3935/J XXVIII. GP
Eingelangt am 20.11.2025
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DRINGLICHE ANFRAGE
gem. § 93 Abs. 1 GOG-NR
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Michael Oberlechner, MA
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport
betreffend Totalversagen von Wohnen bis Pensionen – Was ist Ihr Wort noch wert, Herr Vizekanzler?
Andreas Babler ist als frischgezählter SPÖ-Vorsitzender mit einem umfangreichen Forderungsprogramm zur Nationalratswahl 2024 angetreten. Mehr als ein Jahr nach der Wahl und mehr als ein halbes Jahr nach der Bildung der „Verliererampel“ mit ÖVP und NEOS ist die Bilanz dürftig. Es stellt sich nicht nur überzeugten Sozialdemokraten, sondern auch neutralen wie kritischen Beobachtern die Frage, was das Wort des nunmehrigen Vizekanzlers noch wert ist.
Die als „Millionärssteuer“ ausgelobte Erbschafts- und Schenkungssteuer musste Babler in den Verhandlungen schnell abschreiben. Die geforderte „Übergewinnsteuer“ für Banken schrumpfte zu einer vergleichsweise geringen „Stabilitätsabgabe“. Von eine „Viertagewoche mit vollem Lohnausgleich“ kann keine Rede sein – im Gegenteil arbeitet sich die ÖVP seit geraumer Zeit an Teilzeitbeschäftigten ab und wirft ihnen mangelnde Leistungsbereitschaft vor. Das kostenlose Klimaticket für alle unter 18 Jahren kommt nicht, die Öffi-Jahreskarte wird sogar teurer. Vom Rechtsanspruch auf einen Behandlungstermin beim Facharzt innerhalb von 14 Tagen ist schon länger keine Rede mehr, ebenso wenig von der Verdoppelung der angesichts des Ärztemangels offensichtlich zu wenigen Medizin-Studienplätze.
Anschläge auf Pensionisten unter roter Sozialministerin
Noch vor all diesen Forderungen nannte Babler jedoch den Kampf gegen die Teuerung als oberstes Ziel und forderte in diesem Zusammenhang die temporäre Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, einen Zinspreisdeckel für Häuslbauer und das Einfrieren aller Mieten bis Ende 2026.[1] Nichts davon ist bis heute umgesetzt. Im Gegenteil verübte die Regierung mit der SPÖ-Politikerin Korinna Schumann in Ressortverantwortung gleich zu Beginn ihrer Amtszeit einen schweren Anschlag just auf jene Bevölkerungsgruppe, die unter der Teuerung besonders leidet und ihr völlig schutzlos ausgeliefert ist: auf die Pensionisten, die mit jahrzehntelanger Arbeit unser Österreich zu einem Land des Wohlstands gemacht haben, den die letzte und die aktuelle Regierung in Windeseile verspielt haben.
Nicht nur, dass der von Pensionisten zu bezahlende Krankenversicherungsbeitrag angehoben wurde, wird auch der Pensionsantritt durch massive Einschnitte bei der Altersteilzeit und der Korridor-Pension massiv erschwert. Die Staffelung bei der Pensionsanpassung führt dazu, dass all jene, die während ihres Arbeitslebens höhere Beiträge gezahlt haben, massiv beschnitten werden. Für die Zukunft wurde unter dem euphemistischen Begriff „Nachhaltigkeitsmechanismus“ die Drohung ausgesprochen, entweder das Pensionsalter zu erhöhen oder die Pensionsanpassungen dramatisch zu drosseln. Dabei hieß es im SPÖ-Wahlprogramm 2024 noch wörtlich: „Panikmache und das Schlechtreden (‚Kostenexplosion‘, ‚Pensionsloch‘, ‚Unfinanzierbarkeit‘) weist die SPÖ mit Nachdruck zurück.“[2]
Roter Finanzminister blockiert Entlastung bei Lebensmitteln
Österreich schneidet hinsichtlich Teuerung im EU-Vergleich nach wie vor katastrophal ab. Mit 4 Prozent per Ende Oktober 2025 liegt die Inflationsrate knapp doppelt so hoch wie im Durchschnitt der EU-Staaten. Die üblichen Ausreden der Regierung, internationale Krisen von Corona bis Krieg seien schuld an der Teuerung, gehen nicht nur an den wahren Ursachen vorbei, sondern greifen auch ganz offensichtlich zu kurz.
