3456/J XXVIII. GP
Eingelangt am 29.09.2025
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ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Paul Hammerl, Mag. Gernot Darmann
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Folgeanfrage zu 951/J „Polizisten am Limit: Arbeitslast unzumutbar, Bevölkerung verunsichert“
Aus den in der Anfragebeantwortung 872/AB[1] zu Anfrage 951/J „„Polizisten am Limit: Arbeitslast unzumutbar, Bevölkerung verunsichert“[2] bekanntgegebenen Personal-standszahlen ergibt sich eine klare personelle Unterbesetzung des Stadtpolizei-kommandos Wels samt deren nachgelagerten Organisationseinheiten. So stehen etwa in Villach 25% mehr VBÄ zur Verfügung als in Wels, wobei es sich hier um zwei sehr vergleichbare Städte handelt. Verbindet man VBÄ mit der Anzahl an zu bearbeitenden Akten, so ergeben sich daraus etwa 100 Akte pro VBÄ in Villach, in Wels sind es hingegen 130 Akte, also um eine 30% höhere Arbeitsbelastung. Auffallend ist auch der Unterschied beim Personalstand bei den Kriminalreferaten. Pro 1.000 Einwohner verfügt Villach über 0,45 systemisierte Planstellen, dagegen hat Wels nur 0,2, also nicht einmal halb so viel.
Das Ergebnis daraus wird deutlich bei den durchgeführten Tätigkeiten. Gemäß den übermittelten Daten konnten in Wels im Jahr 2023 nur 4.814 Stunden für „Verkehrs-kontrolle – Geschwindigkeitsüberwachung (Code 416)“ geleistet werden, wogegen in Villach 7.266,5 Stunden erbracht wurden, also um die Hälfte mehr. Ein noch deutlicheres Bild zeigt sich auch bei der Gegenüberstellung der Zahlen zur Tätigkeit „Sicherheitspolizeiliche Streifen – Fußstreifen (Code 339)“, wofür in Wels 4.960,5 Stunden erbracht wurden, in Villach waren es 15.162 Stunden, also mehr als drei Mal so viel. Noch markanter ist der Unterschied bei der Tätigkeit „Verkehrskontrolle – Alkohol/Suchtmittel (Code 413)“, wo Villach über sechs Mal so viele Stunden leisten kann wie Wels.
Betrachtet man dazu noch die Anzahl an Delikten aus der Kriminalitätsstatistik 2022, so werden in Villach 19 Delikte pro VBÄ begangen, in Wels hingegen 28, also um die Hälfte mehr.
Dazu veröffentlichte die Landespolizeidirektion Oberösterreich folgende Presse-information:
„Statement zur Personalsituation im Zentralraum
Landespolizeidirektion Oberösterreich
Die Personalsituation bei der Polizei in Oberösterreich wird in der Landes-polizeidirektion stets ganzheitlich betrachtet. Genauso wie die Kriminalität sich nicht von Bezirksgrenzen beeindrucken lässt, muss auch ein modernes Personal-management überregional gedacht werden. Der aktuelle Personalstand der Landespolizeidirektion Oberösterreich ist mit 4.541 Bediensteten auf einem Rekord-Hoch und um knapp 500 höher als noch im Jahr 2017 (4.083).
Besonderes Augenmerk wird dem oberösterreichischen Zentralraum geschenkt. Dieser ist - nicht zuletzt durch die hohe Bevölkerungsdichte – auch in der Kriminalitäts-statistik führend. Aus diesem Grund wurden dort in den vergangenen Jahren Maßnahmen gesetzt, mit denen die Polizisten der Bezirks- und Stadtpolizei-kommanden bestmöglich unterstützt werden. So wurde im Jahr 2021 die Bereitschaftseinheit und die Schnelle Interventionsgruppe mit neuen Planstellen ins Leben gerufen. Vor allem die Bereitschaftseinheit wird für Streifendienst und Schwerpunktaktion in Linz und Wels und im Raum dazwischen eingesetzt und verstärkt damit sichtbar die Polizeibeamten in den beiden größten Städten Oberösterreichs. Auch die Reform des Staatsschutzes bringt in diesem speziellen und hochsensiblen Bereich mehr Expertinnen und Experten für die Sicherheit in unserem Bundesland. Bei Großeinsätzen wie Fußballspiele verstärkt zudem die Einsatzeinheit, die sich bedarfsweise aus Polizistinnen und Polizisten aus dem gesamten Bundesland zusammensetzt, die Einsatzkräfte vor Ort. Ein Großteil der Einsätze der Einsatzeinheit findet dabei in der Landeshauptstadt Linz statt. Diese Einheiten fallen - wie beispielweise auch die Diensthundeinspektion Linz - nicht auf das Planstellenkonto des Linzer Stadtpolizeikommandos.
