356/J XXVIII. GP
Eingelangt am
17.01.2025
Dieser Text ist elektronisch
textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Jan Krainer, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Scheinbare Unabhängigkeit des Finanzministers
In den letzten Monaten sind im politischen Diskurs vermehrt Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit des Finanzministers aufgetaucht. Dies wurde insbesondere durch die mediale Berichterstattung über ein Posting auf dem LinkedIn-Account von Gunter Mayr verstärkt.[1] Das Posting, das in den klassischen Farben der ÖVP gehalten war, trug die Botschaft "Mit uns gibt es keine Vermögens- und Erbschaftssteuern", was neben der Ansage, Herbert Kickl nicht zum Kanzler machen zu wollen, ein zentrales Versprechen der ÖVP im Wahlkampf war:

Dies wirft die Frage auf, ob der Finanzminister entweder nicht wusste, dass dieses Posting im ÖVP-Ton gehalten ist, oder ob er sich für den Posten des Finanzministers in einer zukünftigen Regierung mit ÖVP-Beteiligung bewirbt. Es entsteht außerdem der Eindruck, dass es sich um einen offiziellen Account des BMF handelt, da sowohl imPosting als auch in der Personenbeschreibung auf das Amt des Bundesministers für Finanzen verwiesen wird.
Solche Vorfälle tragen wenig dazu bei, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die politische Neutralität und Unabhängigkeit der staatlichen Institutionen zu stärken, zumal der Finanzminister zuvor deutlich seine Unabhängigkeit betont und darauf bestanden hat, dass politische Neutralität und Unabhängigkeit für die Glaubwürdigkeit des Ministeriums von zentraler Bedeutung sind. Gunter Mayr selbst äußerte in einem Interview, dass er kein Mitglied einer Partei sei und seine Bestellung als große Wertschätzung gegenüber der Beamtenschaft sehe.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage
1. Von wem wird der LinkedIn-Account des Bundesministers für Finanzen verwaltet?
2. Haben Bedienstete des Kabinetts bzw. des Ressorts Zugriff auf diesen Account?
3. Inwiefern ist dieser LinkedIn-Account in die Öffentlichkeitsarbeit des BMF einbezogen?
4. Wer hat das besagte Posting auf LinkedIn erstellt?
5. Wer hat die für das Posting verwendete Grafik erstellt?
6. Wurde eine Zustimmung der ÖVP eingeholt, dass für dieses Posting die Corporate Identity der ÖVP verwendet werden darf und wenn ja, wann durch wen bzw. wenn nein, warum gingen Sie von der Zulässigkeit einer Nutzung aus?
7. Wurde dieses Posting vom BMF in irgendeiner Weise beworben oder verbreitet und wenn ja, auf welche Art und zu welchen allfälligen Kosten?
8. Wie wurde vorab rechtlich geprüft, ob es sich bei einem solchen Posting und dessen Bewerbung/Verbreitung um eine unzulässige – weil verbotene – Spende an die ÖVP handeln könnte?
9. Wird oder wurde die Öffentlichkeitsarbeit des BMF vom Rechnungshof auf mögliche Verstöße gegen das Parteiengesetz geprüft und wenn ja, welche Empfehlungen wurden an das BMF gerichtet?
10. Nach welchen Kriterien grenzen Sie private und amtliche Tätigkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit ab und inwiefern bildet sich dies im besagten Account ab?
11. Wie beurteilen Sie die Unabhängigkeit des Finanzministeriums von parteipolitischen Einflüssen?
12. Gibt es eine Richtlinie im Finanzministerium, die die Nutzung von sozialen Medien durch Beamte regelt?
13. Von welcher Organisationseinheit des BMF wurde die im Posting enthaltenen Aussagen vorab auf deren inhaltliche Korrektheit überprüft?
14. Auf welcher Grundlage behaupten Sie, dass 86% der Maßnahmen die Ausgabenseite betreffen würden? Welche entsprechende Beschlussfassung besteht dazu und auf welche „Vereinbarung" bezieht sich der Posting-Text?
15. Inwiefern ist dem BMF eine solche Vereinbarung bekannt und seit wann?
16. Wieso wurde im Posting nicht gleichermaßen und in neutraler Form darauf hingewiesen, dass obwohl „Österreich kein Einnahmenproblem" habe, 14% der Maßnahmen einnahmenseitig teilweise durch neue Steuern erfolgen?
17. Im Posting ist die Rede davon, dass es „mit uns" keinen Beitrag von jenen mit breiten Schultern, also großem Vermögen, geben wird. Wer ist mit „uns" gemeint und aus welchem Grund ist dies Position des BMF, zumal zwar ein sehr geringer, aber dennoch ein existenter Teil der österreichischen Steuereinnahmen aus vermögensbezogenen Steuern stammt?
18. In einem anderen Posting sprechen Sie davon, dass Sie Kommissar Dombrovskis „unser Maßnahmenpaket zur Vermeidung eines EU-Defizitverfahrens" präsentiert hätten. Auf wen bezieht sich das „unser"?
19. Haben Sie an den Gesprächen zu diesem Maßnahmenpaket teilgenommen?
20. Wurde das Maßnahmenpaket vor den Gesprächen mit der EU-Kommission mit dem Bundeskanzler oder innerhalb der Bundesregierung abgestimmt und von wem haben Sie dieses „Maßnahmenpaket" erhalten?
21. Aus welchem Grund gehen Sie davon aus, dass dieses Maßnahmenpaket tatsächlich der Erstellung des Bundesfinanzgesetzes zu Grunde liegen wird?