3658/J XXVIII. GP

Eingelangt am 14.10.2025
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten-schutz

betreffend Auswirkungen der ÖGK-Selbstbehalte auf Patienten

 

 

Mit 1. Juli 2025 hat die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) sogenannte „moderate Selbstbehalte“ für planbare Krankentransporte eingeführt. Damit sind erstmals Versicherte verpflichtet, bei medizinisch verordneten, aber nicht akuten Fahrten – wie etwa zu Fachärzten oder in Krankenhäuser – einen Kostenanteil selbst zu tragen. Der Selbstbehalt beträgt 7,55 Euro für Fahrten ohne sanitätsdienstliche Begleitung und 15,10 Euro für Transporte mit liegender oder begleiteter Beförderung. Ausnahmen bestehen lediglich für Kinder unter 15 Jahren, Patienten in Dialyse, Strahlen- oder Chemotherapie sowie für Personen mit Rezeptgebührenbefreiung. Außerdem ist die Zahl der Fahrten, für die ein Selbstbehalt eingehoben wird, auf 28 pro Jahr gedeckelt. Gerade weil Krankentransporte eine zentrale Voraussetzung für den Zugang zu medizinischer Versorgung darstellen, ist es dringend geboten, jede Form zusätzlicher Kostenbelastung auf ihre Vereinbarkeit mit sozialer Gerechtigkeit, dem Solidaritätsprinzip sowie den gesundheitlichen Auswirkungen für die betroffenen Versicherten zu überprüfen.[1]

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Wurden zu den eingeführten Selbstbehalt Sozial- und Finanzfolgen-abschätzungen durchgeführt?

a.  Wenn ja, mit welchen Ergebnissen in Bezug auf finanzielle Belastung von Versicherten?

b.  Wenn ja, mit welchen Ergebnissen hinsichtlich des Einsparpotenzials der ÖGK?

2.    Wie viele Versicherte gelten bundesweit als von der Rezeptgebührenbefreiung betroffen? (Bitte um Angabe nach Bundesland, Geschlecht und Alter)

3.    Welche Kriterien wurden im Detail herangezogen, um die Ausnahmen, insbesondere bei Dialyse, Chemotherapie, Strahlentherapie oder Kindern, zu legitimieren?

a.    Besteht die Möglichkeit, weitere vulnerable Gruppen einzubeziehen?

4.    Gibt es eine Evidenzlage oder wissenschaftliche Grundlage, die belegt, dass ein Selbstbehalt das Verhalten der Versicherten steuert, ohne dass notwendige Transporte unterbleiben?

5.    Wie werden die neuen Selbstbehalte den Versicherten kommuniziert (z.B. Informationsbrief, SMS, Hotline)?

6.    Gibt es bereits Daten für Juli und August 2025, die zeigen, ob sich die Anzahl der planbaren Krankentransporte verändert hat?

7.    Wird beobachtet, dass Menschen auf andere Verkehrsmittel ausweichen?

8.    Mit welcher Begründung wurde die Obergrenze von 28 Fahrten pro Jahr festgelegt?

9.    Gibt es Monitoring-Mechanismen, um mögliche negative Effekte auf vulnerable Gruppen zu erkennen und zeitnah reagieren zu können?

10. Sind ähnliche Modelle (mit Kostenanteilen für planbare Krankentransporte) in anderen EU-Ländern bekannt?

a.     Wenn ja, welche Erfahrungswerte wurden dabei gewonnen?

11. Inwiefern entspricht diese neue Regelung dem Prinzip der Solidarität und dem Gebot der Gleichbehandlung aller Versicherten?

12. Nach welchen Kriterien wurde entschieden, dass Dialyse-, Chemo- und Strahlentherapiepatienten ausgenommen sind, nicht aber andere regelmäßig behandlungsbedürftige chronische Erkrankungen (z.B. MS oder COPD)?

13. Warum gelten alle Kinder unter 15 Jahren als ausgenommen, nicht jedoch Jugendliche ab 15 Jahren, die ebenfalls regelmäßig medizinische Transporte benötigen könnten?

14. Welche Begründung liegt vor, dass Pflegeheimbewohner nicht ausdrücklich von den Selbstbehalten ausgenommen sind, obwohl diese oft mehrfach wöchentlich Transporte benötigen?

15. Gibt es Pläne, die Ausnahmeregelungen auf Menschen mit Behinderungen (z.B. Personen mit eingeschränkter Mobilität) auszuweiten?

16. Wie wird sichergestellt, dass Patienten mit seltenen Krankheiten, die regel-mäßige Spezialtransporte benötigen, nicht durch Selbstbehalte benachteiligt werden?

17. Inwieweit sollen pflegende Angehörige von Personen mit Demenz, geistiger Behinderung oder schweren psychischen Erkrankungen entlastet werden, wenn diese regelmäßig Begleittransporte in Anspruch nehmen müssen?

18. Liegen Daten vor, um die finanzielle Belastung der nicht ausgenommenen Gruppen zu quantifizieren?

19. Wird es eine regelmäßige Evaluation der Ausnahmeregelungen geben, um gegebenenfalls weitere Gruppen einzubeziehen?

20. Wie wird garantiert, dass Personen mit eingeschränkter finanzieller Leistungs-fähigkeit, die knapp nicht unter die Rezeptgebührenbefreiung fallen, nicht übermäßig belastet werden?

21. Plant Ihr Ministerium gemeinsam mit der ÖGK, die Ausnahmeliste dynamisch an die demografische und epidemiologische Entwicklung anzupassen?

a.  Wenn ja, in welchem Rhythmus?

22. Soll eine Möglichkeit zur Antragstellung auf Befreiung des Selbstbehalts für Krankentransporte geschaffen werden?

a.    Wenn ja, in welcher Ausgestaltung?

b.    Wenn nein, wieso nicht?



[1]    https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/?contentid=10007.906440 (abgerufen am 10.09.2025)