Was die Lebensmittelpreise anbelangt, hört man von der SPÖ wenig. Babler holte sich beim eigenen Parteigenossen im Finanzministerium, Markus Marterbauer, eine blutige Nase, als er das Wahlversprechen einer Streichung oder zumindest Senkung der Mehrwertsteuer bei Grundnahrungsmitteln thematisierte.[3] Eine sozial treffsichere Maßnahme präsentierte hingegen die FPÖ mit dem Vorschlag der Einrichtung eines „Österreich-Korbs“ nach dem Vorbild Griechenlands. Die so in die Pflicht genommenen Handelsketten hätten einen Warenkorb mit preisstabilen österreichischen Produkten aus allen wichtigen Warengruppen zu definieren, um die leistbare Versorgung mit Grundnahrungsmitteln zu sichern.[4]
Noch schwerer wiegt das Versagen des Vizekanzlers im Bereich Wohnen, zumal es ihm ein persönliches Anliegen war, diese Kompetenz in sein Ressort zu holen. Zwar liegt aktuell immerhin eine Regierungsvorlage zur Begutachtung auf. Der Name „5. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz“ (MILG) täuscht jedoch über den kargen Inhalt der davon umfassten Maßnahmen hinweg. Tatsächliche Linderung wird es nur kurzfristig und praktisch lediglich im Bereich der Richtwertmieten geben. Die Begrenzung der Teuerung bei allen anderen Wohnungen ist nur bei galoppierender Inflation vorgesehen und auch dann nur im Ausmaß der Hälfte einer 3 Prozent übersteigenden Teuerung. Die großspurig angekündigte „Mietpreisbremse“ wird also so gut wie keine Wirkung zeigen. Entsprechend ihrer Konzeption wäre sie in den letzten 30 Jahren lediglich vier Mal zum Einsatz gekommen. Signifikant gewirkt hätte sie nur für die Jahre 2022 und 2023, wo die schwarz-grüne Regierung die Inflation jedoch voll auf die Mieten durchschlagen ließ.[5] Das FPÖ-Wohnprogramm „Leistbares Wohnen für Österreich“ sieht demgegenüber mittelfristig eine Beschränkung der Wertanpassung bei 2 Prozent vor – so lange, bis die enormen Mietsprünge der letzten Jahre wieder ausgeglichen sind.[6]
Kaum Besserung ist auch im Bereich der befristeten Mieten sichtbar. Die Anhebung der Mindestbefristungsdauer von drei auf fünf Jahre ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ein erzwungener Wohnungswechsel stellt unzählige Haushalte vor massive finanzielle Probleme. Das Wohnprogramm „Leistbares Wohnen für Österreich“ der FPÖ sieht deshalb vor, dass nur Kleinvermieter befristete Verträge schließen können. Ein überwältigender Teil der Mietwohnungen müsste daher unbefristet vermietet werden.
Roter Widerstand gegen Bablers Vorschläge zum Wohnen
Ob die in Begutachtung befindliche Regierungsvorlage aus dem Ressort von Andreas Babler überhaupt in der vorgelegten Form in Kraft treten wird, darf bezweifelt werden, stieß die Initiative doch selbst in der SPÖ auf massiven Widerstand. Auch die Begeisterung der eigenen Parteikollegin und Justizministerin Anna Sporrer hält sich laut Medienberichten in engen Grenzen.[7]
Bablers Maßnahmen – so wenig wirksam sie sind – zielen hauptsächlich auf den Bereich der freien Mieten sowie der Altbauwohnungen. Weitgehend ausgespart werden dabei zwei Bereiche, die für die leistbare Versorgung der Österreicher mit Wohnungen wesentlich sind: Der Bereich der Gemeindewohnungen und der der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften, sprich Genossenschaften. Dies dürfte einen Grund haben: Bei den Gemeindewohnungen müsste Babler das wohnpolitische Versagen des „Roten Wien“ klar beim Namen nennen. Wesentliche Teile des Genossenschaftsbereiches hingegen verwaltet die ÖVP wie eine Erbpacht und administriert ihn – ausschließlich zum Nachteil der Bewohner – im Wirtschafts-ministerium.
