3689/J XXVIII. GP
Eingelangt am 16.10.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Jakob Schwarz, Markus Koza, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Kosten von Lohn- und Sozialdumping
Österreich muss sparen. Um die Staatsfinanzen wieder in den Griff zu bekommen hat die Bundesregierung ein Sparpaket geschnürt. Teil dieses Sparpakets ist laut Budgetbericht 2025 und 2026[1] auch ein Betrugsbekämpfungspaket. Dieses soll schon nächstes Jahr das Budget um 270 Mio. EUR entlasten. Bis 2029 sollen sogar mehr als 1,4 Mrd. EUR durch Betrugsbekämpfungsmaßnahmen ins Budget gespült werden. Insbesondere in Zeiten von starkem Spardruck ist es wichtig, dass alle ihren fairen Beitrag leisten und nicht manche sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichern. Im Budgetbericht selbst finden sich aber kaum Details dazu, wie Steuerbetrug in Zukunft wirksamer bekämpft werden soll.
Auf Nachfrage im Budgetausschuss wurden einige Möglichkeiten wie die Abschaffung des Vorsteuerabzugs bei Vermietung von Luxusimmobilien und die Ausweitung des Reverse-Charge-Verfahrens im Rahmen der Umsatzsteuer bei Grundstückslieferungen genannt. Auch sollen zukünftig EU-Datenquellen besser genutzt werden und eine Expert:innengruppe weitere Vorschläge ausarbeiten. Die Empfehlungen dieser Gruppe sollen bis Herbst 2025 vorliegen. Laut Medienberichten liegen erste Vorschläge vor, die koalitionsintern nun diskutiert werden.
Durch den Fokus auf Betrugsbekämpfung auf politischer Ebene haben auch die Wirtschaftskammer und die Arbeiterkammer Vorschläge aufgebracht, wie und wo der Staat gegen Betrugsbekämpfung vorgehen soll. Laut Wirtschaftskammer entsteht wirtschaftlicher Schaden durch Sozialmissbrauch bei Krankenständen. Die Höhe des Sozialmissbrauchs beziffert die Wirtschaftskammer mit rund 17 Mio. EUR jährlich.[2]
Die Arbeiterkammer wiederum hat selbst eine Stabsstelle zur Betrugsbekämpfung eingerichtet. Unternehmen versuchen durch Firmenkonstrukte, rückwirkende Abmeldungen, falschen Angaben über das Ausmaß der Arbeitszeit und gezielte Insolvenzen Löhne und Gehälter auf den Insolvenz-Entgelt-Fonds zu überwälzen, Arbeitnehmer:innen um ihre Löhne und Sozialleistungen zu bringen oder die Kosten für Personal der Arbeitslosenversicherung umzuhängen. Die Arbeiterkammer schätzt, dass die Kosten für den Staat durch diese Praktiken in Summe in die Milliarden gehen.[3] Die Finanzpolizei rechnet etwa damit, dass alleine Scheinfirmen in der Baubranche für den Staat einen Schaden von 350 Mio. EUR im Jahr verursachen.[4]
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Welche Vorschläge wurden von der Expert:innen Gruppe zum Thema Betrugsbekämpfung vorgelegt?
2) Wie viele Kontrollen von Unternehmen wurden seitens der Österreichischen Gesundheitskassa und der Finanzpolizei in den Jahren 2015-2025 durchgeführt? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren, Branchen und Bundesländern.
3) Wie hoch war der Anteil der überprüften Unternehmen an der Gesamtzahl der Unternehmen? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren (2015-2025) und Branchen sowie Bundesländern.
a. Wie hoch war in den jeweiligen Jahren der Anteil der Kontrollen nach dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz bei ausländischen Betrieben, die grenzüberschreitend Arbeitnehmer:innen entsenden oder überlassen, gemessen am Anteil aller ausländischen Betriebe, die grenzüberschreitend Arbeitnehmer:innen nach Österreich entsenden oder überlassen?
4) Wie werden im Vorfeld Risikoanalysen erstellt?
5) Gab es dabei Schwerpunktaktionen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?
6) Wie viele Verdachtsfälle haben sich bei den Kontrollen ergeben? Welcher Anteil der Kontrollen ergibt Verdachtsfälle?
7) Wie hoch waren die Strafen wegen Lohn- und Sozialdumping jährlich in den Jahren 2015-2025? Wie hoch waren die Strafen jährlich in den Jahren 2015-2025 jeweils im Verhältnis zum vorenthaltenen Entgelt? Bitte um Aufschlüsselung nach Branchen und Bundesländern.
8) Wie hoch waren die Strafen wegen Steuerbetrug jährlich in den Jahren 2015-2025? Bitte um Aufschlüsselung nach Branchen und Bundesländern.
