3561/J XXVIII. GP
Eingelangt am 03.10.2025
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Paul Hammerl, MA
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft
betreffend Ideologiegetriebener CO2-Emissionshandel ETS 2 schädigt österreichische Volkswirtschaft im Zeichen des Klimaschutzes
Im Rahmen des geplanten Emissionshandelssystem ETS 2 wird ab dem Jahr 2027 auch der Bereich der Gebäudewärme, allen voran das Heizen mit Gas, in den Emissionshandel einbezogen. Zweck dieser Maßnahme ist es, den CO₂-Ausstoß in bislang nicht erfassten Sektoren stärker zu besteuern und damit zu verteuern. Geplant ist, dass jährlich Emissionszertifikate an sogenannte „beaufsichtigte Unternehmen“ versteigert werden. Darunter versteht man natürliche oder juristische Personen, die für die Lieferung von Brenn- und Kraftstoffen an Endverbraucher verantwortlich sind.[1]
Für jede emittierte Tonne CO₂ muss ein entsprechendes Zertifikat vorliegen. Übersteigt der tatsächliche CO₂-Ausstoß die vorgesehene Menge, müssen zusätzliche Zertifikate erworben werden. Die jährlich ausgegebene Zahl an Zertifikaten ist limitiert und wird jährlich um fünf Prozent verringert. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass spätestens ab 2031 mit erheblichen Preissteigerungen zu rechnen sei. Laut Berechnungen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung werden sich die Emissionshandelspreise im Jahr 2030 auf 71 bis 261 Euro pro Tonne CO₂ belaufen.[2], [3]
Ein Kubikmeter Gas verursacht etwa 2 kg CO₂. Ein Kubikmeter Erdgas entspricht rund 11 kWh. Bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 15.000 kWh eines österreichischen Haushalts und einem angenommenen Zertifikatspreis von 165 Euro je Tonne CO₂ im Jahr 2030 ergäbe sich für Haushalte eine zusätzliche Belastung von rund 550 Euro jährlich. Für die produzierende Industrie bedeuten die hohen CO₂-Kosten einen massiven wirtschaftlichen Nachteil gegenüber Nicht-EU-Ländern.
Ab 2027 wir die Menge an ausgegebenen Zertifikaten auf das Basisjahr 2024 linear reduziert. Der aktuelle jährliche lineare Reduktionsfaktor bis 2027 liegt bei 5,10% und damit sollen im Jahr 2027 etwa ca. 1 Mrd. EUA-2 Zertifikate versteigert werden. Ab 2028 liegt der jährliche Linearreduktionsfaktor bei 5,38%, da die EU von einer steigenden Dekarbonisierung ausgeht.
Mit dem Mechanismus des Frontloadings sollen Zertifikate aus den Jahren 2029 bis 2031 in die Jahre 2027 und 2028 vorgezogen werden, sodass im Jahr 2027 30% mehr Zertifikate versteigert werden, als der lineare Reduktionspfad vorsieht. Damit sinkt aber die Anzahl der Zertifikate dann in den Jahren 2029 bis 2031 deutlich, sodass insgesamt der lineare Reduktionspfad eingehalten wird.
Betrachtet man die bisherigen CO₂-Reduktionen in den Sektoren, die nun von ETS 2 umfasst sind, also Verkehr, Gebäude und Industrie mit Anlagen bis 20 MW Leistung, erkennt man, dass der Rückgang an CO₂-Emissionen in den letzten 10 Jahren insgesamt nur marginale 2% betrug. ETS 2 hat zum Ziel, dass innerhalb von 5 Jahren, also von 2027 bis 2031 die CO₂-Emissionen um 30% sinken müssen. Sinken die Emissionen nicht in dem vorgegebenen Zielpfad, kommt es zu einem massiven Unterangebot an CO₂-Zertifikaten. Dies führt zu exorbitant hohen Knappheitspreisen im Zuge des Zertifikatshandels.
