Eingelangt am 03.02.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Martina von
Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen
an Bundesminister für
Bildung‚ Wissenschaft und Forschung
betreffend "Digitale
Schule": Mängel und Herausforderungen
Digitale Prozesse und
Künstliche Intelligenz sind ein selbstverständlicher Teil unseres
Lebens geworden. Auch für die Schule stellt sich nicht mehr die Frage, ob
sondern auf welche Weise und mit welchen Ergebnissen, digitale Tools und KI
verwendet werden. Werden sowohl Lern- als auch Verwaltungsprozesse vereinfacht
und unterstützt, sodass das System Schule mittels Digitalisierung
insgesamt erfolgreicher wird? Oder laufen die Bemühungen ins Leere, weil
sie schlecht durchdacht sind oder inkonsequent umgesetzt werden?
Im Bereich des Lernens erproben die
Schulen diverse Tools, oft aufgrund der Initiative einzelner Lehrpersonen. Im
Bereich der Schulverwaltung dagegen sind die Systeme vorgegeben, hier werden
allerdings zumeist alte und ineffiziente Systeme genutzt. Parallel wird viel
über analoge Systeme (zB Schülerstammblatt) verwaltet, vielfach
werden auch Daten auf Papier bearbeitet und dann als Scan weiterverarbeitet.
Sowohl im Bereich der
Schulverwaltung als auch im Bereich des Unterrichts besteht Grund zur Sorge,
dass Potenziale nicht genutzt werden, Steuergeld verschwendet wird und der
Bildungserfolg der Kinder und Jugendlichen nicht im Fokus steht:
- In der Schulverwaltung - deren Aufgabe es ist,
bestmögliche Rahmenbedingungen für das Lehren und Lernen zu
schaffen - behindern veraltete Workflows, Doppelgleisigkeiten,
ungelöste Schnittstellenprobleme und mangelhafte Usability ein
effizientes Arbeiten. Unzählige Arbeitsstunden der Lehrkräfte
und Schulleitungen versanden in bürokratischen Tätigkeiten,
statt Wirkung bei den Schüler:innen zu entfalten.
- Für den Unterricht wurden die Schulen mit W-LAN
ausgestattet und digitale Endgeräte für alle Schüler:innen
der Mittelschulen und AHS angeschafft. Gleichzeitig blieb aber die
Schulbuchaktion weiterhin auf statische Medien wie gedruckte Bücher
und E-Books ausgerichtet und es wurde kein Budgettopf für
interaktive, adaptive und KI-gestützte, individualisierte digitale
Lernprogramme nach österreichischem Lehrplan geschaffen. Der
Hardware-Investition steht keine adäquate Investition in Software,
Content und Lehrkräfte-Fortbildung gegenüber, sodass die
Geräte oft wenig - oder wenig sinnvoll - genutzt werden.
Die
Schulqualitätsmanager:innen haben in der Regel kein Fachwissen zu
digitalen Hilfsmitteln für Unterricht und Verwaltung, meist kennen sie
nicht einmal alle Schulverwaltungsprogramme. Es ist fraglich, ob sie als
sinnvolle Schnittstelle zwischen Schule und Behörde fungieren, was die
Mängel und Herausforderungen im Bereich der "Digitalen Schule"
betrifft.
Die unterfertigten Abgeordneten
stellen daher folgende
Anfrage:
I.
Digitalisierung der Schulverwaltung
- Bitte geben Sie einen Überblick, welche
Maßnahmen in den letzten fünf Jahren gesetzt wurden, um die
Digitalisierung der Schulverwaltung in Österreich voranzutreiben.
- Welche finanziellen Mittel wurden in den letzten
fünf Jahren für die Digitalisierung der Schulverwaltung
bereitgestellt? Bitte um Aufgliederung nach Jahren und nach Sach- und
Personalaufwand.
- Für welche der folgenden Personengruppen gab es
in den letzten fünf Jahren verpflichtende Fortbildungsmaßnahmen
zur digitalen Schulverwaltung? Bitte ggf. um Beschreibung der
Maßnahmen bzw. wenn möglich um Unterscheidung nach Schularten.
