3843/J XXVIII. GP
Eingelangt am 24.10.2025
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ANFRAGE
der Abgeordneten Nicole Sunitsch
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Aktenrückstände und Verfahrensdauer
Viele Menschen warten oft sehr lange auf Entscheidungen der Gerichte und Staats-anwaltschaften; das belastet Opfer, Familien und Betriebe und schwächt das Vertrauen in die Justiz. Die offiziellen Kennzahlen des Bundesministeriums für Justiz weisen eine hohe Zahl an Geschäftsfällen aus und eine anhaltend knappe Entlastung durch Erledigungen.[1]
Jahresberichte geben Trends gut wieder; für eine laufende Steuerung reichen sie aber nicht aus, weil die Sicht je Quartal und je Standort fehlt. Für ein aktuelles Lagebild bräuchte es quartalsweise Zahlen zu Aktenstand, Eingängen, Erledigungen und Verfahrensdauer je Gericht und je Staatsanwaltschaft mit klaren Definitionen und Stichtagen, damit die Werte vergleichbar sind. Median, Quartile und Perzentile zeigen die typische Dauer und machen Ausreißer sichtbar; so werden Abweichungen vom Bundesschnitt und strukturelle Probleme sicht- und erkennbar.[2] Maschinenlesbare Daten (CSV/XLSX) ermöglichen darüber hinaus eine schnelle Auswertung und stärken Transparenz und Kontrolle.
Auch das Wirkungscontrolling des Bundes verlangt überprüfbare Kennzahlen für die Erreichung der Wirkungsziele[3] und bedarf es daher klarer Quartalskennzahlen, eines nachvollziehbaren Abbaupfades und überprüfbarer Zwischenziele.
In diesem Zusammenhang richtet die unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Justiz nachstehende
Anfrage
1. Welche Definitionen und Stichtage gelten für Aktenstand, Eingänge, Erledigungen und Verfahrensdauer je Gericht und Staatsanwaltschaft?
a. Wie lautet die Definition für „Aktenstand“?
i. Welcher Stichtag gilt und wie werden nachträgliche Korrekturen erfasst?
b. Welche Definitionen gelten für „Eingänge“ und „Erledigungen“?
i. Wie wird gezählt und wie werden Rücknahmen, Übertragungen und Mehrfachzählungen abgegrenzt?
c. Wie wird die Erledigungsquote berechnet?
i. Welche Formel und welche Rundungsregeln werden verwendet?
d. Wie wird die Verfahrensdauer gemessen?
i. Zwischen welchen Zeitpunkten wird gemessen und wie werden Median, Mittelwert, Quartile 25/50/75 und das 90-Perzentil gebildet?
2. Wie lauten je Gericht die Quartalsdaten für Q1-Q4/2024 und Q1-Q3/2025 betreffend
a. Aktenstand zu Quartalsbeginn und -ende je Gattung (Zivil, Außerstreit, Grundbuch, Firmenbuch, Exekution, Insolvenz, Rechtsmittel, Strafsachen)
i. Welche Gattungsdefinitionen verwendet das Ressort?
b. Eingänge je Quartal und Gattung
c. Erledigungen je Quartal und Gattung
d. Erledigungsquote je Quartal und Gattung
e. Welche Gerichte zeigen über mehrere Quartale anhaltende Differenzen zwischen Eingängen und Erledigungen?
3. Wie lange dauern je Gericht die Verfahren in diesen Gattungen nach:
a. Median, Mittelwert, Quartile 25/50/75 und 90-Perzentil je Quartal (Tage)
b. Anteile erledigter Verfahren mit Dauer > 12, > 24 und > 36 Monate je Quartal
c. Anteile anhängiger Verfahren mit bisheriger Dauer > 12, > 24 und > 36 Monate je Quartal
d. Welche sachlichen und welche strukturellen Gründe nennt das Ressort für überlange Verfahren?
4. Wie lauten je Staatsanwaltschaft (inkl. WKStA) die Quartalsdaten für Q1–Q4/2024 und Q1–Q3/2025 nach:
a. Aktenstand zu Quartalsbeginn und -ende je Quartal
i. Welche Abgrenzungen gelten für ruhende oder delegierte Verfahren?
b. Eingänge je Quartal
c. Erledigungen je Quartal
d. Erledigungsquote je Quartal
e. Ausweisung nach Deliktgruppen, sofern verfügbar
f. Zahl der Fälle mit Überlänge oder Fristüberschreitung und den dazu gesetzten Steuerungsmaßnahmen.
5. Warum liegen Gerichte und Staatsanwaltschaften in Q3/2025 deutlich über dem Bundesschnitt bei Aktenstand, Erledigungsquote oder Median der Verfahrensdauer?
a. Welche 10 Gerichte und 10 Staatsanwaltschaften hatten von Q4/2024 bis Q3/2025 den stärksten Zuwachs beim Aktenstand?
i. Bis wann ist der Abbaupfad vorgesehen?
b. Welche Ressourcen- und Digitalisierungsmaßnahmen setzt das Ressort seit 2024 (z. B. E-Akte, Verfahrensautomation, Geschäftsstellen-Kapazität)?
6. Welche Wirkungsziele und internen Zielwerte gelten für die Verfahrensdauer?
a. Wie ist die Zielerreichung für 2024 und die Zwischenstände 2025 dokumentiert?
b. Werden die vollständigen Quartalsdaten maschinenlesbar (CSV/XLSX) veröffentlicht (inkl. Felder: Standort, Gattung, Quartal, Aktenstand_Beginn, Aktenstand_Ende, Eingänge, Erledigungen, Median, Q25, Q50, Q75, P90)?
[1] https://www.justiz.gv.at/justiz/daten-und-fakten.8ab4a8a422985de30122a920842862de.de.html (aufgerufen am 10.10.2025)
[2] https://www.justiz.gv.at/justiz/daten-und-fakten/taetigkeit-der-gerichte-und-staatsanwaltschaften.1e6.de.html (aufgerufen am 10.10.2025)
[3] https://wirkungsmonitoring.gv.at/wirkungsziel-detail/2024-bmj-ug-13-w0003/ (aufgerufen am 10.10.2025)