3413/J XXVIII. GP

Eingelangt am 25.09.2025
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Alois Kainz

an den Bundesminister für Innovation, Mobilität, und Infrastruktur

betreffend ÖBB in der Krise: Sinkende Zuverlässigkeit im Bahnverkehr?

 

 

In den letzten Monaten bzw. Jahren haben sich die Probleme im Zusammenhang mit den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) merklich verschärft und betreffen nicht nur Pendler und Reisende im Ballungsraum, sondern insbesondere auch die Bevölkerung im ländlichen Raum. Die Verspätungen im Personenverkehr nehmen deutlich zu, wie unter anderem Zahlen der Schienen-Control belegen: Im Jahr 2023 erreichte die ÖBB im Personenverkehr nur eine Pünktlichkeitsrate von 80,3 %, wobei insbesondere Fahrzeugmangel, extreme Wetterereignisse und verspätete Zug-übergaben als Hauptursachen genannt wurden.[1]

 

Trotz dieser Zahlen geben die ÖBB auf ihrer eigenen Website nach wie vor eine Pünktlichkeit von 94 % an[2], was auf eine erhebliche Diskrepanz zwischen interner Darstellung und tatsächlicher Erfahrung der Fahrgäste schließen lässt. Ein wesentlicher Grund für diese Problematik soll der akute Fahrzeugmangel in Kombination mit Personalengpässen sein, der zu Einschränkungen im Betriebsablauf führt.

 

Besonders stark betroffen ist der ländliche Raum: Mit Verweis auf die angespannte Fahrzeuglage sowie auf verzögerte Neulieferungen haben die ÖBB Anfang 2024 angekündigt, ab dem 12. Februar 2024 rund 50 Regionalverbindungen in Wien und Niederösterreich vorläufig zu streichen. Dies entspricht einer Angebotsreduktion von etwa 1,9 % der insgesamt rund 2.700 Regionalverbindungen.[3], [4] Diese Maßnahmen treffen vor allem jene Regionen hart, die ohnehin schon unter einer schwachen öffentlichen Verkehrsanbindung leiden.

 

Gleichzeitig häufen sich die Beschwerden über eine vermutete bevorzugte Behandlung der privaten WESTbahn durch die ÖBB-Infrastruktur, insbesondere bei der Trassenzuweisung und der Nutzung von Werkstattkapazitäten.

 

Diese Entwicklungen werfen grundlegende Fragen hinsichtlich der Ausrichtung und Prioritätensetzung der ÖBB auf: Während private Anbieter im liberalisierten Schienenverkehr zunehmend Einfluss gewinnen, scheint die staatliche Verantwortung für flächendeckende Versorgung und Pünktlichkeit auf der Strecke zu bleiben.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundes-minister für Innovation, Mobilität, und Infrastruktur nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Wie hoch war die durchschnittliche Pünktlichkeitsrate der ÖBB im Personenverkehr in den Jahren 2022, 2023, 2024 und 2025 (bis einschließlich Juni 2025) jeweils aufgeschlüsselt nach Bundesland und Monat?

a.    Welche konkreten Ursachen nennen die Bundesregierung bzw. die ÖBB für die im Jahr 2023 von der Schienen-Control erhobene Pünktlichkeits-rate von lediglich 80,3 % im Personenverkehr?

b.    Welche Maßnahmen wurden seitens der ÖBB und/oder des Ressorts unternommen, um die Pünktlichkeitsrate wieder zu heben?

2.    Wie viele Triebfahrzeuge bzw. Waggons der ÖBB befanden sich im Zeitraum Jänner 2023 bis Juni 2025 jeweils außer Betrieb? (Bitte um Aufschlüsselung nach Art des Schadens, z. B. Instandhaltung, Unfall, Ersatzteillieferung, etc., Triebwagen oder Waggon und Ausfalldauer)

3.    Wie hoch ist derzeit der tatsächliche Personalstand der ÖBB im Fahrdienst, im technischen Bereich und in der Instandhaltung?

a.    Wie hoch ist der jeweils errechnete Mindestbedarf?

