3357/J XXVIII. GP
Eingelangt am 24.09.2025
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Harald Stefan
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Ermittlungen gegen SOS-Kinderdorf
Das Nachrichtenportal „oe24“ berichtete am 17.09.2025 über die Recherchen des „Falters“ zu einem SOS-Kinderdorf in Kärnten. Eine Studie, die SOS-Kinderdorf selbst in Auftrag gegeben hat, beleuchtete einen Zeitraum von über 10 Jahren und brachte Gewalt und Missbrauch durch Fachkräfte und Führungskräfte von SOS-Kinderdorf ans Tageslicht. Besonders schwer wiegt der Vorwurf, dass diese Missstände vertuscht wurden.
„Schläge und Bisse: Schwere Vorwürfe gegen SOS-Kinderdorf
In einem SOS-Kinderdorf in Kärnten sollen nach Recherchen der Wiener Wochen-zeitung ‚Falter‘ Kinder bis vor wenigen Jahren von Pädagogen geschlagen, gequält und misshandelt worden sein.
Die Minderjährigen sollen eingesperrt und etwa nackt fotografiert worden sein, wie es am Dienstag in der Veröffentlichung hieß. Die Vorwürfe sollen verdeckt worden sein. SOS-Kinderdorf sprach in einer Stellungnahme von ‚Fehlverhalten und Gewalt durch pädagogische Fachkräfte und Führungskräfte‘.
Betroffen ist laut ‚Falter‘ der Standort Moosburg nahe Klagenfurt. Die Informationen der Wochenzeitung stammen aus einer Studie, die SOS-Kinderdorf selbst in Auftrag gegeben hatte. Die Jahre alten Ergebnisse wurden aber bis heute nicht veröffentlicht.
‚Das Leid, das Kinder in der Betreuung von SOS-Kinderdorf erfahren haben, macht uns zutiefst betroffen. Erkenntnisse aus der Studie und aus anderen zahlreichen internen Aufarbeitungsmaßnahmen zeigen auf, dass am Standort Moosburg Fehler passiert sind und wir den Schutz von Kindern nicht immer lückenlos gewährleisten konnten‘, hieß es in einer Stellungnahme der NGO gegenüber der APA.
Schläge, Bisse und Essens- und Wasserentzug für die Kinder
Der ‚Falter‘ zitiert aus der Studie, dass ein Pädagoge etwa Nacktfotos von Kindern auf seinem privaten Laptop hatte. Eine Kinderdorf-Mutter soll ein Mädchen drei Jahre lang jede Nacht in ihrem Zimmer eingesperrt haben, Kinder sollen mit Essens- und Wasserentzug bestraft worden sein. So soll etwa ein Wasserhahn abmontiert worden sein. Beim Duschen beobachtete die Pädagogin die Kinder, ‚um heimliches Saufen zu verhindern‘, zitiert der ‚Falter‘ aus der Studie. Die wehrlosen Minderjährigen sollen demnach auch gebissen und geschlagen worden sein.
Ein Kinderdorf-Leiter soll über die Vorgänge informiert gewesen sein, diese auch dokumentiert haben. Doch statt den Minderjährigen zu helfen, zeigte er sich ihnen gegenüber laut der Studie selbst gewalttätig.
Pädagogisches Fehlverhalten zwischen 2008 und 2020
SOS-Kinderdorf gab an, einen ‚umfassenden Aufarbeitungsprozess‘ von mehreren Fällen, die zwischen 2008 und 2020 vorgefallen waren, untersucht zu haben. 2020 sei dann im Auftrag der Geschäftsführung eine externe Begleitung hinzugezogen worden, um die Strukturen und Entwicklungen am Standort Moosburg aus einem ‚externen Blickwinkel‘ zu analysieren. Das Institut für Männer- und Geschlechterforschung wurde mit der Studie beauftragt.
Die Organisation entschuldigt sich laut Stellungnahme bei allen Betroffenen, von denen einige bereits ein Opferschutzverfahren durchlaufen haben. Ebenso seien Entschädigungszahlungen sowie die Finanzierung von Therapieeinheiten zuerkannt worden. ‚Damit können wir das Vergangene nicht ungeschehen machen, möchten aber eine Geste der Wiedergutmachung leisten.‘
Den Vorwurf, dass es keine Aufarbeitung gegeben habe, wolle SOS-Kinderdorf aber zurückweisen. Eine ‚umfassende Bearbeitung‘ sei 2020 eingeleitet worden, ein Teil davon war die vom ‚Falter‘ zitierte Studie. Daraus hätten sich nach Angaben von SOS-Kinderdorf Maßnahmen für den Standort abgeleitet.
