blauen Regierung von Sebastian Kurz erstens rasch rückgängig gemacht und die Generalsekretäre zweitens in allen Ministerien abgeschafft werden müssen.“?

a.    Wenn ja, teilen Sie die geäußerten Inhalte?

b.    Wenn ja, warum weichen Sie dann in Ihrer eigenen Amtstätigkeit von den geäußerten Vorgaben ab?

c.    Wenn nein, werden Sie die Einrichtung des Generalsekretariats auf Basis dieser Aussagen zurückziehen?



[1] Vgl. 3.9.2025: https://www.heute.at/s/neos-minister-macht-vertrauten-zu-schattenminister-120128458

 

[2] 5.3.2025: https://www.profil.at/oesterreich/die-rueckkehr-der-schattenminister-neue-generalsekretaere-fuer-finanz-wirtschaft-und-inneres/403018195

[3] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20190823_OTS0076/postenschacher-stoppen-neos-fordern-soko-postenschacher-und-pakt-fuer-anstand

[4] 23.6.2025: https://www.bmb.gv.at/Ministerium/Presse/20250623.html

 

[5] https://orf.at/stories/3392693/