3404/J XXVIII. GP

Eingelangt am 25.09.2025
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Lukas Hammer, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft

betreffend Das Geschäft mit dem Müll – Müllimporte nach Österreich

BEGRÜNDUNG

Der Transport von Abfall zur schlichten Verbrennung über weite Strecken quer durch Europa ist nicht nur ein Symptom unzureichender Abfallmanagementsysteme in vielen Region, sondern auch ein Symbol, dass wir noch weit weg sind von einer Kreislaufwirtschaft. Während Österreich Müll importiert, wird gleichzeitig auch österreichischer Abfall exportiert. Dieses Hin und Her zeigt: Das europäische Abfallmanagement krankt an fehlender abfallwirtschaftlicher, länderübergreifender Regionalplanung. Zuletzt bekannt geworden ist der Fall in Niklasdorf (Steiermark): Die dortige Anlage der ENAGES GmbH wird zur Zielstation für Müll, den Italien nicht selbst behandeln kann – ein Zustand, der laut Medienberichten mit „chronischen Problemen“ der italienischen Müllwirtschaft begründet wird.[1] So sehr es zu begrüßen ist, wenn der Müll nicht irgendwo in der Natur abgelagert sondern einer modernen thermischen Behandlung zugeführt wird, so sehr ist zu hinterfragen, ob der Transport großer Mengen Müll über so weite Strecken vor allem vor dem Hintergrund der damit einhergehenden Emissionen zielführend ist.

Wenn dann aber die Betreiber selbst erklären, dass sie „ständig auf der Suche nach Material“ sind[2], erscheint dieser Müllimport/-export völlig absurd, und es stellt sich die Frage, ob die thermischen Anlagen in Österreich nicht überdimensioniert sind. Gleichzeitig fragen sich die Bürger:innen, was eigentlich mit den Rückständen – Asche, Filterstaub, kontaminiertes Material – passiert, die nach der thermischen Verwertung anfallen und vermutlich zur Gänze in der Steiermark oder Österreich deponiert werden. Ganz zu schweigen von den Emissionen, denen die lokale Bevölkerung ausgesetzt ist.

Ab dem Jahr 2026 dürfen gemäß § 15 Abs. 9 AWG 2002 Abfälle grundsätzlich nur noch bis zu einer Entfernung von 100 Kilometern per LKW transportiert werden (aktuelle Regelung: 200 Kilometer). Ausnahmen bestehen dann, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Bahn keine entsprechenden Kapazitäten bereitstellen konnte oder wenn die Transportstrecke für die An- und Abfahrt zu einer Verladestation ein gewisses Maß überschreitet.

Es stellt sich die Frage, was diese Änderung der maximal zulässigen Transportstrecke auf der Straße für Auswirkungen auf die Müllimporte hat. Im oben genannten steirischen Fall wäre die Strecke von der italienischen Grenze in jedem Fall länger als die genannte 100 Kilometer Obergrenze (laut Routenplaner beträgt die kürzeste vorgeschlagene Strecke genau 200 Kilometer).

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.   Wie viele Tonnen Abfall wurden in den letzten fünf Jahren nach Österreich importiert (bitte aufgeschlüsselt nach Jahr, Herkunftsstaat, Zielbundesland, Abfallart und Behandlungs-/Verbleibsverfahren)?

2.   Wie viele Tonnen Abfall wurden im gleichen Zeitraum aus Österreich exportiert (bitte aufgeschlüsselt nach Zielstaat und Abfallart)?

3.   Wie viele Tonnen Abfall wurden zwischen den Bundesländern verbracht (bitte aufgeschlüsselt nach Herkunfts- und Zielbundesland, Jahr, Art und Behandlungs­oder Verbleibsverfahren)?

4.   Welche Arten von Abfall wurden in den Jahren 2020 bis 2024 jeweils in den österreichischen Anlagen thermisch behandelt (bitte aufgeschlüsselt nach Anlage, Abfallarten und Tonnage)?

5.   Wie viele Tonnen thermischer Rückstände (z.B. Schlacke, Filterstaub, Asche) sind dabei jährlich angefallen?

6.   Wie werden diese Rückstände weiterbehandelt oder entsorgt?

7.   Wo werden in Österreich die Rückstände der thermischen Verwertung deponiert (bitte Angabe der jeweiligen Deponien und Mengen der letzten 5 Jahre)?

8.   Wie hoch sind die ungefähren, durchschnittlichen Kosten pro Tonne für die thermische Behandlung in österreichischen Anlagen (bitte nach Abfallarten aufschlüsseln)?

9.   Wie hoch sind die ungefähren Kosten für die Deponierung der Rückstände pro Tonne?

10.   Wie hoch war die jeweilige jährliche Auslastung der thermischen Anlagen in den letzten fünf Jahren?

11.   Wäre eine wirtschaftliche Auslastung der österreichischen Anlagen mit rein österreichischen Abfällen möglich?

12.   Hinsichtlich der Aussage, dass Anlagenbetreiber „ständig auf der Suche nach Material“ sind (Quelle: Kleine Zeitung, 05.04.2025): entspricht das auch den praktischen Erfahrungen der Verwaltung?

13.   Welche Rolle spielt die thermische Verwertung von ausländischem Abfall in den strategischen Überlegungen der Abfallwirtschaft des Bundes?

14.   Welche Maßnahmen setzen Sie derzeit, um Müllimporte nach Österreich zu reduzieren?

15.   Welche Maßnahmen werden gesetzt, um Mülltransporte innerhalb Österreichs zu verringern?

16.   Wieviel Abfall wird in Österreich mit der Bahn transportiert (bitte Angabe der Menge und der Abfallart) und welchem prozentuellen Anteil entspricht das (bitte um Auflistung der Entwicklung der letzten fünf Jahre, für welche Daten vorhanden sind)?

17.   Hinsichtlich der Regelung des §       15 Abs 9 AWG samt der dort genannten

maximalen Transportstrecken auf der Straße: was gilt hier, wenn Abfall nach Österreich importiert wird?

a) Wie berechnet sich die Strecke?

18.   Gilt derzeit für Mülltransporte aus Italien per LKW (Grenzübergang Thörl-Maglern) in die Müllverbrennungsanlage der ENAGES in Niklasdorf bereits die Verpflichtung zum Bahntransport in Österreich, da die 200km Grenze überschritten wird?



[1] („5000 Tonnen sizilianischer Hausmüll sollen in Steiermark entsorgt werden“, Kleine Zeitung, 14.03.2025)

[2] Abfall aus Sizilien: „Wir werden bei Kontrollen ausgezogen bis auf die Knochen“, Kleine Zeitung, 05.04.2025