3451/J XXVIII. GP

Eingelangt am 29.09.2025
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Thomas Spalt

an die Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung

betreffend Wissenschaftsfreiheit und Habilitationsverfahren – Einfluss politischer Zuschreibungen am Beispiel des Falles P. Edmund Waldstein

 

 

Gemäß Berichten in den Medien[1] hat sich die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Innsbruck vom Zisterzienserpater und Theologen Edmund Waldstein distanziert, nachdem Medienvorwürfe ihn in die Nähe von vermeintlich rechts-konservativen bzw. reaktionären Netzwerken gestellt hatten. Ao. Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Guggenberger, der Dekan der Fakultät, fühlte sich daraufhin bemüßigt gegenüber eben solchen Medien festzustellen, dass P. Edmund Waldstein mit seiner politisch-theologischen Haltung praktisch keine Möglichkeit auf eine Habilitation an der Universität Innsbruck hätte. Im Medienportal katholisch.de wird dieses wie folgt festgehalten:

 

„Mit seinen Ansichten stehe Waldstein ‚im Widerspruch zum Kirchenverständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils‘, so Guggenberger weiter. Damit sei es auch praktisch ausgeschlossen, dass seine Habilitation in einem Verfahren von einem der nötigen drei Gutachten positiv beurteilt werden würde.“[2]

 

Nun wird in der genannten Passage, wie auch im ganzen weiteren Artikel, nicht spezifiziert, ob diese „Ansichten“ P. Waldsteins in direktem Zusammenhang mit seiner Habilitationsschrift stehen, dieser entnommen sind oder bloß die oft aus dem Zusammenhang gerissenen, zugespitzten Zitate darstellen, die vonseiten linker Medien gesammelt und mit angeblichen Verbindungen in die politische Szene der USA vermengt werden. Genausowenig wird der Beweis dargelegt, dass die von P. Waldstein erforschte theologische Position, eben als Gegenstand der Forschung, die Grenzen einer universitären, inhaltlich-thematischen Auseinandersetzung sprengt. Und tatsächlich bestätigt „Die Tagespost“ durch eine Aufarbeitung der Geschehnisse,[3] dass sich weder die Medienlandschaft noch die Innsbrucker Fakultät und ihr Dekan in ihren Vorwürfen gegen P. Waldstein auf dessen akademische Arbeiten beziehen dürften. Dennoch vertritt hier Guggenberger auf eine völlig unzweideutige Weise eine Position, die aufgrund ihrer Umstände rein politisch zu verstehen ist, anstatt neutral und sachlich auf dem Feld seiner akademischen Arbeit zu verbleiben. Die Ankündigung, aufgrund solcher Zuschreibungen – unbeschadet der vorgesehenen Habilitationsschrift selbst – eine Habilitation zu verweigern, ist geradezu ein Skandal.

 

Dies wirft zentrale Fragen hinsichtlich der Wissenschaftsfreiheit und der Unabhängigkeit von Habilitationsverfahren auf, insbesondere ob Gutachter im Habilitationsverfahren durch Medienkampagnen oder politische Sichtweisen beeinflusst sein dürfen, wie sichergestellt wird, dass fachliche Qualifikation und Expertise die alleinigen Kriterien sind, und wie das Ministerium garantieren kann, dass Universitäten einen politisch unvoreingenommenen Diskursraum bereitstellen.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Welche gesetzlichen und/oder universitätsinternen Regelungen gibt es in Österreich, die garantieren, dass Habilitationsverfahren ausschließlich wissenschaftliche und fachliche Kriterien berücksichtigen und politische bzw. mediale Zuschreibungen nicht als Ausschlusskriterium dienen dürfen?

2.    Gibt es Vorgaben oder Richtlinien seitens des Ministeriums, wie Fakultäten mit öffentlichen Vorwürfen gegen Kandidaten umzugehen haben, bevor Entscheidungen über Habilitation getroffen werden?

3.    Dürfen Gutachter im Habilitationsverfahren bei ihrer Bewertung durch Medienkampagnen oder politische Zuschreibungen beeinflusst sein?

a.    Falls nein, wie wird das Ministerium sicherstellen, dass dies ausge-schlossen ist?

4.    Wie häufig kommt es vor, dass in Habilitationsverfahren Gutachter negative Beurteilungen abgeben, die sich auf öffentliche oder mediatisierte Kritik beziehen und nicht auf die wissenschaftliche Qualität der eingereichten Arbeit oder die Lehrbefähigung?

a.    Gibt es dazu Statistiken oder Dokumentationen?

5.    Welche Kriterien und Verfahren sind bei Auswahl und Bestellung der Gutachter vorgesehen, um Unvoreingenommenheit sicherzustellen?

6.    Welche Möglichkeiten haben Kandidaten, Einsicht in alle Gutachten zu nehmen und gegen Entscheidungen vorzugehen, wenn sie der Ansicht sind, dass Vorwürfe aus den Medien übermäßig oder unbegründet in die Beurteilung eingeflossen sind?

7.    Welche Mittel oder Institutionen sind vorgesehen, um wissenschaftliche Unabhängigkeit und Fairness zu schützen (z. B. Ombudsstelle, universitäre Kommissionen, Evaluierungsverfahren)?

8.    Welche Maßnahmen ergreift das Ministerium aktiv, um sicherzustellen, dass Universitäten und Fakultäten Räume bereitstellen, in denen politisch kontro-verse Forschung oder Meinungsäußerungen möglich sind, ohne dass Gefahr besteht, dass Karrieren aufgrund politischer Zuschreibungen behindert werden?

9.    Wie stellt das Ministerium sicher, dass öffentliche Medienkampagnen nicht die wissenschaftliche Beurteilung in Habilitationsverfahren verzerren – etwa durch ihre Beziehung zu Gutachtern, einen medial ausgeübten Druck auf diese, durch eine Involvierung in den Begutachtungsprozess selbst oder durch Einfluss auf Fakultätsentscheidungen?

10. Ist dem Ministerium der Fall von P. Edmund Waldstein bekannt, wie er in den Medien (Katholisch.de, Falter, Die Furche u.a.) dargestellt wird bzw. wie er sich wirklich verhält?

11. Hat das Ministerium Informationen darüber, ob und in welchem Umfang in seinem Habilitationsverfahren Vorwürfe aus den Medien berücksichtigt wurden – und falls ja, wie diese überprüft und bewertet wurden?

12. Sehen Sie Handlungsbedarf in diesem konkreten Fall, um die wissenschaftliche Unabhängigkeit und Fairness des Verfahrens zu gewährleisten?

a.    Falls ja, welche Schritte würde das Ministerium vorschlagen?

13. Wie beurteilen Sie die in ihrem Kontext auch politisch zu verstehende Stellung-nahme Guggenbergers?

 

 

 

 

 

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[1]    https://www.katholisch.de/artikel/61432-katholische-fakultaet-distanziert-sich-von-heiligenkreuzer-theologen

https://www.kathpress.at/goto/meldung/2473940/innsbruck-keine-habilitation-von-heiligenkreuzer-theologen-waldstein

https://www.katholisch.at/aktuelles/153542/causa-waldstein-hochschule-heiligenkreuz-sucht-den-dialog

[2]    https://www.katholisch.de/artikel/61432-katholische-fakultaet-distanziert-sich-von-heiligenkreuzer-theologen (aufgerufen am 18.09.2025)

[3]    https://www.die-tagespost.de/kirche/aktuell/moraltheologe-waldstein-wehrt-sich-gegen-unterstellungen-art-263157 (aufgerufen am 23.09.2025)