3302/J XXVIII. GP

Eingelangt am 22.09.2025
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr.in Elisabeth Götze, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Wissenschaftsbasierte Ausstiegsstrategie bei fossilen Exportförderungen

BEGRÜNDUNG

 

Österreich hat sich im Pariser Klimaabkommen verpflichtet dazu beizutragen, die globale Erderwärmung auf maximal 2 Grad Celsius im Vergleich zu vorindustriellen Werten zu begrenzen.[1] Eine weltweite Erwärmung um 1,5°C wurde vergangenes Jahr vorübergehend bereits erreicht.[2] Hitzeperioden und Überflutungen unterstreichen die Dringlichkeit einer effektiven Klimapolitik in allen Bereichen. Auch die österreichische Exportförderung stellt ein wichtiges Instrument zur Erreichung der Klimaziele dar. Österreich hat 2022 im Rahmen der EU zugestimmt, einen Plan zum Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern vorzulegen.[3] Österreichs Wirtschaft muss sich anpassen, um in einer emissionsfreien Welt wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein rascher und konsequenter Fossilausstieg setzt dafür notwendige Anreize.

Die vom BMF 2023 erarbeitete „Nachhaltigkeitsstrategie des Ausfuhrförderungs-verfahrens“ ist mangelhaft, da sie inhaltlich nicht angemessen gestaltet ist, um die Klimaziele wirkungsvoll zu erfüllen. Der Rat der EU hat in diesem Zusammenhang gefordert, dass „wissenschaftlich fundierte Fristen für die Abschaffung öffentlich unterstützter Exportkredite für Projekte im Bereich fossile Brennstoffe festzulegen“ sind.[4] Die österreichischen Übergangsphasen basieren jedoch nicht auf solchen wissenschaftlichen Grundlagen. Während Länder wie Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Luxemburg und die Niederlande zwischen 2021 und 2024 aus Exportförderungen für Kohle, Öl und Gas ausgestiegen sind[5], ist Österreich säumig: Neue Kohleprojekte können noch bis 2025 gefördert werden, neue Ölprojekte bis 2026, und Exportförderungsanträge für Gasprojekte sollen sogar bis 2030 genehmigt werden können.[6]

Besonders kritisch ist der vorgesehene Ausstieg aus der Deckungsfähigkeit von Erdgas-Projekten bis 2030 zu bewerten. Gasprojekte erzeugen sogenannte Lock-in-Effekte, denn die entsprechenden Infrastrukturinvestitionen sind auf Jahrzehnte hin ausgelegt und bedeuten damit zusätzliche Emissionen weit über 2030 hinaus. Zudem wird die Klimaschädlichkeit von Erdgas häufig unterschätzt, da meist nur auf die Emissionen bei der Verbrennung abgestellt wird. Doch schon bei der Förderung und dem Transport von Erdgas entstehen durch Methan-Lecks zusätzliche Treibhausgasemissionen, die in ihrer Klimawirkung die der reinen Verbrennung oft deutlich übersteigen. Österreich sollte die klimarelevanten Lock-in-Effekte geförderter Projekte bereits bei Genehmigung systematisch evaluieren, wie das beispielweise Schweden und die Schweiz tun.

Darüber hinaus enthält die Nachhaltigkeitsstrategie des BMF breite und vage Ausnahmeregelungen, die Förderungen fossiler Projekte weit über 2030 hinaus ermöglichen. Der Rat der EU fordert hier „genau festgelegte Ausnahmefälle“. Österreichs Nachhaltigkeitsstrategie enthält stattdessen weit gefasste Bereiche wie die Energie- und Ressourcensicherheit, geostrategische Interessen, Technologie zur CO2-Abscheidung, Anwendungen mit dualer Nutzungsmöglichkeit, metallurgische Kohleveredelung und weitere. Damit widerspricht Österreich erneut den Schlussfolgerungen des Rates.

Um unseren Pflichten aus dem Pariser Klimaabkommen nachzukommen darf sich Österreich hier nicht mit Mindeststandards begnügen, sondern muss gemeinsam mit anderen EU-Ländern eine Vorreiterrolle einnehmen und sich aktiv an ambitionierten internationalen Initiativen wie Export Finance for Future (E3F) beteiligen. Eine klimapolitisch konsequente Exportförderung stärkt langfristig auch die österreichische Wirtschaft: Die Wettbewerbsfähigkeit am Weltmarkt hängt von der Innovationskraft in nachhaltigen und klimafreundlichen Technologien und Projekten ab. Je früher der Umstieg auf zukunftsfähige Förderpolitiken erfolgt, desto größer sind die Chancen auf eine erfolgreiche wirtschaftliche und ökologische Transformation.

 

 


 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Auf Basis welcher wissenschaftlichen Studien, Publikationen oder Gutachten wurden die in der „Nachhaltigkeitsstrategie des Ausfuhrförderungsverfahrens“ festgelegten Fristen für den Ausstieg aus der Deckungsfähigkeit fossiler Energieträger bestimmt?