Zwar sieht ETS 2 eine Marktstabilitätsreserve mit zusätzlichen Zertifikaten vor, doch werden diese nur dann freigegeben, wenn der Zertifikatspreis kurzfristig höher als in den sechs vorangegangenen Monaten davor ist. ETS 2 sieht grundsätzlich eine Preisobergrenze von € 45/t CO₂ vor, um das erste Mal den Marktstabilitäts-mechanismus auszulösen. Aktuell werden die CO₂-Zertifikate an den Börsen ICE und EEX um über € 86/t CO2 gehandelt. Daher würden schon zu Beginn 20 Mio. Zertifikate zusätzlich freigegeben werden müssen. Bei 1 Mrd. Zertifikate, die im Jahr 2027 grundsätzlich gehandelt werden können, bedeutet dies aber lediglich eine zusätzliche 2%ige Erhöhung der handelbaren Zertifikate. Es ist damit keinesfalls zu erwarten, dass der jetzt schon fast doppelt so hohe Zertifikatspreis, damit nur ansatzweise gesenkt werden kann. Da auch der Zertifikatspreis konstant hoch bleiben und nicht nur kurzfristig steigen wird, werden die weiteren Marktstabilitätsmechanismen gar nicht erst ausgelöst. Dies bedeutet, dass keine zusätzlichen Zertifikate dem Markt zur Verfügung gestellt werden. Damit greifen also die angedachten Maßnahmen zur Marktstabilisierung nicht und hohe Knappheitspreise werden die privaten Haushalte und die Wirtschaft stark belasten.
Insgesamt 16 EU-Mitgliedstaaten, darunter auch Österreich, fordern in einem gemeinsamen Schreiben, das Emissionshandelssystem ETS 2 noch vor seinem Start im Jahr 2027 in zentralen Punkten zu überarbeiten, um soziale Belastungen abzumildern und die Preisstabilität zu wahren. Unter anderem werden in dem joint non-paper die Anpassung der Marktstabilitätsreserve hinsichtlich der Freigabe von mehr Zertifikaten sowie deren Verlängerung über 2031 hinaus und die Verstärkung von Preiskontrollmechanismen gefordert.[4] Scharfe Kritik äußerte der französische Präsident Emmanuel Macron, der angesichts der aktuellen Lage mahnte, auf neue klimapolitische Projekte und Zielvorgaben zu verzichten, um Wirtschaft und Bevölkerung nicht zusätzlich unter Druck zu setzen. Noch deutlicher wurde der polnische Ministerpräsident Donald Tusk, der ankündigte, das ETS 2 in Polen überhaupt nicht umsetzen zu wollen.[5]
Zu beachten ist, dass die Einnahmen aus dem ETS 2 dem jeweiligen Mitgliedsstaat zufließen.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundes-minister für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft nachstehende
Anfrage
1. Welche Haltung vertreten Sie als Bundesminister hinsichtlich der Einbeziehung des Erdgasverbrauchs in das EU-Emissionshandelssystem ETS 2, insbesondere im Hinblick auf dessen soziale und wirtschaftliche Auswirkungen?
2. Welche konkreten Änderungen am EU-Handelssystem ETS 2, insbesondere im Bereich des Verbrauchs von Erdgas zum Heizen und zur Produktion von Wirtschaftsgütern, fordern Sie als Minister?
3. Mit welchen Auswirkungen auf österreichische Haushalte und die produzierende Industrie rechnen Sie als Minister durch die Einführung des ETS 2 und die Integration des Erdgasverbrauches ab dem Jahr 2027?
4. Wie setzen Sie sich aktuell mit den Preiserwartungen für CO₂-Zertifikate für die Jahre ab 2027 auseinander?
a. Berücksichtigen Sie hierbei die seit wenigen Wochen handelbaren Future Produkte auf den Börsen ICE und EEX?
