3627/J XXVIII. GP

Eingelangt am 09.10.2025
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Anfrage

 

der Abgeordneten Nina Tomaselli, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Wo bleiben die Reformen nach der Signa-Pleite durch Hütchenspieler René Benko?

BEGRÜNDUNG

 

Die Insolvenz der Signa-Gruppe um René Benko stellt die größte Unternehmenspleite der Zweiten Republik dar. Die Folgen für Gläubiger:innen, Investor:innen, den Finanzplatz Österreich und indirekt auch für Steuerzahler:innen sind enorm. Man möchte meinen, dass es als Gesetzgeber auf der Hand liegt, zu reagieren. Während die Justiz zügig ermittelt und das erste Verfahren gegen René Benko bevorsteht, gibt es bis dato aber keine strengeren Regeln, um Tricks und Betrügereien künftig zu erschweren.

Zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs beliefen sich die Verbindlichkeiten der Signa-Gesellschaften auf insgesamt rund 5 Milliarden Euro – laut Medienberichten die größte Pleite in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte. In den Insolvenzverfahren wurden Forderungen von bis zu 27,6 Milliarden Euro angemeldet. Anerkannt wurden bisher rund 9,5 Milliarden Euro. Auch gegen René Benko persönlich wurden Forderungen in Milliardenhöhe angemeldet, von denen allerdings nur ein Bruchteil (45,5 Millionen Euro) anerkannt wurde[1].

Der angerichtete Schaden geht über nackte Zahlen hinaus: Banken, Versicherungen, Pensionsfonds und andere institutionelle Investoren sind betroffen. Indirekt kann dies natürlich auch Steuerzahler:innen belasten – etwa durch Verluste bei öffentlichen und halböffentlichen Einrichtungen, durch Steuer- und Abgabenausfälle sowie durch Mehrkosten in der Masseverwaltung: So fordert der Masseverwalter der Signa Prime rund 23 Millionen Euro von der Republik[2]. Zudem leidet das Vertrauen in den Finanzplatz Österreich und die Wirksamkeit staatlicher Aufsicht. Die Aufarbeitung wird die heimische Justiz noch jahrelang beschäftigen, allein in Österreich laufen 160 Insolvenzverfahren, in Deutschland sind es gar 173[3].

Parallel zur Insolvenz laufen umfassende strafrechtliche Ermittlungen gegen René Benko. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat ihn im Juli 2025 unter anderem wegen betrügerischer Krida angeklagt[4], weitere Ermittlungsstränge könnten zu weiteren Anklagen führen.

Die Anfragestellerin hat bereits im Februar 2025 einen Entschließungsantrag („Sündenfall Signa – die Konsequenzen ziehen, jetzt!“) eingebracht[5], in dem umfassende Reformen im Bilanz-, Stiftungs- und Gesellschaftsrecht eingefordert werden.

Noch länger befindet sich das Nachhaltigkeitsberichtsgesetz (NaBeG), das unter anderem strengere Sanktionen bei Bilanzverstößen und Konsolidierungspflichten vorsieht, schon in Begutachtung[6]. Die vorgeschlagene erhöhte Strafbefugnis wurde vom Präsidium des OGH in seiner Stellungnahme “ausdrücklich” begrüßt, weil es in der Vergangenheit gerade bei großen Unternehmen “zu eklatanten, zum Teil jahrelang anhaltenden Verstößen gegen die Offenlegungspflicht gekommen” sei. Das bisherige Sanktionsregime sei “zu wenig effektiv”.

Auch im Regierungsprogramm wären Maßnahmen enthalten: So ist von einer Expertenkommission zu lesen, welche Reformvorschläge betreffend die Betrugsbekämpfung machen soll, außerdem soll das Stiftungsrecht überarbeitet werden.

Trotz der positiven Rückmeldungen von Expert:innen, offensichtlicher Dringlichkeit und der hohen gesellschaftspolitischen Relevanz ist die Bundesregierung bis heute säumig, konkrete gesetzliche Konsequenzen zu ziehen. Die Fragestellerin erkennt dabei an, dass in der Zwischenzeit eine langwierige Regierungsbildung stattgefunden hat. Mittlerweile sollte sich aber auch die neue Regierung ausreichend eingearbeitet haben. Es ist daher zwingend notwendig, den aktuellen Stand der Dinge von Ihnen als zuständigem Bundesminister für Finanzen zu erfahren.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen deswegen folgende

ANFRAGE

 

1.    Welche Maßnahmen haben Sie seit Ihrer Amtsübernahme zum Thema Signa-Pleite bereits gesetzt?

2.    Gibt es Schätzungen, wie hoch die Gesamtkosten durch die Signa-Pleite für die Steuerzahler:innen (inkl. Gerichtskosten, Masseverwaltung, Forderungsausfälle) ausfallen könnten?

3.    Der Masseverwalter der Signa Prime fordert von der Republik 23 Millionen Euro zurück. Gibt es bezüglich dieser Forderungen bereits ein Gutachten oder eine Einigung?

4.    Gibt es Forderungen aus anderen Signa-Gesellschaften und wenn ja, um welche Summen geht es?

5.    Welche weiteren Auswirkungen bzw. potenzielle Auswirkungen hat die Firmenpleite für den Bundeshaushalt?

6.    Welche Kontrollmechanismen haben im Fall Signa versagt – und welche Konsequenzen ziehen Sie daraus für Ihr Ressort?

7.    Wie viele Verfahren wegen Verstößen gegen die Offenlegungspflicht wurden in den letzten zehn Jahren geführt, und wie hoch waren die verhängten Strafen?

8.    Welche zusätzlichen Befugnisse braucht die Finanzverwaltung, um Bilanzverstöße bei großen Konzernen effektiv zu verfolgen?

9.    Planen Sie, die Ressourcen der Finanzmarktaufsicht (FMA) oder der Finanzverwaltung gezielt auf komplexe Firmenkonstruktionen auszuweiten?

10. Welche Schritte haben Sie seit Amtsantritt gesetzt, um die Überarbeitung des Stiftungsrechts vorzubereiten?

11. Welche Reformschritte sind vorgesehen, um Stiftungen künftig nicht mehr zur Verschleierung von Vermögen nutzen zu können?

12. Wie sieht es mit den im Regierungsprogramm erwähnten Betrugsbekämpfungsmaßnahmen aus: Was genau soll vor welchem Zeithorizont umgesetzt werden?

13. Wer sitzt in der erwähnten Kommission, die noch mehr Vorschläge zur Betrugsbekämpfung ausarbeiten soll und wie oft hat sich die Kommission bereits getroffen? Wann soll sie die Vorschläge präsentieren?

14. Warum ist die Bundesregierung trotz klarer Empfehlungen von OGH, Expert:innen und Oppositionsparteien bislang untätig geblieben?

15. Bis wann können Parlament und Öffentlichkeit mit einem umfassenden Reformpaket rechnen, das die Lehren aus der Signa-Pleite zieht?



[1] https://orf.at/stories/3403941/

[2] https://www.derstandard.at/story/3000000266789/signa-prime-gegen-republik-prozess-um-23-millionen-euro-hat-begonnen

[3] https://orf.at/stories/3403941/

[4] https://www.justiz.gv.at/wksta/wirtschafts-und-korruptionsstaatsanwaltschaft/medienstelle/pressemitteilungen/pressemitteilungen-2025/verfahrenskomplex-signa-anklage-gegen-ren-benko-wegen-betruegerischer-krida.10e8.de.html

[5] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVIII/A/45

[6] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVIII/ME/4