- Schulleiter:innen
- Verwaltungspersonal in den Schulen
- Lehrer:innen
- Schulqualitätsmanager:innen
- Verwaltungspersonal in Bildungsdirektionen
- Für welche der folgenden Personengruppen gab es
in den letzten fünf Jahren optionale Fortbildungsmaßnahmen zur
digitalen Schulverwaltung? Bitte ggf. um Beschreibung der Maßnahmen
bzw. wenn möglich um Unterscheidung nach Schularten.
- Schulleiter:innen
- Verwaltungspersonal in den Schulen
- Lehrer:innen
- Schulqualitätsmanager:innen
- Verwaltungspersonal in Bildungsdirektionen
- Die Schulen arbeiten in der Verwaltung mit zwei
Dutzend verschiedenen Plattformen, Datenbanken und Apps. Das erschwert die
Arbeit und führt zu Mehrfacheingaben und Schnittstellenproblemen.
- Ist es geplant, die Datenbanken und
Verwaltungsprogramme in ein umfassenderes System zu integrieren? Wenn ja,
welche der folgenden Aufgabenbereiche, für die es derzeit jeweils
eine eigene Plattform, Datenbank oder App gibt, sollen integriert werden
und mit welchem Zeitplan?
- Bewerbungsdatenbank ("Get-your-teacher")
- Lehrer:innen-Datenverwaltung
- Verwaltung von Schüler:innen- und Elterndaten
auf Bundesebene
- Verwaltung von Schüler:innen- und Elterndaten
auf Landesebene
- Erstellung von Stundenplänen
- Kommunikation von Supplierungen und Entfällen
- Eingabe von Schulnoten
- Administration von Testungen wie IKMPLUS und
PISA
- Verwaltung der abschließenden Arbeiten
("ABA-Portal")
- Bestellung von Schulbüchern und digitalen Lehr-
und Lernmitteln
- Administration von "Schulveranstaltungen"
(Ausflügen, Reisen) und Fahrtkosten
- Versand von Formularen zwischen Schule und
Bildungsdirektion
- Div. Datenübermittlungen an BMBWF und
Bildungsdirektionen per Excel-Datei
- Anmeldung zu Fortbildungen (mehrere PH-Datenbanken)
- Rechnungsführung und Buchhaltung (HV-SAP)
- Formularservice des BRZ
- BBG-Portal (Bundesbeschaffung)
- Sommerschul-Verwaltungs-App
- Plattformen zur Administration von nationalen und
internationalen Projekten (OeAD, Ersamus+)
- IQES-Portal (Qualitätsmanagement-System)
- Digitale Kommunikation mit den Eltern
("Mitteilungsheft"-Apps)
- Digitale Kommunikation zwischen Lehrer:innen und
Schüler:innen
- Zwischen welchen der genannten Plattformen,
Datenbanken und Apps gibt es bereits friktionsfreie Schnittstellen, die
eine automatisierte Übernahme und Weiterverwendung von Daten
ermöglichen?
- Zwischen welchen der genannten Plattformen,
Datenbanken und Apps ist geplant, solche Schnittstellen einzurichten und
bis wann?
- In welchen Fällen scheitert die Übernahme
und Weiterverwendung von Daten nicht an technischen, sondern an
rechtlichen Barrieren, und welche rechtlichen Barrieren sind dies
ggf.?
- Ist eine Schnittstelle mit automatischem
Datenabgleich mit dem Zentralen Melderegister (ZMR) geplant, sodass die
Aktualisierung von Schüler:innen- und Elterndaten bei
Übersiedlungen nicht mehr Aufgabe der Lehrer:innen
(Klassenvorstände) wäre?
- Verfügt das BMBWF über ein Verzeichnis der
Workflows in der Verwaltung, die bisher digitalisiert wurden? Wenn ja, wie
ist dieses beschaffen und wer kann dieses nutzen? Wenn nein, ist geplant
ein solches Verzeichnis zu erstellen und den mit Verwaltungsaufgaben
befassten Personengruppen zur Verfügung zu stellen?
- für den Bereich der Bundesschulen
- für den Bereich der Landesschulen
- Welche Workflows wurden bisher im Zuge der
Digitalisierung auf ihre Effizienz überprüft und vereinfacht?
Welche weiteren Schritte sind diesbezüglich geplant?
