3542/J XXVIII. GP
Eingelangt am 03.10.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Streit um inländische Gastpatient:innen
Der Streit um die Versorgung und Kostentragung von inländischen Gastpatient:innen, also Patient:innen eines Bundeslandes, die in einem anderen Bundesland ins Spital gehen, spiegelt einige zentrale Problemlagen des österreichischen Gesundheits-systems wider:
Die starke föderale Ausrichtung in der Planung aber auch in der Finanzierung der Spitalskapazitäten orientiert sich nicht am Bedarf der Patient:innen, sondern einzig an den Bundesländergrenzen. Es wird trotz der Möglichkeit dazu nicht in Versorgungsregionen gedacht. Daraus resultiert ein System, in dem Kapazitäts-engpässe an der Tagesordnung stehen, und zusätzliche Patient:innen aus anderen Bundesländern zur zusätzlichen Belastung für das eigene Spitalswesen werden. Die Leidtragenden sind die Patient:innen – sowohl im eigenen Bundesland als auch in den anderen Bundesländern – auf deren Rücken dieser vorhandene Konflikt ausgetragen wird.
Sichtbar wird dies im aktuellen Konflikt zwischen Wien, Niederösterreich und dem Burgenland, der genau in diesem Spannungsfeld ansiedelt ist. Nach Aussagen von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker und Bürgermeister Michael Ludwig entstehen Wien durch die hohe Anzahl an Gastpatient:innen aus anderen Bundesländern hohe Kosten, die es nicht abgegolten bekommt und die folglich das Wiener Landesbudget belasten. Zugleich würden sich dadurch sowohl das Burgenland und aufgrund der höheren aus Niederösterreich kommenden Patient:innenzahlen insbesondere Niederösterreich Kosten ersparen. Gleichzeitig hat Wien in der österreichischen Versorgungslandschaft eine besondere Rolle, die den angesiedelten Universitäten, der in Wien beheimateten Forschung und der damit einhergehenden internationalen Bedeutung geschuldet ist. Entsprechend wichtig ist der Standort Wien für das gesamte Bundesgebiet, aber natürlich auch für die angrenzenden Bundesländer.
Die in den Medien kolportierten Zahlen (Anzahl der Patient:innen und Höhe der nicht abgegoltenen Zusatzkosten) [1] [2] [3] zur Belastung von Wien durch Gastpatient:innen aus anderen Bundesländer sind nur bedingt nachvollziehbar.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wie viele inländische Patient:innen mit Wohnsitz in einem Bundesland wurden 2014, 2019 und 2024 jeweils in Spitälern eines anderen Bundeslandes behandelt? Bitte um Aufschlüsselung für jedes „behandelnde“ Bundesland nach Wohnsitzbundesland der Patient:innen.
2. Welche Kosten (Gesamthöhe je Bundesland) entstanden dadurch 2014, 2019 und 2024 jeweils durch Gastpatient:innen eines anderen Bundeslandes für die jeweiligen Bundesländer, in denen die Spitalsbehandlung erfolgte?
3. Auf welcher Basis werden die Kosten für Gastpatient:innen bemessen? Gab es hier Veränderungen in der Berechnungsweise seit 2014?
4. Im aktuell geltenden Finanzausgleich bzw. der Vereinbarung gemäß Art. 15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens wird in Artikel 40 „Ausgleich für inländische Gastpatient:innen“ festgehalten: „Für inländische Gastpatient:innen wird für die Dauer dieser Vereinbarung keine über die Abgeltung der Landesgesundheitsfonds hinausgehende Entschädigung bezahlt.“
a. In welcher Art und Weise werden Gastpatient:innen in der Abgeltung der Landesgesundheitsfonds berücksichtigt (in welcher Höhe, bis zu welcher Anzahl von Gastpatient:innen, durch welchen Systempartner, oder sonstige Modalitäten)?
b. Die Finanzierung der Landesgesundheitsfonds erfolgt über die Sozialversicherung, den Bund sowie die Länder und teils auch die Gemeinden – allerdings mit jeweils unterschiedlichen Verteilungs-schlüsseln auf die Länder. Werden Gastpatient:innen bei diesen Finanzierungsbeteiligungen der Systempartner (Sozialversicherung, Bund, Länder, ggf. Gemeinden) auf dieselbe Art und Weise berücksichtigt? Wenn nicht, worin bestehen die Unterschiede?
c. Wie lässt sich feststellen, ob die Kosten der behandelten Gastpatient:innen über die Abgeltung hinaus gehen?
5. In Artikel 40 der oben genannten Vereinbarung („Ausgleich für inländische Gastpatient:innen“) wird auch fest gehalten, dass „Bilaterale Vereinbarungen bezüglich Gastpatient:innen möglich sind“.
a. Gibt es bezüglich Gastpatient:innen bilaterale Vereinbarungen?
b. Gab es in der Vergangenheit zwischen den Bundesländern solche Vereinbarungen?
c. Wenn ja, zwischen welchen Bundesländern und zu welchen Konditionen?
d. Wenn nein, welche Vereinbarungen wären aus Sicht des Ministeriums sinnvoll?
6. Bestehen abgesehen von der Berücksichtigung über die Abgeltung der Landesgesundheitsfonds weitere Ausgleichszahlungen für inländische Gastpatient:innen?
7. Gastpatient:innen finden noch an einer weiteren Stelle des Finanzausgleichs bzw. der Art. 15a B-VG Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens explizite Berücksichtigung. Mittels der Bestimmungen unter Artikel 5 „Österreichischer Strukturplan Gesundheit und Regionale Strukturpläne Gesundheit“ soll letztlich eine gesamthafte Koordinierung und Planung des österreichischen Gesundheitssystems erfolgen. Bei den näheren Bestimmungen zu den Regionalen Strukturplänen Gesundheit wird u.A. zu deren Schwerpunkt-setzung festgehalten (Abs 7 Ziffer 7), dass die Versorgung inländischer und ausländischer Gastpatient:innen transparent berücksichtigt werden soll. Wie gestaltet sich diese transparente Berücksichtigung in den jeweiligen regionalen Strukturplänen Gesundheit?
8. Welche Schritte wurden seitens der Bundesländer bisher unternommen, um im Rahmen der vorhandenen Gremien eine über Bundesländergrenzen hinausgehende Abstimmung und Koordinierung vorzunehmen und ein Planen und Denken in Regionen voran zu bringen?
9. Gibt es seitens Ihres Hauses die Bestrebungen hier zu bundesländer-übergreifenden Vereinbarungen oder einer gemeinsamen Planung über Bundesländergrenzen hinweg zu kommen? Falls ja, wie ist dieser Prozess angelegt? Welche Bundesländer nehmen teil? Bis wann ist hier mit einem ersten Ergebnis zu rechnen?