Der Blick auf die Kriminalstatistik beweist, dass der richtige Weg verfolgt wird. Während die Gesamtkriminalität im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen ist (2023: 68.571 2024: 67.733), konnten so viele Delikte wie noch nie (41.307) von der Polizei aufgeklärt und bei der zuständigen Staatsanwaltschaft angezeigt werden. Den Bundesländer-vergleich braucht die oberösterreichische Polizei dabei keineswegs zu scheuen. Hinter den eindeutig kleineren Bundesländern Vorarlberg und Kärnten belegt Oberösterreich mit einer Aufklärungsquote von 61% den dritten Platz.
Dank der Personaloffensive des Innenministeriums in den letzten Jahren kann die Landespolizeidirektion auch positiv in die Zukunft blicken: derzeit befinden sich 524 junge Kolleginnen und Kollegen in Ausbildung. 110 davon sind bereits in der zweiten Praxisphase und unterstützen damit bereits die Polizeiinspektion im Land. Landespolizeidirektor Andreas Pilsl sagt dazu: ‚Ein neues Allzeit-Hoch bei den Polizisten in Oberösterreich freut mich besonders. Durch die großen Anstrengungen in den letzten Jahren, konnten wir die hohe Anzahl der Pensionsabgänge nicht nur kompensieren, sondern die Personalstärke sogar noch erhöhen. Dieses Personal zielgerichtet einzusetzen ist jetzt Aufgabe der Polizeiführung. Die Menschen in Oberösterreich können sich auch weiterhin darauf verlassen.‘" [3]
Die Landespolizeidirektion Oberösterreich scheint aber zu übersehen, dass sich die krasse personelle Schieflage in allen, in der Anfragebeantwortung bekanntgegebenen Jahreswerten, also jedenfalls ab 2015 wiederfindet. Die Einführung einer Bereitschaftseinheit und einer schnellen Interventionsgruppe fand erst 2021 statt.
Die durchgeführten Tätigkeiten der Exekutivbeamten werden österreichweit einheitlich erfasst. Hierzu werden nachfolgende Kategorien mit einer Zeiterfassung geführt:
|
Aufträge sortiert nach Bedienstetenstunden |
Code |
|
Sicherheitspolizeiliche Streife - Sicherheitsstreife |
312 |
|
Administrative Leistungen - administrative Tätigkeiten |
106 |
|
Besetzungsdienst - Dauerdienst, Leitzentrale, Wachhabender |
107 |
|
Ausbildungen / Schulungen - Fort- oder Weiterbildung |
123 |
|
Führung, Koordination - Leitung, Einsatzplanung und Einsatzleitung |
108 |
|
Abwesenheiten - GAL / Frontex / Sonstige |
102 |
|
Sicherheitspolizeiliche Streife - Fußstreife |
399 |
|
Ausbildungen / Schulungen - Einsatztraining |
122 |
|
Verkehrsstreifen - StKW |
421 |
|
Verkehrskontrollen - umfassend |
414 |
|
Journaldienst - Bereithaltezeit |
109 |
|
Krim-Ermittlungsleistungen - Leib/Leben |
525 |
|
Verkehrskontrollen - Alkohol/Suchtmittel |
413 |
|
Verwaltungspolizei - Verfassen von Anzeigen / Berichten / Ladungen |
205 |
|
SPG Fahndung - Personen / Sachen |
303 |
|
GSOD - ad hoc |
799 |
|
Krim-Assistenzleistungen - Tatortarbeiten |
552 |
|
Ausbildungen / Schulungen - Dienstsport |
121 |
|
Krim-Ermittlungsleistungen - fremdes Vermögen |
523 |
|
Verkehrspolizeiliche Maßnahmen - Schulwegsicherung |
410 |
|
SPG Fahndung - Alarm- und Großfahndung |
326 |
|
Krim-Ermittlungsleistungen - allgemein |
599 |
|
Verkehrskontrollen - Geschwindigkeitsüberwachung |
416 |
|
GSOD - Anreise / Abreise |
104 |
|
Krim-Ermittlungsleistungen - sonstige Delikte |
530 |
|