- Ist geplant, Abläufe, die Redundanzen und
Medienbrüche aufweisen, vollständig zu digitalisieren und zu
automatisieren? Wenn ja, bis wann?
i. Ist
es zutreffend, dass jede Lehrkraft, die privat an eine andere Wohnadresse
zieht, derzeit dazu angehalten ist, die digitale Meldebestätigung
auszudrucken, ein Formular mit vielen redundanten Daten, die ohnehin auf der
Meldebestätigung stehen, auszufüllen, dieses von der Schulleitung
unterschreiben zu lassen, damit das Formular dann samt Meldebestätigung
eingescannt und per E-Mail weitergeschickt wird und schließlich jemand in
der Bildungsdirektion die Daten abtippt, um sie neuerlich digital zu erfassen?
- Ist geplant, dass in den Schulen digitale Signaturen
zum Einsatz kommen, die in allen digitalen Workflows Schulstempel und
händische Unterschriften ersetzen, damit das Ausdrucken und
Einscannen von Formularen obsolet wird? Wenn ja, bis wann? Wenn nein,
warum nicht?
- Ist es zutreffend, dass in den Schulen nach wie vor
für jede:n Schüler:in ein Stammdatenblatt aus Karton zu
führen ist? Gibt es Überlegungen oder Pläne, die
langfristige Archivierung und technikunabhängige Lesbarkeit der
Archive auf andere Weise sicherzustellen oder die Herstellung des
Papier-Archivs zu automatisieren?
- Ist geplant, PDF-Formulare in der Schulverwaltung
schrittweise abzuschaffen und stattdessen eine integrierte, digitale Plattform
zu betreiben, sodass Verwaltungsaufgaben automatisiert werden und dem
System bereits bekannte Daten wie Name, Adresse, Geburtsdatum, Schule,
Schulkennzahl etc. nirgends ein zweites Mal eingegeben werden müssen
("only-once-Prinzip")? Wenn ja, bis wann?
- Ist geplant, für das BMBWF und die
Bildungsdirektionen eine moderne, zentralisierte Wissensdatenbank mit
Schlagwortsystem zu etablieren, die den Schulen für ihre
Verwaltungsaufgaben alle relevanten Informationen, Prozesse,
Entscheidungsketten und Kontaktdaten übersichtlich zugänglich
macht?
- Wenn ja, bis wann?
- Wenn nein, warum nicht?
- Ist zum Zweck des Wissensmanagements angedacht, in den
Bildungsdirektionen Fachkräfte mit einer entsprechenden Ausbildung
einzustellen oder Mitarbeiter:innen der Bildungsdirektionen dahingehend zu
qualifizieren?
- Wie ist der Umsetzungsstand des Projekts
"Bildungsportal", das das gescheiterte Projekt "Portal
Digitale Schule" abgelöst hat?
- Welche Technologie wird eingesetzt und wie erfolgte
die Technologieauswahl?
- Welche Funktionalitäten wurden bisher umgesetzt?
- Welche externen Dienste sind an das Portal
angebunden?
- Wie wird das Portal genutzt, wie viele
Webseitenaufrufe (Unique Clients und Page Impressions) gab es in den
letzten 12 Monaten jeweils?
- Wie oft wurde das Portal in den letzten 12 Monaten
für die Anmeldung genutzt? Bitte um Aufgliederung nach Anmeldungen
pro Rolle: Schulleiter:in, Lehrer:in, Schüler:in,
Elternteil/Erziehungsberechtigte:r.
- Welche Kosten sind bisher für das Projekt
angelaufen?
- Welche externen Unternehmen waren mit welchen
Honorarsummen bisher für das Projekt tätig? Wie wurden die
Unternehmen ausgewählt?
- Welche Schritte sind als nächstes geplant, mit
welchem Zeitplan?
- Wie wird sichergestellt, dass Datenschutz und
digitale Souveränität gewahrt bleiben?
- Wie hoch sind die Kosten für den Betrieb aller
Verwaltungs-Datenbanken, -Systeme und -Apps für den Schulbereich?
- für den Bund
- für die einzelnen Bundesländer
II. Digitalisierung des Unterrichts
- Ist der 8-Punkte-Plan Digitale Schule, der im Jahr
2020 vorgestellt wurde und dessen Umsetzung bis 2024 laufen sollte1, aus
Ihrer Sicht vollständig umgesetzt?
