3403/J XXVIII. GP

Eingelangt am 25.09.2025
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Agnes-Sirkka Prammer, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Kooperationsvereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Inneres und der islamistischen Terrorgruppe der Taliban

BEGRÜNDUNG

Wie die Tageszeitung Der Standard exklusiv berichtete, leisteten Vertreter des af­ghanischen Talibanregimes am 11. September 2025 in Wien Amtshilfe für die öster­reichischen Asylbehörden. In Vorbereitung von Abschiebungen aus Wien nach Kabul hätten sich die Beamten der Taliban-Administration an der Identifizierung von etli­chen Personen beteiligt.

Die Aktion wurde von einem Sprecher des Innenministeriums bestätigt. Die Koopera­tion sei notwendig, um Abschiebungen von Straftätern nach Afghanistan umzuset­zen.

Dem Vernehmen nach wurden der Delegation mindestens 19 Afghanen vorgeführt – an zwei Orten: dem Polizeianhaltezentrum (PAZ) am Hernalser Gürtel und in der Justizanstalt Simmering.

Das Taliban-Regime wird von den Vereinten Nationen (UNO) nicht als legitime Re­gierung Afghanistans anerkannt. Der ständige Vertreter Afghanistans bei der UNO ist weiterhin ein Vertreter der gestürzten Islamischen Republik Afghanistan und nicht der Taliban. In Österreich werden die Taliban nach wie vor als Terrororganisation einge­stuft.

Nicht nur stehen die Taliban bzw ihre Vertreter auf sämtlichen namhaften Terrorlis­ten, viele dieser Terrorlisten wurden als unmittelbare Reaktion auf die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon im Jahr 2001 erstellt. Anschläge die, wie allgemein bekannt ist, von der Al-Qaida verübt wurden, die im Emirat der Taliban ihre Basis hatten und mit den Taliban verbündet war. Dass die Amtshilfe an die österrei­chischen Behörden nun genau am Jahrestag dieser Anschläge geleistet wurde, er­scheint besonders unpassend.

Für die Taliban dürfte die Symbolik ein wahres Geschenk in ihrem Bestreben nach völkerrechtlicher Rehabilitation und Anerkennung sein. Umgekehrt droht der Reputa­tion der österreichischen Außenpolitik ein langfristiger Schaden.

Der Vorfall wirft eine ganze Palette von Fragen auf, die sowohl das Völkerrecht, die Menschenrechte als auch sicherheitspolitische Aspekte betreffen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1)        Wann, wo und wie oft kam es seit dem Sturz der afghanischen Republik im Au­gust 2021 zu Arbeitstreffen zwischen

a)    Ihnen,

b)    Ihren Behördenmitarbeiter:innen

und Vertretern des international nicht anerkannten Taliban-Regimes?

2)        Wie viele dieser Treffen fanden ausschließlich telefonisch oder mittels Video­kommunikation statt?

3)        Welche Behörden waren jeweils auf österreichischer Seite durch Vertre- ter:innen an den Treffen beteiligt und was waren die administrativen Funktionen dieser Vertreter:innen?

4)        Vertreter welcher Behörden nahmen jeweils von afghanischer Seite an den Treffen teil und was waren die administrativen Funktionen dieser Vertreter?

5)        Über welche diplomatischen Kanäle wurde der Kontakt zwischen österreichi­schen Vertreter:innen und den Taliban etabliert?

6)        Fanden die Treffen in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für europä­ische und internationale Angelegenheiten statt bzw. wurde dieses im Vorfeld der Treffen in Kenntnis gesetzt?

7)        Wenn ja, leistete das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Unterstützung beim Aufbau der Beziehungen zum afghani­schen Taliban-Regime?

8)        Wurde die afghanische Botschaft in Österreich von Vertreter:innen Ihrer Behör­de im Vorfeld von den Treffen in Kenntnis gesetzt?

9)        Handelte es sich bei dem Termin am 11. September 2025 um den ersten vom Bundesministerium für Inneres organisierten Besuch von Vertretern des Tali- ban-Regimes in Österreich?

10)     Wie viele Vertreter des Taliban-Regimes befanden sich in Österreich?

11)     Welche Einreisetitel wurden den Vertretern ausgestellt?

12)     Wie lange befanden sich die Vertreter der Taliban in Österreich?

