366/J XXVIII. GP

Eingelangt am 23.01.2025
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Johannes Gasser BA Bakk. MSc, Mag. Sophie Wotschke, Kolleginnen und Kollegen

an Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Umgehungsmöglichkeiten zur Inanspruchnahme der Schutzklausel für eine Korridorpension

Um die hohe Inflation der vergangenen Jahre auch am Pensionskonto abzugelten, führte Türkis-Grün für Pensionsantritte im Jahr 2024 erstmals die Schutzklausel in Höhe von 6,2 % ein. Die Schutzklausel erhöht außertourlich die jeweiligen Gesamtgutschriften des zweitvorangegangenen Jahres der Pensionskonten all jener Personen mit Pensionsantritt in dem Jahr, in welchem die Klausel gilt. Es handelt sich dabei somit um einen außertourlichen Erhöhungsbetrag, der in dieser Form nicht notwendig war und ist.

Normalerweise ist die Aufwertungszahl höher als der Anpassungsfaktor, da die Aufwertungszahl nicht nur die Inflation abgilt, sondern zum Beispiel auch Produktivitätssteigerungen abbildet. In Zeiten hoher Inflation - so wie in den vergangenen Jahren - war die Situation aber umgekehrt: Der Anpassungsfaktor war höher als die Aufwertungszahl. Eine Situation, die durchaus tragbar ist, da sie bisher nur sehr wenige Jahre betraf und in anderen Jahren ausgeglichen wurde. Die fiskalischen Kosten (Mehrausgaben abzüglich Mehreinnahmen) ebenjener Schutzklausel betragen gemäß der Budgetdienstanalyse "Fiskalische Wirkung der Pensionsbeschlüsse zwischen 2017 und 2023" (1) ca. 53 Mio. € im Jahr 2024 und steigern sich bis auf jährliche 114 Mio € im Jahr 2027. Selbstverständlich enden die Kosten hier aber nicht. Aufgrund des Zinseszinseffekts wirkt sich jener außertourliche Erhöhungsbetrag bis ans Lebensende - sprich, bis weit nach 2050 - auf die jeweiligen Auszahlungen aus.

Als ob die dadurch verursachten fiskalischen Kosten nicht ohnehin schon hoch genug wären, wurde in der Nationalratssitzung am 18.09.2024 eine Verlängerung der Schutzklausel in Höhe von 4,5 % um ein Jahr beschlossen. Einfach gesagt bedeutet das eine Ausweitung auf Pensionsantritte im Jahr 2025. Diese Verlängerung verursacht erneut hohe fiskalische Kosten - und das über Jahrzehnte (ca. 41 Mio. € nur im Jahr 2025 mit einer Entwicklung bis zu jährlichen 86 Mio. € im Jahr 2028).

Bei der Schutzklausel für Korridorpensionsantritte im Jahr 2024 implementierte Türkis-Grün zwei Varianten für den außertourlichen Erhöhungsbetrag: Entweder werden bis 31.12.2023 alle Voraussetzungen (notwendiges Alter + notwendige Versicherungsmonate) zum Antritt der Korridorpension erreicht oder die Voraussetzungen werden erst im Jahr 2024 erfüllt und gleichzeitig besteht im Jahr 2024 ein Anspruch auf Arbeitslosengeld- oder Notstandshilfe nach § 22 AIVG.

Im zweiten Szenario wurde somit der Erhalt der Schutzklausel an den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe nach § 22 AIVG vor Antritt der Korridorpension gekoppelt - und das, ohne dabei eine Mindestanzahl an Bezugstagen aus der Arbeitslosenversicherung zu definieren. Wer vor dem Stichtag der Korridorpension einen einzigen Tag arbeitslos gemeldet war und dafür Arbeitslosengeld beantragt hatte, fällt damit schon in diese Kategorie. Diese Umgehungsmöglichkeit wurde auch explizit von den Arbeiterkammern auf ihren Websites mittels einer entsprechenden Anleitung, wie man sich für diese außertourliche Aufbesserung qualifizeren kann (2), ausgeführt.