- Wenn nein, was wurde ggf. anders oder bisher nicht
zur Gänze umgesetzt?
- Wie wurde die Umsetzung gesteuert und evaluiert?
Welche Maßnahmen wurden im Laufe der Umsetzung angepasst?
- Wieviel Prozent der Lehrer:innen an Bundesschulen
haben seit 2020 eine oder mehrere Fortbildungen im Bereich digitaler
Unterrichtsmethoden absolviert?
- aufgeschlüsselt nach Schuljahren
- aufgeschlüsselt nach Bundesländern
- insgesamt
- Wieviel Prozent der Lehrer:innen an Landesschulen
haben seit 2020 eine oder mehrere Fortbildungen im Bereich digitaler
Unterrichtsmethoden absolviert?
- aufgeschlüsselt nach Schuljahren
- aufgeschlüsselt nach Bundesländern
- insgesamt
- Gibt es, über die einzelnen
Fortbildungsveranstaltungen hinausgehend, ein Fortbildungscurriculum,
einen Stufenplan oder Ähnliches, mit dem die Fort- und Weiterbildung
von Lehrer:innen im Bereich digitaler Didaktik systematisiert und
gefördert wird?
- Wieviel Prozent der Lehrer:innen sind seit 2020
insgesamt mit einem persönlichen digitalen Endgerät als
Arbeitsmittel ausgestattet worden?
- Bundeslehrer:innen
- Landeslehrer:innen
- Wieviel Prozent der Schüler:innen der 5.
Schulstufe sind im laufenden Schuljahr im Rahmen der Endgeräte-Initiative
mit einem digitalen Endgerät ausgestattet worden?
- aufgegliedert nach Schularten
- aufgegliedert nach Bundesländern
- insgesamt
- Wieviel Prozent der an die Schulen ausgelieferten
digitalen Endgeräte wurden bisher nicht in Betrieb genommen und wie
viele sind das in absoluten Zahlen? Bitte um Darstellung nach Schularten
und Bundesländern.
- Endgeräte für Schüler:innen
- Endgeräte für Lehrer:innen
- Gibt es ein Monitoring seitens des BMBWF, was die
Nutzung der Geräte betrifft?
- Wie ist dieses ausgestaltet?
- Welche Erkenntnisse hat es bisher hervorgebracht?
- Welche Schritte werden gesetzt, wenn Geräte
ungenutzt bleiben?
- Wieviele Lernapps (aufgegliedert nach
Unterrichtsfächern und Schulstufen) wurden bisher mit dem
Gütesiegel für Lernapps zertifiziert?
- Gibt es seitens des BMBWF Pläne, ein
einheitliches Bildungsmedien-Approbationsverfahren zu etablieren, das
sowohl statische Lehr- und Lernmittel (Bücher, E-Books) als auch
interaktive Lehr- und Lernmittel (Apps, Programme) umfasst? Wenn ja, mit welchem
Zeitplan?
- Gibt es seitens des BMBWF im Zusammenwirken mit dem
BKA Pläne, die Schulbuchaktion dahingehend zu reformieren, dass
statische Lehr- und Lernmittel (Bücher, E-Books) und interaktive
Lehr- und Lernmittel (Apps, Programme) gleichberechtigt finanziert werden?
Wenn ja, mit welchem Zeitplan?
- Wie wird sichergestellt, dass Schüler:innen (auch
in der Sekundarstufe 2) unabhängig vom sozioökonomischen Status
ihrer Eltern ausreichend Zugang zu Hardware, Software und Content für
digitales Lernen haben?
- Wird im Schulbau (Neubau und Sanierungen) bei
Bundesschulen sichergestellt, dass die Arbeitsplätze der
Schüler:innen mit Steckdosen ausgestattet sind, was bei
Schulgebäuden im Bestand nicht der Fall ist?
- Gibt es Begleitforschungen oder Evaluierungen zur
Effektivität des digitalen Unterrichts?
- Wenn ja, welche Ergebnisse konnten bislang erzielt
werden?
- Wenn nein, ist zukünftig eine Evaluierung
geplant?
1)
vgl. https://digitaleslernen.oead.at/fileadmin/Dokumente/digitaleslernen.oead.at/Dokumente_fuer_News/201015-4_Folder_Digitale_Schule_DINlang_A4_BF.pdf