Krim-Ermittlungsleistungen - Suchtmitteldelikte |
531 |
|
GSOD - Anreise / Abreise |
104 |
|
SPG Aufrechterhaltung der öff. Ordnung - Wiederherstellung der Ordnung |
322 |
|
Krim-Ermittlungsleistungen - Arbeits- oder Alpinunfall |
572 |
|
Krim-Ermittlungsleistungen - Verfassungsschutzdelikte |
500 |
|
SPG Eingriff in die persönliche Freiheit - Anhaltung und Übergabe aufsichtsloser Unmündiger |
323 |
Darüber hinaus wiederholen Sie in Ihrer Anfragebeantwortung 872/AB zu den Fragen 1 und Frage 2 lediglich den Inhalt der Frage 1, ohne dieser einen adäquaten Antwort-charakter zu geben, weshalb die beiden Fragen noch einmal gestellt werden.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundes-minister für Inneres nachstehende
Anfrage
1. In Ihrer Anfragebeantwortung mit der NR. 14064/SONV-BR/2024 vom 02. September 2024, geben Sie Belastungsindikatoren an, die die Belastung von Polizeidienststellen in eine ,,Aufgabenbedingte Belastung“ und eine ,,Strukturelle Belastung“ unterteilen. Wie stellen sich diese Belastungs-indikatoren in den einzelnen Statutarstädten Österreichs dar und wie werden die zwei Belastungsbereiche jeweils gewichtet?
2. Wie stellen sich diese Belastungsindikatoren ab dem Jahr 2015 in den einzelnen Statutarstädten Österreichs dar und wie werden die zwei Belastungs-bereiche jeweils gewichtet? (Geben Sie bitte die Bewertung für jedes einzelne Jahr ab 2015 bis zum Jahr 2024 an.)
3. Wie hoch ist die Zahl der Exekutivplanstellen und wie hoch sind die VÄB (Vollbeschäftigungsäquivalente)[4] in der Bereitschaftseinheit der einzelnen Bundesländer?
a. Wie haben sich diese Zahlen seit dem Jahr 2015 verändert? (Geben Sie dazu bitte die jeweilige Anzahl der Exekutivplanstellen und jene der VÄB zum Stichtag 01.01. des jeweiligen Jahres ab dem Jahr 2015 bzw. ab dem Jahr der Gründung dieser Einheit bis zum Jahr 2024 an.)
4. Wie hoch ist die Zahl der Exekutivplanstellen und wie hoch sind die VÄB (Vollbeschäftigungsäquivalente) in der Schnelle Interventionsgruppe der einzelnen Bundesländer?
a. Wie haben sich diese Zahlen seit dem Jahr 2015 verändert? (Geben Sie dazu bitte die jeweilige Anzahl der Exekutivplanstellen und jene der VÄB zum Stichtag 01.01. des jeweiligen Jahres ab dem Jahr 2015 bzw. ab dem Jahr der Gründung dieser Einheit bis zum Jahr 2024 an.)
5. Wie hoch ist die Zahl der Exekutivplanstellen und wie hoch sind die VÄB in den einzelnen Verwendungsgruppen E2B, E2A und E1 in der Bereitschaftseinheit der einzelnen Bundesländer?
a. Wie haben sich diese Zahlen seit dem Jahr 2015 verändert? (Geben Sie dazu bitte die Exekutivplanstellen und jene der VÄB zum Stichtag 01.01. des jeweiligen Jahres ab dem Jahr 2015 bzw. ab der Gründung der Einheit bis zum Jahr 2024 getrennt nach den einzelnen Verwendungs-gruppen bekannt.)
6. Wie hoch ist die Zahl der Exekutivplanstellen und wie hoch sind die VÄB in den einzelnen Verwendungsgruppen E2B, E2A und E1 in der Schnelle Interventionsgruppe der einzelnen Bundesländer?
a. Wie haben sich diese Zahlen seit dem Jahr 2015 verändert? (Geben Sie dazu bitte die Exekutivplanstellen und jene der VÄB zum Stichtag 01.01. des jeweiligen Jahres ab dem Jahr 2015 bzw. ab der Gründung der Einheit bis zum Jahr 2024 getrennt nach den einzelnen Verwendungs-gruppen bekannt.)
