3893/J XXVIII. GP

Eingelangt am 05.11.2025
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Anfrage

 

der Abgeordneten Süleyman Zorba, Freundinnen und Freunde

an den Bundeskanzler

betreffend Gibt es Kontakte zu Dream Security in Ihrem Ministerium?

BEGRÜNDUNG

 

Im Juli 2025 wurde von der österreichischen Bundesregierung die Messenger-Überwachung beschlossen. Völlig offen ist dabei aber noch immer, welche Software für die Überwachung von Messenger-Nachrichten und für die Infiltration von Endgeräten zu diesem Zweck zum Einsatz kommen soll.

Im August hat der Innenminister die Verfünffachung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum verkündet. In der jüngst vorgelegten Novelle zur StVO ist die Ermöglichung kamerabasierter Zufahrtskontrollen vorgesehen.

Derartige Überwachungsmaßnahmen der österreichischen Bundesregierung haben massive Auswirkungen auf die Grundrechte der österreichischen Bevölkerung und resultieren in einem Zielkonflikt mit den positiven staatlichen Schutzpflichten für die Privatsphäre der Österreicherinnen und Österreicher.

Gleichzeitig sehen wir eine massive Zunahme von Cybersicherheits-Vorfällen, sowohl durch mutmaßlich staatliche Akteure als auch durch Kriminelle. Die Umsetzung der NIS2 Cybersicherheits-Richtlinie steht hierzulande noch immer aus.

Angesichts dieser unsicheren Gesamtsituation besteht ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an Transparenz, welche Software-Applikationen hier zum Einsatz gebracht werden sollen und welche Anbieter von der österreichischen Bundesregierung beauftragt werden sollen.

Wie durch einen Profil-Bericht vom 21. Oktober bekannt wurde, hat Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz, mittlerweile Unternehmer und ua Mit-Gründer des Cybersicherheits-Unternehmens Dream Security[1], Minister mehrerer Länder, arabische Royals, den österreichischen Staatssekretär für Digitalisierung, Alexander Pröll, und milliardenschwere Investoren zu einem 4-tägigen Austausch nach Seefeld in Tirol eingeladen.[2]

Kurz-Geschäftspartner und Dream-Mitgründer Shalev Hulio, Ex-CEO der Spionagefirma NSO, die für die Spähsoftware Pegasus verantwortlich gemacht wird, war ebenso anwesend. Pegasus ist jene Spionagesoftware, die von Regierungen – auch von EU-Mitgliedsstaaten (zB Ungarn) – gegen ihre Bürger:innen, Opposition und Journalist:innen zu politischen Zwecken eingesetzt wurde.[3]

Am Vormittag und Nachmittag der 4-tägigen Veranstaltung gab es offenbar Keynotes und Diskussionen, mitgereiste Familien konnten währenddessen ein Familienprogramm wahrnehmen.

Das griechische Verteidigungsministerium sah den Besuch des griechischen Verteidigungsministers bei dieser Veranstaltung offenbar als beruflicher Natur an – dementsprechend wurde auch auf der Ministeriums-Website darüber berichtet.

Digitalisierungs-Staatssekretär Alexander Pröll erklärte hingegen, „rein privat“ an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben.[4]

Sebastian Kurz ist bei Dream Security als VP Business Development tätig und für den Aufbau von Beziehungen in Politik und Wirtschaft zuständig.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Besteht ein Kontakt Ihres Ministeriums oder von Beamt:innen Ihres Ministeriums zu Sebastian Kurz persönlich oder zu Unternehmen, an denen Sebastian Kurz direkt oder indirekt beteiligt ist (zB Dream Security)?

a)    Wenn ja, zu welchen Unternehmen?

b)    Zu welchen konkreten Zeitpunkten?

c)    Was ist der Zweck der Kontakte?

d)    Sind dabei konkrete geschäftliche Kontakte oder Verträge angebahnt worden oder zustande gekommen?

 

2)    Was unterscheidet eine „rein private“ Teilnahme des Staatssekretärs für Digitalisierung an einer Veranstaltung eines im Cybersicherheits-Bereich tätigen Unternehmers, dessen berufliche Aufgabe im Aufbau von Beziehungen in Politik und Wirtschaft besteht und bei der ein geplantes 4-tägiges Programm zum Austausch und zur Diskussion von Cybersicherheitsthemen abgewickelt wird, von einer beruflichen Teilnahme?

 

3)    Welche Kosten sind für Staatssekretär Pröll für diesen 4-tägigen Veranstaltungszeitraum angefallen?

 

4)    Bestehen oder bestanden Geschäftsbeziehungen Ihres Ministeriums zu Unternehmen im Einflussbereich von Sebastian Kurz?

a)    Wenn ja, mit welchen Unternehmen, welche Leistungen werden/wurden erbracht und seit wann?

b)    Wie hoch sind die Kosten, die dafür entstehen?

c)    Gibt es eine Datenschutz- und Technologiefolgenabschätzung?

d)    Können Sie sicherstellen, dass es zu keinem Abfluss geschützter Daten in Richtung Sebastian Kurz oder einer jener Firmen, auf die er direkt oder indirekt Einfluss ausübt, kommt?

 

5)    Kam es in Ihrem Ressort oder in nachgeordneten Dienststellen zu einer Teststellung von Applikationen von Dream Security?

a)    Wenn ja, zu welchem konkreten Zeitpunkt?

b)    Wie ist die Teststellung zustande gekommen?

c)    Welche Applikationen wurden für welche Zwecke vorgestellt und/oder getestet?

d)    Welche Datensätze oder Datenbanken wurden bei der Teststellung verwendet?

e)    Wurden die Grundsätze des Datenschutzes dabei beachtet?

f)     Gibt es Aktenvermerke zu einer Teststellung?

g)    Wie hoch sind die voraussichtlichen Kosten (Anschaffung, Schulungskosten etc)?

h)    Gibt es eine Datenschutz- und Technologiefolgeabschätzung?

 

6)    Ist der staatliche Einsatz von Applikationen von Dream Security im Zusammenhang mit Cybersicherheits-Themen möglich oder können Sie ausschließen, dass Dream Security dafür genutzt wird?

 

7)    Welche Hintergrundchecks sind für potenzielle Vertragspartner vorgesehen, die dem Bundeskanzleramt Software anbieten?



[1] https://www.businessinsider.de/gruenderszene/business/sebastian-kurz-pegasus-spionage-dream-security/?utm_source=chatgpt.com

[2] https://www.profil.at/morgenpost/sebastian-kurz-geheimer-gipfel-in-tirol/403095044

[3] https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-9-2023-0189_DE.html?utm_source=chatgpt.com

[4] https://www.derstandard.at/story/3000000292953/kurz-lud-illustre-runde-von-politikern-und-unternehmern-nach-tirol-ein