Diese Anleitung zum Ausnutzen möge gute Absichten haben, führt allerdings zu Zusatzausgaben für den Staat. Gerade weil wir aufgrund der derzeitigen budgetären und wirtschaftlichen Situation und der generellen hohen Pensionsausgaben (2024 flossen beinahe 29 % der Bundeseinnahmen in die Pensionen) Menschen dringend im Arbeitsprozess halten müssen. Den Antritt einer Korridorpension - und damit zu einer Frühpensionierungsmöglichkeit - attraktiver zu gestalten, unterläuft die notwendigen Bemühungen, das faktische Pensionsantrittsalter endlich merklich zu erhöhen und damit budgetäre Spielräume für die Budgetsanierung, Zukunftsinvestitionen und steuerliche Entlastung zu schaffen.

Quellen:

1.    https://www.parlament.gv.at/fachinfos/budgetdienst/Fiskalische-Wirkung-der-Pensionsbeschluesse-zwischen-2017-und-2023

2.    https://wien.arbeiterkammer.at/beratung/arbeitundrecht/pension/pensionshoehe/Schutzklausel-fuer-Pensionen-mit-Stichtag-2024.html

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


Anfrage:

1.    Wie viele Personen traten im Jahr 2024 die Korridorpension direkt nach einem Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe nach § 22 AIVG an und erhielten damit den außertourlichen Erhöhungsbetrag?

2.    Wie lange hatten die in Frage eins erfragten Personen im Durchschnitt Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe nach § 22 AIVG?

3.    Wie lange hatten die in Frage eins erfragten Personen im Median Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe nach § 22 AIVG?

4.   Wie viele der in Frage eins erfragten Personen hatten nachfolgende Tage Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe nach § 22 AIVG?

a.    Genau einen Tag

b.    Zwei bis sieben Tage

c.    Acht bis 14 Tage

d.    15 bis 31 Tage

e.    Mehr als 31 Tage und maximal 2 Kalendermonate

f.     Mehr als 2 Kalendermonate und maximal 3 Kalendermonate

g.    Mehr als 3 Kalendermonate

5.   Wie hoch war die Pension im Durchschnitt inkl. ebenjener Schutzklausel der in Frage eins erfragten Personen bei Pensionsantritt?

6.   Gegenüberstellung: Wie hoch wäre die Pension im Durchschnitt der in Frage eins erfragten Personen bei Pensionsantritt ohne Schutzklausel verglichen mit der Pension im Durchschnitt der in Frage eins erfragten Personen bei Pensionsantritt mit Schutzklausel gewesen?

7.   Wie hoch war die Pension im Median inkl. ebenjener Schutzklausel der in Frage eins erfragten Personen bei Pensionsantritt?

8.   Gegenüberstellung: Wie hoch wäre die Pension im Median der in Frage eins erfragten Personen bei Pensionsantritt ohne Schutzklausel verglichen mit der Pension im Median der in Frage eins erfragten Personen bei Pensionsantritt mit Schutzklausel gewesen?

9.   Mit welchen fiskalischen Kosten (Mehrausgaben abzüglich Mehreinnahmen) rechnet das BMSGPK aufgrund der in Frage eins erfragten Personen in den Jahren 2024, 2025, 2026 und 2027? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren.)

10. Ergänzende Frage: Wie viele Personen traten im Jahr 2024 nach nachfolgenden Tagen eine Langzeitversichertenpension direkt nach Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe (nicht notwendigerweise nach § 22 AIVG) an?

a.    Genau einen Tag

b.    Zwei bis sieben Tage

c.    Acht bis 14 Tage

d.    15 bis 31 Tage

e.    Mehr als 31 Tage und maximal 2 Kalendermonate

f.     Mehr als 2 Kalendermonate und maximal 3 Kalendermonate

g.    Mehr als 3 Kalendermonate

11. Ergänzende Frage: Wie viele Personen traten im Jahr 2024 nach nachfolgenden Tagen eine Alterspension direkt nach Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe (nicht notwendigerweise nach § 22 AIVG) an? (Bitte um Aufschlüsselung nach Geschlecht.)

a.    Genau einen Tag

b.    Zwei bis sieben Tage

c.    Acht bis 14 Tage

d.    15 bis 31 Tage

e.    Mehr als 31 Tage und maximal 2 Kalendermonate

f.     Mehr als 2 Kalendermonate und maximal 3 Kalendermonate

g.    Mehr als 3 Kalendermonate

Wir bitten höflichst um Weiterleitung der erfragten Daten im Excel-Format.