3880/J XXVIII. GP

Eingelangt am 30.10.2025
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten-schutz

betreffend Etablierung von Peer-Beraterinnen und Peer-Mitarbeiterinnen in Frauenhäusern und Gewaltschutzeinrichtungen

 

 

In der Gewaltprävention und Unterstützung von Frauen, die von Gewalt betroffen sind, haben sich Peer-Ansätze – also die Einbindung von Personen mit eigener, reflektierter Gewalterfahrung – international als wertvolles ergänzendes Element erwiesen.

 

Peer-Beraterinnen können durch geteilte Erfahrung Vertrauen schaffen, den Zugang zu Hilfsangeboten erleichtern, Empowerment fördern und zum Abbau von Stigmatisierung beitragen. Sie werden in einigen europäischen Ländern (z.B. Großbritannien, Niederlande, Schweden) bereits systematisch in Frauenhäusern, Schutzeinrichtungen und Beratungsstellen eingesetzt.

 

In Österreich mangelt es an einheitlichen Regelungen zur Tätigkeit von Peer-Mitarbeiterinnen in Frauenhäusern. Auch hinsichtlich Ausbildung, Qualifikations-anforderungen, Supervision, Entlohnung, Finanzierung und rechtlicher Stellung besteht Unklarheit.

 

Während beispielsweise in Oberösterreich im Rahmen des Oö. Chancengleichheits-gesetzes[1] (§§ 45ff Oö. Sozialberufegesetz[2]) bereits formalisierte Ausbildungs- und Entschädigungsmodelle für Peer-Beratung existieren, sind solche Strukturen im Bereich des Gewaltschutzes bislang kaum vorhanden.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet die unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende

 


 

Anfrage

 

  1. Wie viele Frauenhäuser, Gewaltschutzzentren und vergleichbare Einrichtungen existieren derzeit in Österreich? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland)
  2. Wie hoch sind die jährlichen Bundesmittel, die derzeit für Frauenhäuser und Gewaltschutzzentren bereitgestellt werden?

3.    In wie vielen dieser Einrichtungen werden derzeit Peer-Beraterinnen oder Peer-Mitarbeiterinnen mit eigener Gewalterfahrung beschäftigt oder eingebunden? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland)

4.    Wie viele dieser Peer-Mitarbeiterinnen sind:

a.    hauptamtlich angestellt,

b.    ehrenamtlich tätig,

c.    projektbezogen oder im Rahmen von Förderprogrammen beschäftigt?

5.    Gibt es seitens des Bundes oder der Länder eine Definition oder Richtlinie, was unter „Peer-Beratung“ im Kontext von Frauenhäusern bzw. Gewaltschutzarbeit zu verstehen ist?

6.    Welche Mindestvoraussetzungen (z.B. Ausbildung, Schulung, persönliche Eignung, Supervision) müssen Peer-Mitarbeiterinnen in diesen Einrichtungen erfüllen?

7.    Gibt es anerkannte oder empfohlene Ausbildungsprogramme für Peer-Beraterinnen im Bereich Gewaltschutz oder Frauensozialarbeit, die seitens des Bundes unterstützt oder zertifiziert werden?

a.    Wenn ja, wie viele Personen haben diese Ausbildung bisher abgeschlossen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr und Bundesland)

b.    Wenn ja, welche Ausbildungsstätten bieten diese Lehrgänge an?

8.    Plant Ihr Ministerium, ein österreichweit einheitliches Curriculum oder Zertifikat für Peer-Beraterinnen im Frauenhaus-Kontext zu etablieren (analog den Regelungen im Oö. Sozialberufegesetz §§ 45 ff)?

9.    Welche Qualitäts- und Sicherheitsstandards gelten für den Einsatz von Peer-Mitarbeiterinnen in Frauenhäusern (z.B. Schweigepflicht, Datenschutz, Supervision, Abgrenzung der Rolle gegenüber Fachpersonal)?

10. Werden Peer-Beraterinnen in bestehenden Qualitätsrichtlinien oder Förderkriterien der Frauenhäuser berücksichtigt?

a.    Wenn ja, inwiefern?

11. Gibt es derzeit bundes- oder landesfinanzierte Pilotprojekte, Modellvorhaben oder Studien, die Peer-Support im Gewaltschutzbereich erproben oder evaluieren?

a.    Wenn ja, welche Einrichtungen nehmen daran teil?

b.    Wenn ja, welche Ergebnisse liegen vor?

c.    Wenn nein, sind solche angedacht?

12. Wie werden Peer-Mitarbeiterinnen aktuell finanziert (z.B. durch Basisförderung der Frauenhäuser, Sonderprojekte, Landesmittel, EU-Programme)?

13. Werden EU-Fördermittel für Peer-Projekte im Bereich Gewaltschutz beantragt oder kofinanziert?

14. Gibt es Vorgaben oder Empfehlungen zur Entlohnung bzw. Aufwands-entschädigung von Peer-Beraterinnen im Gewaltschutzbereich?

15. Plant Ihr Ministerium, Peer-Support in Frauenhäusern und Gewaltschutz-zentren strukturell und finanziell stärker zu verankern?

a.    Wenn ja, inwieweit?

16. Gibt es wissenschaftliche Kooperationen oder Forschungsprojekte, die den Einsatz von Peer-Beratung im österreichischen Gewaltschutzsystem untersuchen?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, sind solche in Planung?

17. Plant Ihr Ministerium, den Peer-Ansatz als Element der Umsetzung der Istanbul-Konvention (insbesondere Art 18 und 22: Unterstützung, Empower-ment und spezialisierte Dienste) systematisch zu fördern oder gesetzlich zu verankern?

18. Wird geprüft, erfolgreiche Modelle aus anderen europäischen Ländern (z.B. „Survivor Advocates“ in Großbritannien oder „Ervaringsdeskundigen“ in den Niederlanden) auf Österreich zu übertragen?



[1]    https://www.land-oberoesterreich.gv.at/39501.htm (aufgerufen am 20.10.2025)

[2]    https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LROO&Gesetzesnummer=20000528 (aufgerufen am 20.10.2025)