‚Strukturelle Änderungen‘ als Konsequenz
‚Die versäumten Meldungen wurden nachgeholt, SOS-Kinderdorf hat sich von Führungskräften getrennt und die Vorwürfe mit Hilfe externer Unterstützungen umfassend aufgearbeitet. Am Standort wurden strukturelle Änderungen vorgenommen‘, hieß es in der Stellungnahme. 2021 sei unter anderem eine neue Leitungsstruktur in Kraft getreten. Die Aufarbeitung habe in enger Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber, der Kinder- und Jugendhilfe des Landes Kärnten, stattgefunden. Zudem gab es mehrere Monate einen Aufnahmestopp für den Standort in Moosburg. ‚Die Kinder- und Jugendhilfe evaluierte SOS-Kinderdorf in pädagogischen sowie in wirtschaftlichen Belangen. Im Dezember 2020 wurde der Aufnahmestopp offiziell wieder aufgehoben‘, so SOS Kinderdorf.
Eine APA-Anfrage an die für die Kinder- und Jugendhilfe Kärnten zuständige Referentin, Landesrätin Sara Schaar (SPÖ), blieb vorerst unbeantwortet.“ [1]
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Justiz nachstehende
Anfrage
1. Wurden seit der Veröffentlichung der Recherchen im Zusammenhang mit der Causa SOS-Kinderdorf Moosburg Ermittlungsverfahren eingeleitet?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, gegen wie viele Personen und aufgrund welchen Tatverdachts?
c. Wenn ja, wie ist der Stand der Ermittlungen?
d. Wenn ja, wird auch gegen Personen ermittelt, die einem Berufsverbot nach § 220b StGB unterliegen?
2. Wurden vor der Veröffentlichung der Recherchen – vor allem im Zeitraum zwischen 2008 und 2020 – im Zusammenhang mit der Causa SOS-Kinderdorf Moosburg Strafanzeigen erstattet?
a. Wenn ja, wie viele Anzeigen wurden wegen welcher gerichtlich strafbaren Handlungen erstattet?
3. Wurden vor der Veröffentlichung der Recherchen – vor allem im Zeitraum zwischen 2008 und 2020 – im Zusammenhang mit der Causa SOS-Kinderdorf Moosburg Ermittlungen eingeleitet?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, gegen wie viele Personen und aufgrund welchen Tatverdachts?
c. Wenn ja, wie ist der Stand der Ermittlungen?
d. Wenn ja, wie viele Ermittlungsverfahren wurden aus welchen Gründen wieder eingestellt?
e. Wenn ja, wird auch gegen Personen ermittelt, die einem Berufsverbot nach § 220b StGB unterliegen?
4. Wurden Personen aus dem Umfeld von SOS-Kinderdorf und im Zusammen-hang mit der Causa SOS-Kinderdorf Moosburg vor der Veröffentlichung der Recherchen – vor allem im Zeitraum zwischen 2008 und 2020 – schon einmal verurteilt?
a. Wenn ja, wie viele Personen und aufgrund welchen Delikts?
b. Wenn ja, wie viele Berufsverbote nach § 220b StGB wurden infolge einer Verurteilung ausgesprochen?
c. Wenn ja, wurden auch Personen verurteilt, die einem Berufsverbot nach § 220b StGB unterliegen?
5. Gab oder gibt es im Zusammenhang mit der der Causa SOS-Kinderdorf Moosburg Verbindungen zu Pädophilen-Netzwerken oder Kinderpornographie-Netzwerken?
a. Wenn ja, inwiefern?
6. Wurden oder werden wegen der Vertuschung der Missstände in der Causa SOS-Kinderdorf Moosburg Ermittlungen geführt?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, gegen wie viele Personen und aufgrund welchen Tatverdachts?
[1] https://www.oe24.at/oesterreich/chronik/schlaege-und-bisse-schwere-vorwuerfe-gegen-sos-kinderdorf/648891696