3405/J XXVIII. GP
Eingelangt am 25.09.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Elisabeth Götze, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus
betreffend „Fragwürdige Vorgänge in Behörde - wird Mikrowindkraft bewusst behindert?“
BEGRÜNDUNG
Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) gab Anfang 2025 eine Produktwarnung für die seit 10 Jahren am Markt vertriebene Mikrowindkraftanlage „SkyWind NG“ des Start-up SkyWind Energy GmbH heraus. Eingeleitet wurde das Verfahren auf Anregung der E-Wirtschaft Österreich. Die Warnung wurde über die offiziellen Kanäle der EU veröffentlicht und führte zu enormen finanziellen und reputativen Schäden für das betroffene Unternehmen. Darüber hinaus ordnete das BEV im Bescheid vom 31.01.2025 ein sofortiges Vertriebsverbot des Produkts in Österreich an und forderte die SkyWind Energy GmbH zu einem Rückruf der kompletten Serie des Produkts auf, also einer Demontage von über 10.000 Mikrowindkraftanlagen. Dabei ignorierte das BEV, dass ein gültiges Zertifikat und umfangreiche Prüfberichte für das Produkt vorlagen. Dem Unternehmen wurde zudem keine Gelegenheit zur Stellungnahme oder zur Beweisführung gegen die für das Verbot ausschlaggebenden Vorwürfe eingeräumt. Der verantwortliche Beamte verzögerte gar, dass die Beschwerde der SkyWind Energy GmbH gegen den Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) vorgelegt wurde, indem er diese nicht wie vorgeschrieben, unverzüglich weiterleitete. [1]
In seinem Urteil vom April 2025 (Geschäftszahl „W114 2308952-2/12E“)[2] hob das BVerwG sämtliche behördlichen Anordnungen vollständig auf und stellte fest, dass die Risikoeinschätzung des BEV schlicht unrichtig war. Demnach wurde die Sicherheitsüberprüfung „mangelhaft durchgeführt“ und die angestellten Berechnungen waren „nicht nachvollziehbar“. So wurden statt der gesamten Windkraftanlage nur einzelne Teile geprüft und nicht der Norm entsprechende Referenzwerte für die Belastungsrechnung hergenommen. Die Herstellerin musste zusätzlich feststellen, dass die Maße, Gewichte und Daten im vom BEV verwendeten Gutachten nicht jenen ihrer eigenen Anlage entsprechen. Die Behörde hat anscheinend ein Plagiat geprüft, obwohl die Herstellerin vor genau diesen warnt[3].
Das Unternehmen brachte unter anderem deswegen eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die zuständigen Beamten ein und ferner eine Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich in Millionenhöhe. Laut Business Insider hat zudem das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung Ermittlungen gegen den Mitarbeiter aufgenommen.[4] Hat die Amtshaftungsklage Bestand, muss Österreich für den entstandenen finanziellen Schaden in Höhe von 7,4 Millionen Euro einstehen. Durch das BEV wurde allerdings ein erneutes Prüfverfahren für die besagte Mikrowindkraftanlage eröffnet - und zwar durch den selben Beamten. Erwartbar in der Absicht, dass die Schadenersatzforderung dann aufgrund des laufenden Verfahrens nicht behandelt werden könne. Die Dienstaufsichtsbeschwerde wird vom Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus (BMWET) nicht weiterverfolgt, da angeblich keine Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung vorlägen.
Der im Jänner erlassene Bescheid setzte das innovative Unternehmen bereits finanziell stark unter Druck, eine Wiederholung der oben beschriebenen Vorgänge droht. Es gilt zu klären, wie es sein kann, dass durch das Agieren eines einzelnen Beamten ein innovatives Start-up, welches die ökologische Transformation voran bringen will und alle erforderlichen Zertifikate und Prüfungen für sein Produkt vorweisen kann, an den Rand des Ruins getrieben wird. Insbesondere da es sich bei dem Produkt um die einzige vollzertifizierte Anlage dieser Produktklasse am Markt und in den Worten des Zertifizierers um einen „Meilenstein für Mikrowindkraftanlagen“[5] handelt. Jedenfalls werfen die Vorgänge erhebliche Fragen im Hinblick auf die behördeninternen Mechanismen der Kontrolle und Verantwortung im BEV und im BMWET auf.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1) Wurde das Verfahren rund um das Produkt „SkyWind NG“ vom BMWET geprüft?
a. Wenn ja, was ist das Ergebnis dieser Prüfung?
b. Wenn nein, wann ist eine Prüfung geplant?