5. Von welchen Kosten pro Tonne CO₂ gehen Sie aktuell für die Jahre 2027 bis 2040 aus? (Nennen Sie hierbei bitte eine Preisspanne pro Tonne für jedes der Frontjahre)
6. Führen Sie Gespräche mit Ministern anderer EU-Mitgliedsländer hinsichtlich eines möglichen gemeinsamen Vorgehens gegen weitere Belastungen der Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen durch das ETS 2 auf europäischer Ebene?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, welche Position vertreten Sie hier?
7. Führen Sie Gespräche mit Vertretern der Europäischen Kommission hinsichtlich eines möglichen gemeinsamen Vorgehens gegen weitere Belastungen der Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen durch das ETS 2?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, welche Position vertreten Sie hier?
8. Wie hoch werden die Einnahmen aus der physischen Primärmarktauktion gemäß ETS 2 pro Jahr für Österreich sein? (Geben Sie die prognostizierten Einnahmen pro Sektor, also Verkehr-Gebäude-Industrie, und pro Jahr für die Jahre 2027 bis 2040 an.)
9. Wie hoch waren bisher die Einnahmen aus der Ausgabe von Emissions-zertifikaten gemäß NEHG pro Jahr und pro Sektor?
a. Mit welchen Einnahmen rechnen Sie für die Jahre 2025 und 2026 pro Jahr?
10. Gehen Sie davon aus, dass der Mechanismus des Frontloadings die Preise je Tonne CO₂ in den Jahren 2029 bis 2031 sprunghaft ansteigen lassen?
a. Wenn ja, mit welchen Preisanstiegen rechnen Sie?
b. Wenn nein, warum gehen Sie von keinen Preissprüngen aus?
11. Welche Erkenntnisse bzw. Prognosen liegen Ihnen zu einer möglichen Abwanderung von Branchen auf Grund der hohen CO₂-Kosten in Nicht-EU-Ländern vor. (Geben Sie hierzu die jeweilige Branche, die Anzahl an Mitarbeiter und die wegfallende Wertschöpfung sowie den Anteil am BIP an)
12. Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um die erwartbaren Teuerungen beim Heizen mit Gas für österreichische Haushalte und Unternehmen abzufedern?
a. Mit welchen Kosten für diese Entlastungsmaßnahmen planen Sie pro Jahr?
13. Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um die erwartbaren Teuerungen bei der Produktion von Wirtschaftsgütern durch österreichische Unternehmen abzufedern?
a. Mit welchen Kosten für diese Entlastungsmaßnahmen planen Sie pro Jahr?
14. Gemäß NEHG ist der Preis pro Tonne CO₂ nur bis 2025 festgesetzt. Wie hoch wird der Preis pro Tonne CO₂ im Jahr 2026 gemäß NEHG sein?
15. Welche Reaktionen haben Sie auf den joint non-paper der 16 Mitgliedsstaaten an die Europäische Kommission zu ETS 2 erhalten?
a. Wie und wann hat die innerkoalitionäre Willensbildung dazu stattgefunden?
b. Von welchem Mitglied der Bundesregierung wurde dieser joint non-paper unterschrieben?
16. Welche Information liegt Ihnen zu den unter anderem erhobenen Forderungen nach einer Anpassung der Marktstabilitätsreserve hinsichtlich Freigabe von mehr Zertifikaten sowie zur Verlängerung dieser Maßnahme über 2031 hinaus und der Verstärkung von Preiskontrollmechanismen vor.
a. Welche Positionen vertreten Sie hierzu?
b. Wie gehen Sie weiter vor, wenn Sie seitens der Europäischen Kommission keine Rückmeldung erhalten?
[1] https://www.bmf.gv.at/themen/klimapolitik/carbon-markets/EU-ETS-2/ueberblick.html
[2] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/klimaschutz-wird-die-gasheizung-unbezahlbar-110609940.html
[3] https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=4808605
[4] https://euperspectives.eu/2025/06/member-states-demand-reform-ets2/?utm
[5] https://www.faz.net/aktuell/wirtschafUklimaschutz-wird-die-gasheizung-unbezahlbar-110609940.html