4.    Wie viele ausgeschriebene, aber unbesetzte Stellen gibt es derzeit bei den ÖBB? (Bitte um Aufschlüsselung nach Berufsgruppen und Bundesländern)

5.    Aus welchen Gründen wurde ab 12. Februar 2024 das Fahrplanangebot im Regionalverkehr in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland reduziert und welche Verbindungen sind derzeit weiterhin „bis auf Weiteres“ gestrichen?

a.    Inwiefern ist geplant, die gestrichenen Verbindungen im ländlichen Raum wiederherzustellen?

                                          i.    Wenn ja, wann und unter welchen Bedingungen?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?

6.    Wie viele Beschwerden von Fahrgästen wegen Zugausfällen und Verspätungen sind seit Jänner 2020 bei den ÖBB oder dem Ressort eingegangen? (Bitte um Aufschlüsslung nach Bundesland)

7.    Welche finanziellen und personellen Ressourcen haben die ÖBB seit 2020 in den Ausbau von Werkstattkapazitäten investiert?

a.    Mit welchem Personal wird in den Werkstätten der ÖBB gearbeitet, kommt hier Leihpersonal zum Einsatz?

                                          i.    Wenn nicht, warum nicht?

8.    Trifft es zu, dass WESTbahn-Züge gegenüber ÖBB-Zügen bevorzugt bei der Trassenzuweisung behandelt werden?

a.    Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage?

b.    Wenn nein, warum nicht?

9.    Trifft es zu, dass WESTbahn-Züge in ÖBB-Werkstätten gewartet oder repariert werden?

a.    Wenn ja, wie viele solcher Werkstattaufenthalte wurden im Zeitraum 2020 bis 2025 verzeichnet?

b.    Wie hoch war der dadurch entstandene Kapazitätsverlust für ÖBB-eigene Fahrzeuge?

10. Welche Vereinbarungen bestehen zwischen der ÖBB-Infrastruktur AG und der WESTbahn GmbH hinsichtlich Trassenvergabe, Werkstattnutzung und Fahrplandatenintegration?

11. Wie beurteilt das Ressort den Vorwurf, dass die ÖBB langfristig ihre Position als staatlicher Mobilitätsversorger im ländlichen Raum zu Gunsten von wirtschaftlich profitableren Strecken aufgeben?

12. Welche Konsequenzen zieht das Ressort aus der Kritik der Schienen-Control zur mangelhaften Betriebsqualität der ÖBB im Jahr 2023?

13. Welche gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten stehen dem Ressort zur Verfügung, um auf die Angebotsausdünnung der ÖBB Einfluss zu nehmen, und wurden diese seit 2022 genutzt?

14. Wie hoch ist das Budget, das die ÖBB in den letzten Jahren für die Fahrzeuginstandhaltung eingeplant haben bzw. hatten, und wie verteilt sich dieses auf die einzelnen Regionen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren ab 2018 bis heute)

15. Welche finanziellen Unterstützungen, Förderungen oder Ausgleichszahlungen erhält die WESTbahn GmbH seitens der öffentlichen Hand – direkt oder indirekt über Infrastrukturentgelte? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren ab 2018 bis heute)

16. Ist es korrekt, dass WESTbahn-Züge bei Verspätungen Vorrang gegenüber ÖBB-Zügen eingeräumt bekommen?

a.    Wenn ja, in welchen konkreten Fällen?

17. Wie wird sichergestellt, dass bei einer künftig wachsenden Konkurrenz auf der Schiene der öffentliche Versorgungsauftrag der ÖBB – besonders im ländlichen Raum – nicht unter die Räder kommt?



[1]    https://schienencontrol.gv.at/de/nachrichtenleser/Pünktlichkeit2023.html

[2]    https://www.oebb.at/de/rechtliches/puenktlichkeit

[3]    https://www.meinbezirk.at/wien/c-lokales/oebb-duennen-fahrplan-aus-diese-verbindungen-werden-gestrichen_a6523634

[4]    https://presse-oebb.at/news-oebb-setzen-massnahmen-zur-erhoehung-von-verlaesslichkeit-und-puenktlichkeit?id=192995&l=deutsch&menueid=27024