2) Wie bewertet das Ministerium die Vorgänge im vorliegenden Fall? Sind nach Meinung des Ministeriums von Seiten des BEV Fehler gemacht worden?
a. Wenn ja, welche?
b. Wenn ja, welche Ansatzpunkte zur Verbesserung der Abläufe und Prozesse leiten Sie daraus ab?
3) Ist dem Ministerium bekannt, dass es Ermittlungen von Seiten des Bundesamts für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung wegen dieser Angelegenheit gibt?
4) Wurde oder wird den Beamten, gegen die die Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht wurde, das neuerlich eröffnete Verfahren um die „SkyWind NG“ entzogen?
5) Ist dem BMWET bekannt, dass das BEV die Nichtkonformität und Gefährlichkeit der Mikrowindkraftanlage maßgeblich damit begründet hat, dass das Sicherheitszertifikat mit der Nummer 2621/0383-B-M1-CER/E1 für den Netz- und Anlagenschutz des Zertifizierers SGS nicht von der SGS ausgestellt und somit ungültig sei?
a. Ist dem BMWET bekannt, dass das Sicherheitszertifikat mit der Nummer 262110383-B-M 1-CER/E 1 in der Zertifikatsdatenbank der SGS unter folgendem secure-HTTP Link verifiziert und abgerufen werden kann:
https://procert.sgs.com/Cert/1002512227854191/6d577281-2194-4c32-8b19-9b5d3c5c95b2.html ?
b. Ist dem BMWET bekannt, dass die beliehene Stelle der Bundesrepublik Deutschland, das Zentrale Register für Einheiten und Komponentenzertifikate, die Gültigkeit des Zertifikats 2621/0383-B-M1-CER/E1 unter der ZEREZ-Nummer ZE-L5HE-9PIQ-0001 in deren staatlichem Register die Einstufung „gültig“ und „verifiziert“ bescheinigt?
6) Ist dem BMWET bekannt, dass das Gewicht eines einzelnen Rotorblatts der geprüften Windkraftanlage[6] durch den vom BEV beauftragten Gutachter mit 1 kg festgestellt wurde?
7) Ist dem BMWET bekannt, dass ein Rotorblatt einer originalen SkyWind NG Mikrowindkraftanlage nur 0,6 kg wiegt?
8) Ist dem BMWET bekannt, dass der Abstand zwischen der Mastachse und der Rotorachse[7] durch den vom BEV beauftragten Gutachter an der untersuchten Windkraftanlage mit 0,500 m festgestellt wurde?
9) Ist dem BMWET bekannt, dass dieser Abstand an einer originalen SkyWind NG Mikrowindkraftanlage 0,235 m beträgt?
10) Ist dem BMWET bekannt, dass der gesamte Aufsatz der Mikrowindkraftanlage, von dem der Abstand zwischen der Mastachse und der Rotorachse nur einen Teil ausmacht, bei einem Originalprodukt 0,400 m lang ist?
11) Ist dem BMWET bekannt, ob das BEV mit absoluter Sicherheit sichergestellt hat und belegen kann, dass es sich bei dem für das Gutachten, welches für den Bescheid über das Vertriebsverbot und die Rückrufanordnung des BEV vom 31.01.2025 maßgeblich war, untersuchten Rotor um einen originalen Rotor der SkyWind NG Windkraftanlage handelte, auf welchen sich das Verbot bezog?
[1] Siehe Urteil des BVerwG - Geschäftszahl W114 2308952-2/12E
[2]https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Bvwg/BVWGT_20250407_W114_2308952_2_00/BVWGT_20250407_W114_2308952_2_00.pdf
[3] https://media-kanzlei.com/news/blog-artikel/taeuschung-mit-mangelhaften-skywind-plagiaten-aufgedeckt/
[4] https://www.businessinsider.de/gruenderszene/business/startup-geht-fast-wegen-eines-behoerdenfehlers-bankrott
[5] https://smallwindcertification.org/swcc-certification-marks-milestone-for-micro-wind-turbines/
[6] Blattmasse (einzeln)
[7] Abstand Rotorachse zur Yaw-Achse