13)     Welche Besprechungen bzw. sonstigen Termine fanden anlässlich des Be­suchs der afghanischen Vertreter des Taliban-Regimes in Österreich statt?

14)     Haben Sie die Vertreter des Taliban-Regimes persönlich getroffen?

15)     Wer kam für die Reisekosten auf?

16)     Falls die Reisekosten von der Republik übernommen wurden, wie hoch waren die Kosten für Flug, Transfer, Übernachtung und Verpflegung?

17)     Wie wurde ausgeschlossen, dass von den Vertretern des Taliban-Regimes Ge­fahr ausging?

18)     Wurden die Vertreter des Taliban-Regimes in Österreich durchgängig betreut oder hielten sie sich auch alleine auf?

19)     Wurde die DSN im Vorfeld informiert bzw. war sie in den Besuch eingebunden?

20)     Trafen die Vertreter des afghanischen Taliban-Regimes anlässlich ihres Be­suchs auch weitere Personen, die nicht Ihnen unterstellt sind?

21)     Ist es ausgeschlossen, dass die Taliban-Vertreter in Österreich islamistische Gefährder getroffen haben?

22)     Ist es ausgeschossen, dass die Taliban-Vertreter ihren Aufenthalt in Österreich dazu nutzen konnten, hier Kontakt zu islamistischen Gefährdern aufzunehmen?

23)     Ist es ausgeschlossen, dass die Taliban-Vertreter ihren Aufenthalt in Österreich nutzen konnten, um hier Strukturen für islamistische Gefährder einzurichten, auszubauen oder zu intensivieren?

24)     Stimmt es, dass afghanische Staatsbürger im Polizeianhaltezentrum (PAZ) am Hernalser Gürtel und in der Justizanstalt Simmering vorgeführt wurden?

25)     Wurden noch weitere Häftlinge bzw. angehaltene Personen in anderen Einrich­tungen vorgeführt?

26)     Wie viele Personen wurden den Vertretern der Taliban insgesamt vorgeführt?

27)     Nach welchen Kriterien wurden die Personen ausgewählt?

28)     Wurde die afghanische Vertretung in Österreich davon in Kenntnis gesetzt, wel­che afghanischen Staatsbürger den Taliban-Vertretern vorgeführt wurden?

29)     Wollten die Taliban-Vertreter darüber hinaus noch weitere Personen vorgeführt bekommen?

30)     Welchen Zweck hatten die Vorführungen?

31)     Was war das Ergebnis der Vorführungen?

32)     Bei wie vielen Personen wurde die Ausstellung der für die Rückführung not­wendigen Einreisezertifikate in Aussicht gestellt?

33)     Welche Gegenleistung verlangten die Vertreter des Taliban-Regimes für die Ermöglichung der Rückführungen?

34)     Wie wurde sichergestellt, dass den betroffenen Personen in Afghanistan keine Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe droht?

35)     Inwiefern verlässt man sich hier auf die Zusicherungen des Taliban-Regimes?

36)     Waren unter den vorgeführten auch Personen, denen ursprünglich aufgrund einer Bedrohung durch die Taliban in Österreich Asyl gewährt worden war?

37)     Handelt es sich bei den vorgeführten Personen gar um ausgewiesene Sympa­thisanten der Taliban?

38)     Wie viele der vorgeführten Personen verbüßten eine Haftstrafe wegen der Be­gehung terroristischer Straftaten?

39)     Wie viele der anlässlich des Besuches von Vertretern des Taliban-Regimes vorgeführten Personen wurden mittlerweile rückgeführt?

40)     Ist Ihnen bewusst, dass das Interesse der Taliban an einer Rückführung von den österreichischen Gerichten und dem EGMR als Indiz für eine der Rückfüh­rung entgegenstehende Gefährdung gesehen werden kann?

41)     Sind weitere Treffen mit Vertretern des Taliban-Regimes geplant?

42)     Liegt der bestehenden Kooperation mit den Taliban eine schriftliche Vereinba­rung zu Grunde?

43)     Wenn ja, wie lautet diese?

44)     Wie ist es zum Termin ausgerechnet am 11. September, dem Jahrestag der Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon, gekommen?

45)     Ist Ihnen die verheerende Optik dieses Umstandes bewusst?

46)     Planen Sie nach dem IS in Syrien und den Taliban in Afghanistan noch mit wei­teren islamistischen Terrororganisationen administrative Zusammenarbeit?