3628/J XXVIII. GP
Eingelangt am 09.10.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Meri Disoski, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Blockiert die österreichische Bundesregierung die EU-Sanktionspolitik im Interesse eines Unternehmens?
Internationalen und österreichischen Zeitungen ist zu entnehmen, dass die österreichische Bundesregierung ihre Zustimmung zum jüngsten EU-Sanktionspaket gegenüber Russland offenbar von einer Ausnahmeregelung für die Raiffeisen Bank International abhängig macht. Zu den Fragen betreffend die technischen Hintergründe sei auf die Anfrage der Kollegin Tomaselli „Wie oft soll sich Österreich noch wegen Raiffeisen-Interessen auf internationaler Ebene blamieren?“ verwiesen.
Den Berichten nach gibt es im Ausschuss der EU-Botschafter:innen großen Gegenwind gegen den österreichischen Vorschlag. Doch wie kommt es, dass die österreichische Bundesregierung das Interesse eines Unternehmens der Positionierung in einer so wichtigen außen- und europapolitischen Frage wie den EU-Sanktionen gegenüber Russland in einer Phase der immer weiteren Zuspitzung des Konfliktes zugrunde legt?
Dies verwundert umso mehr, als sich die Außenministerin bislang stets dezidiert gegen Blockaden der gemeinsamen europäischen Außenpolitik aus nationalstaatlichem Interesse ausgesprochen hat. Die EU wäre durch die Einstimmigkeitsvorgabe „strategisch gehemmt“ und Österreich müsse Teil der Initiative für die Überarbeitung des Einstimmigkeitserfordnisses im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik sein, formulierte die heutige Außenministerin etwa in der Aktuellen Europastunde des Nationalrats am 24.5.2023.
Beim Beschluss des 18. Sanktionspakets stellte die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik, Kaja Kallas, noch einmal klar: „Jede Sanktion schwächt die Fähigkeit Russlands, Krieg zu führen. Die Botschaft ist klar: Die Unterstützung Europas für die Ukraine wird nicht nachlassen. Die EU wird den Druck weiter erhöhen, bis Russland seinen Krieg beendet“[1].
Gerade vor diesem Hintergrund hat sich die österreichische Bundesregierung unzweifelhaft im Sinne des gemeinsamen europäischen Interesses zu positionieren und den Eindruck, die eigene Position an den Interessen eines Unternehmens auszurichten, zu entkräften.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wie bewerten Sie als zuständige Ministerin die Bedeutung der EU Sanktionspolitik gegenüber Russland in Rahmen der politischen Unterstützung der Ukraine als Opfer des russischen Angriffskriegs?
2. Sind Sie, entsprechend Ihrer Aussagen in der „Aktuellen Europastunde“ des Nationalrats vom 24.5.2025, dass die EU durch das Einstimmigkeitsprinzip strategisch gehemmt sei, weiterhin der Meinung, dass Blockaden gemeinsamer EU-Initiativen die Gemeinschaft politisch schwächen?
3. Würden Sie der Aussage zustimmen, dass die Annahme eines EU-Sanktionspakets ein politischer Beschluss von außenpolitischer Bedeutung für die gesamte EU ist?
4. Den Berichten über den AStV II (Ausschuss der Ständigen Vertreter:innen bei der EU) vom 3. Oktober 2025 ist zu entnehmen, dass Österreich mit seiner vorläufigen Ablehnung des 19. Sanktionspakets deutlich in der Minderheit ist. Ist es richtig, dass Österreich wie in Medien berichtet wird, seine Zustimmung von der Aufnahme von Ausnahmeregelungen für die RBI abhängig macht?
5. Wie begründen Sie, dass offenbar die Zustimmung der österreichischen Bunderegierung zu einem Sanktionspaket abhängig gemacht wird von Sonderregelungen für ein österreichisches Unternehmen?
6. War damit auch der im Regierungsprogramm angekündigte Koordinationsausschuss befasst, der die koalitionäre EU-Koordination umfassen sollte?
a. Wenn ja, könnten Sie bitte die Arbeitsweise und Entscheidungsstrukturen im Rahmen der EU-Koordination darlegen?
b. Wenn nein: warum wurde diese Materie dort nicht behandelt?
c. Wenn nein: kann man trotzdem sicher davon ausgehen, dass die von Ihnen vertretene Linie mit der gesamten Bundesregierung abgestimmt wurde?
7. Kamen der Positionierungsvorschlag sowie die Formulierung der Erläuterungen des Kommissionsvorschlags aus Ihrem Ministerium?
8. Haben alle drei Koalitionsparteien ihre Zustimmung zu Erläuterungen gegeben?
9. Dem Bericht der Ständigen Vertretung über die AStV II Sitzung vom 26.9. ist zu entnehmen, dass Österreich im Anschluss an die Sitzung Erläuterungen für den RBI-Ausnahmevorschlag zirkuliert wurden. Wurden diese Erläuterungen dem österreichischen Parlament im Rahmen der Informationsverpflichtung mittlerweile übermittelt?
a. Wenn ja: warum so spät bzw. nicht gleich mit dem Bericht über die Sitzung, in der die Verteilung angekündigte wurde?
b. Wenn nein: Warum nicht, obwohl es sich eindeutig um eine Initiative im Rahmen eines EU-Vorhabens handelt?
10. Gab es von Seiten unserer EU-Partner dazu schriftliche Rückmeldungen an Ihr Ressort?
a. Wenn ja: wie viele?
b. Wenn nein: welche mündlichen Rückmeldungen bekamen Vertreter:innen Ihres Hauses im Rahmen der folgenden Aufeinandertreffen in und um EU Gremien?
11. Haben Sie bereits bei vergangenen Verhandlungen über frühere Sanktionspakete Ausnahmeregelungen für österreichische Unternehmen schriftlich eingebracht?
a. Wenn ja: wann und für welche Unternehmen?
b. Wenn nein: warum gerade jetzt beim 19. Sanktionspaket, während Russland nicht nur seine Angriffe auf zivile Ziele in der Ukraine forcierte sondern offenkundig auch die Auseinandersetzung gegenüber EU Staaten durch zahlreiche Drohnenübergriffe erweiterte und eine politische Reaktion dringend notwendig ist?
12. Welche außen- und europapolitischen Reaktionen erwarten Sie, sollte Österreich mit seiner Ablehnung des 19. Sanktionspakets noch stärker isoliert werden?
13. Können Sie sich vorstellen dem 19. Sanktionspaket auch ohne Ausnahmeregelung für die RBI zuzustimmen?
14. Auf welcher Ebene gab es zwischen Ihrem Ressort und der RBI bzw. der STRABAG einen Austausch über die Formulierung der in Brüssel an die Ständigen Vertreter:innen verteilten Erläuterungen zum Ausnahmevorschlag?
15. Haben Vertreter:innen der RBI oder der STRABAG den österreichischen Vorschlag für die Erläuterungen zur Ausnahmeregelung gesehen, bevor dieser an unsere EU- Partner verteilt wurde?
[1] Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine: EU verabschiedet 18. Paket mit wirtschaftlichen und individuellen Sanktionen - Consilium