2.    Welche Expert:innen oder wissenschaftliche Institutionen wurden im Zuge der Konzepterstellung zur Festlegung der Ausstiegsfristen konsultiert?

a)    Falls solche Konsultationen stattgefunden haben: Wie viele Treffen mit Expert:innen und wissenschaftlichen Institutionen haben stattgefunden?

b)    Falls solche Konsultationen stattgefunden haben: Welche Empfehlungen wurden abgegeben und inwiefern wurden diese in der Strategie berücksichtigt?

3.    Welche wissenschaftliche Evidenz legt nahe, dass weitere Ausfuhrförderungen im fossilen Gasbereich bis zum Jahr 2030 tatsächlich mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens vereinbar sind?

4.    In welcher Form haben sogenannte Lock-in-Effekte bei Infrastrukturinvestitionen aktuell im Genehmigungsprozess von Ausfuhrförderungen Auswirkungen darauf, ob ein Projekt gefördert wird?

5.    Wie werden sogenannte Lock-in-Effekte bei Infrastrukturinvestitionen aktuell im Genehmigungsprozess von Ausfuhrförderungen analysiert und bewertet?

6.    Ist geplant, künftig (weiter) systematische Lock-in-Effekte von geförderten Projekten – insbesondere im fossilen Gasbereich – zu evaluieren? Wie soll diese Evaluierung konkret ausgestaltet werden (z.B. Kriterien, Methodik, Einbindung externer Expertise)?

7.    Nach welchen konkreten Verfahren und anhand welcher Kriterien wird im Rahmen der Prüfung von Förderanträgen für fossile Exportprojekte die Anwendbarkeit und Notwendigkeit von Ausnahmeregelungen überprüft, insbesondere im Hinblick auf die Kompatibilität mit dem 1,5°C-Ziel und den Zielen des Pariser Übereinkommens?

8.    Wie wird bei der Prüfung von Förderanträgen die Anwendbarkeit und Notwendigkeit von Ausnahmeregelungen für fossile Exportprojekte konkret überprüft und dokumentiert?

9.    Gibt es Pläne, die bestehenden Ausnahmeregelungen in der Nachhaltigkeitsstrategie des Ausfuhrförderverfahrens auf ihre Zweckmäßigkeit, Wirksamkeit und Klimarelevanz zu evaluieren und gegebenenfalls anzupassen? Wenn ja: wann bzw. in welchem Zeitraum?

10. Wird die Gesamtemissionsbilanz („CO2-Fußabdruck“) von geförderten Projekten erhoben? Falls ja:

a)    Von wem?

b)    Für welche Projekte?

c)    Nach welchen Standards oder Prüfkriterien wird die Gesamtemissionsbilanz solcher Projekte aktuell bewertet?

d)    Wie hoch ist die geschätzte Gesamtemissionsbilanz des Neugeschäfts nach derzeit verfügbaren Daten und wie hat sich diese entwickelt?

11. Netto-Null-Strategie

a)    Besteht die Absicht, künftig eine über den Fossilausstieg hinausgehende Netto-Null-Strategie für die österreichische Ausfuhrförderung verbindlich zu verankern?

b)    Ist ein bestimmtes Datum vorgesehen, zu dem netto-null Emissionen bei Ausfuhrförderprojekten mit Bundeshaftung erreicht werden soll?

12. Aus welchem Grund beteiligt sich Österreich derzeit nicht an internationalen Initiativen oder Allianzen zur klimafreundlichen Exportfinanzierung?

a)    Für welche internationalen Partnerschaften oder Initiativen wurde ein Beitritt geprüft? Wann und mit welchem Ergebnis sind die Prüfungen erfolgt?

b)    Warum beteiligt sich Österreich nicht an der Initiative „Export Finance for Future (E3F)“?

13. Wie hoch ist das gesamte Ausmaß der Bundeshaftungen für den fossilen Energiesektor im Jahr 2024?

a)    mit Bitte um Aufschlüsselung nach Sektoren und nach Ländern

b)    mit Bitte um Aufschlüsselung nach Unternehmen

14. Laufen aktuell Antragsverfahren für Bundeshaftungen im fossilen Energiesektor bei der OeKB? Wenn ja, in welcher Höhe? (mit Bitte um Aufschlüsselung nach Sektoren und Ländern)

15. Wie schätzen Sie das Risiko von Haftungsrisiken für die Republik aufgrund von sogenannten „Klimaklagen“ im Zusammenhang mit Exportförderungen im fossilen Energiesektor ein?

16. Hat das BMF im Rahmen der Festlegung der Phase-Out-Fristen die potenziellen Haftungsrisiken aufgrund von sogenannten „Klimaklagen“ im Zusammenhang mit Ausfuhrförderungen geprüft und/oder bewertet?

 



[1] https://www.oesterreich.gv.at/.syndication?pageId=c050b090-522c-493a-9a02-e6d5ad187dc4

[2] https://climate.copernicus.eu/global-climate-highlights-2024

[3] https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2022/03/15/the-council-adopted-conclusions-on-export-credits/

[4] https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2022/03/15/the-council-adopted-conclusions-on-export-credits/

[5] https://emedien.arbeiterkammer.at/viewer/fullscreen/AC17378978/34/

[6] https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:bb06afc2-62dc-4574-8a67-6858a2978e96/Nachhaltigkeitsstrategie%20des%20Ausfuhrf%C3%B6rderungsverfahrens.pdf