7. Wie hoch war die Zahl der geleisteten Überstunden pro VÄB und je Exekutivbeamten in der Bereitschaftseinheit der einzelnen Bundesländer?
a. Wie haben sich diese Zahlen seit dem Jahr 2015 verändert? (Geben Sie dazu bitte die Jahressummen ab dem Jahr 2015 bzw. ab der Gründung der Einheit bis zum Jahr 2024 bekannt.)
8. Wie hoch war die Zahl der geleisteten Überstunden pro VÄB und je Exekutivbeamten in der Schnelle Interventionsgruppe der einzelnen Bundes-länder?
a. Wie haben sich diese Zahlen seit dem Jahr 2015 verändert? (Geben Sie dazu bitte die Jahressummen ab dem Jahr 2015 bzw. ab der Gründung der Einheit bis zum Jahr 2024 bekannt.)
9. Wie hoch war die Zahl der bearbeiteten Akte pro VÄB und je Exekutivbeamten in der Bereitschaftseinheit der einzelnen Bundesländer im Jahr 2024?
a. Wie haben sich diese Zahlen seit dem Jahr 2015 verändert? (Geben Sie dazu bitte die Jahressummen ab dem Jahr 2015 bzw. ab der Gründung der Einheit bis zum Jahr 2024 bekannt.)
10. Wie hoch war die Zahl der bearbeiteten Akte pro VÄB und je Exekutivbeamten in der Schnellen Interventionsgruppe der einzelnen Bundesländer im Jahr 2024?
a. Wie haben sich diese Zahlen seit dem Jahr 2015 verändert? (Geben Sie dazu bitte die Jahressummen ab dem Jahr 2015 bzw. ab der Gründung der Einheit bis zum Jahr 2024 bekannt.)
11. Wie fallen die jeweiligen Jahressummen je Bereitschaftseinheit je Bundesland für die Jahre 2015 bzw. ab der Gründung der Einheit bis 2024 für die in der oben angeführten Tabelle ersichtlichen Kategorien aus?
a. Wie viele dieser Stunden je Tätigkeit wurden in einer österreichischen Statutarstadt erbracht? (Geben Sie dazu bitte die Jahressummen je Statutarstadt und je Tätigkeit ab dem Jahr 2015 bzw. ab der Gründung der Einheit bis zum Jahr 2024 bekannt.)
12. Wie gestalten sich die jeweiligen Jahressummen je „Schneller Interventions-gruppe“ je Bundesland für die Jahre 2015 bzw. ab der Gründung der Einheit bis 2024 für die in der oben angeführten Tabelle ersichtlichen Kategorien aus?
a. Wie viele dieser Stunden je Tätigkeit wurden in einer österreichischen Statutarstadt erbracht? (Geben Sie dazu bitte die Jahressummen je Statutarstadt und je Tätigkeit ab dem Jahr 2015 bzw. ab der Gründung der Einheit bis zum Jahr 2024 bekannt.)
13. Wie viele Delikte im Sinne der Polizeiliche Anzeigenstatistik/Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) wurden in den österreichischen Statutarstädten seit 2015 pro Jahr begangen? (Geben Sie dazu bitte die Jahressummen je Statutarstadt ab dem Jahr 2015 bis zum Jahr 2024 bekannt)
a. Wie hoch war hierzu die Aufklärungsquote je Statutarstadt und Jahr im Zeitraum 2015 bis 2024?
[1] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVIII/AB/872
[2] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVIII/J/951
[3] Presseaussendung der LPD Oberösterreich vom 09.09.2025, 12:16 Uhr
https://www.polizei.gv.at/ooe/presse/aussendungen/presse.aspx?prid=3179762B3572346F7441513D&pro=3 (abgerufen am 14.09.2025)
[4] Hinsichtlich der VÄB sollen folgende Kriterien berücksichtigt werden:
· Dienstzuteilungen sind abzuziehen und damit nicht zu berücksichtigen.
· Personen in Karenz sind abzuziehen und damit nicht zu berücksichtigen.
· Bei Personen mit einer herabgesetzte Wochendienstzeit sind nur jene Arbeitsstunden zu berücksichtigen, die tatsächlich geleistet wurden.