9) Wie hoch waren die Strafen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz jährlich in den Jahren 2015-2025? Bitte um Aufschlüsselung nach Branchen und Bundesländern.
10) Inwieweit waren diese Strafen auch einbringbar? Wie hoch waren die nicht eingebrachten Beträge zwischen 2015 und 2025 jeweils jährlich?
a. Gibt es EU-Staaten, bei denen die grenzüberschreitende Vollstreckung oder Zustellung amtlicher Schriftstücke erschwert war?
b. Wenn ja, welche Staaten waren das und was waren die Gründe?
11) Inwieweit waren Strafen gegen Geschäftsführende einbringbar? In welcher Höhe konnten diese Strafen insgesamt nicht eingebracht werden?
12) Wie hoch war der Schaden an der öffentlichen Hand durch Entgang von Sozialversicherungsbeiträgen, Lohnnebenkosten und Steuern in den Jahren 2015-2025 jeweils jährlich?
13) Wie viele Unternehmen sind im Verwaltungsstrafregister nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bzw. dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz erfasst?
14) Wie viele Anzeigen gegen Unternehmen gab es nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bzw. dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz? Bitte jeweils aufgeschlüsselt für die Jahre 2015-2025 und nach Auslands,- und Inlandssachverhalten.
a. Bezogen auf die letzten 5 Kalenderjahre (2020 bis 2024) – wie viele Unternehmen wurden pro Jahr ins jeweilige Strafregister aufgenommen?
b. Wie viele dieser Unternehmen aus den letzten 5 Jahren haben (nach aktuellem Stand) mehr als 50 Arbeitnehmer:innen?
c. Wie viele Unternehmen wurden wegen mangelnder Zuverlässigkeit in einem Vergabeverfahren (siehe insbesondere § 83 Bundesvergabegesetz) infolge von Verstößen gegen das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz ausgeschlossen? Wie viele Unternehmen wurden wegen mangelnder Zuverlässigkeit in einem Vergabeverfahren (siehe insbesondere § 83 Bundesvergabegesetz) infolge von Verstößen gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgeschlossen?
15) Wie viele Überlasser werden insolvent? Wie viele Arbeitnehmer:innen betrifft das? In welcher Höhe werden insgesamt Mittel aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds als Entgelt an die Arbeitnehmer:innen ausgeschüttet? Bitte um aufgeschlüsselte Darstellung für die Jahre 2015-2025.
16) Gibt es Geschäftsführende, die in mehr als eine solche Insolvenz (von Überlassern) involviert sind bzw. waren? Wenn ja, um wie viele Personen handelt es sich hierbei und bei wie vielen insolventen Gesellschaften waren diese geschäftsführend tätig? Wie viele von diesen Geschäftsführenden sind bzw. waren auch Gesellschafter der insolventen Gesellschaften?
17) Wie hoch war der Mittelbestand des Insolvenz-Entgelt-Fonds Mitte des Jahres 2025?
18) Wird der Mittelbestand des IEF aus Sicht Ihres Ressorts ausreichen, um alle Ansprüche für die Jahre 2025 und 2026 abzudecken?
19) Nach Hochrechnungen des Amtes für Betrugsbekämpfung werden pro Jahr alleine im Baubereich rund 800 Millionen Euro an Barbehebungen getätigt, von denen ein Großteil als Nettolohn schwarz ausbezahlt werden. Laut Finanzpolizei entgehen dem Staat so jährlich circa 350 Millionen Euro an Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen.[5]
a. Gibt es dazu aktuellere Zahlen?
b. Auf welche Höhe werden die Barabhebungen im Bereich der Reinigung, des Bewachungsgewerbes und im Kleintransportgewerbe jeweils geschätzt?
c. Welchen Schaden an entgangenen Sozialversicherungsbeiträgen verursacht das jeweils?
d. Welchen Schaden an entgangener Lohnsteuer verursacht das jeweils?
e. Welchen Schaden an entgangenen Lohnnebenkosten verursacht das jeweils?
[1] https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:ddbd001e-bee2-49c1-a013-f406cb9d4192/Strategiebericht_2025-2028_2026-2029_Budgetbericht_2025_2026_Beschluss.pdf
[2] https://www.derstandard.at/story/3000000288086/betrugsbek228mpfung-wk214-zielt-gegen-sozialmissbrauch
[3] https://www.derstandard.at/story/3000000289144/zu-wenig-lohn-falsche-angaben-ak-fordert-massnahmen-gegen-sozialbetrug
[4] https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/19913164/finanzpolizei-chef-haben-bereits-mehr-scheinfirmen-als-2024-aufgedeckt
[5] ebenda