Bablers Selbstinszenierung als Retter von Österreichs Mietern macht also einen großen Bogen um den Bereich des sozialen Wohnbaus – außer, wenn es darum geht, ihn zu beschneiden. Selbst der SPÖ-dominierte „Österreichische Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen“ (GBV) wirft ihm folglich „mangelnde System-kenntnis“ vor.[8] Auch die sozialdemokratische Wohnungsgenossenschaftsfraktion „Verein für Wohnbauförderung“ (VWBF) warnte vor den Folgen von Bablers Unvermögen in Gestalt sinkender Neubauleistung im sozialen Wohnbau:[9]
Das 3. MILG und 4. MILG führen im Bereich der Wohnungsgemeinnützigkeit zu Einbußen im Ausmaß von ca. einer Milliarde Euro im Zeitraum 2024 bis 2027[10] – mit den entsprechenden Folgen für Neubau und Sanierung. Dieser Betrag entspricht unzähligen leistbaren Genossenschaftswohnungen, die heute nicht gebaut werden können und damit die Wohnkosten von morgen antreiben. Aus diesem Grund forderte die FPÖ, diese Ausfälle gegenüber den Unternehmen durch einen Bundeszuschuss zur Wohnbauförderung zu kompensieren.
Doch anstatt faktenbasierter Politik steht der Erhalt rot-schwarzer Futtertröge im Zentrum der Politik des Wohnministers: Rund 500.000 Bewohner der ca. 220.000 Wiener Gemeindewohnungen zahlen insbesondere in Anbetracht eines Sanierungs-staus von ca. zehn Milliarden Euro weiterhin überhöhte Mieten.[11] Erste Bank und Raiffeisen stehen im konkreten Verdacht, ihre wesentliche Eigentümerstellung im gemeinnützigen Wohnbau zu missbrauchen, indem überteuerte Kredite platziert werden, wodurch unmittelbar die Bewohner mit entsprechend überhöhten Wohnkosten belastet werden.[12]
Gemeinnütziger Wohnbau für Banken und Spekulanten
Der gemeinnützige Wohnbau ist ein zentrales Instrument leistbarer Wohnversorgung zu dem sich die FPÖ bekennt. Entsprechend entscheidend ist es in Anbetracht der Bedeutung dieses Sektors, der ca. eine Million Wohnungen umfasst, Fehl-entwicklungen abzustellen, entsprechende Transparenz zu schaffen und Missbrauch zu sanktionieren.
So ist es bis heute möglich, dass vergleichsweise vermögende Anleger genossen-schaftliche Sozialwohnungen zum Sozialpreis erwerben und anschließend zum Marktpreis vermieten – im Bereich des sozialen Wohnbaus eine absolute Absurdität: Das Steuerprivileg gemeinnütziger Bauvereinigungen verliert seinen Lenkungseffekt im Sinne leistbaren Wohnens und wird zur Spekulationsförderung pervertiert. Ermöglicht wurde diese Pervertierung des gemeinnützigen Wohnbaus durch die WGG-Novelle 2022 aus dem Hause des ÖVP-geführten Wirtschaftsministeriums.
Die burgenländische gemeinnützige Bauvereinigung „Neue Eisenstädter“ und ihre Eigentümerbanken, die Raiffeisenlandesbank Burgenland sowie die Erste Bank, sorgten wochenlang für Schlagzeilen: Eine Sonderprüfung durch die örtlich zuständige Landesregierung hat demnach ergeben, dass die Wohnbaugenossenschaft Anlegerwohnungen statt Sozialwohnungen errichtete und die Eigentümerbanken unangemessen hohe Finanzierungszinsen kassiert haben. Diesen unzulässigen Gewinnen stehen unzulässig hohe Mieten gegenüber, welche von der Bewohnerschaft der „Neuen Eisenstädter“ zu stemmen sind.
Die Reaktion des Wirtschaftsministeriums ließ nicht lange auf sich warten: Die wohnpolitische Abteilung und ihr Leiter – wie aus dem vorliegenden Dokument hervorgeht – arbeiteten eine Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) aus. Unter dem Deckmantel vermeintlicher Entbürokratisierung soll Raiffeisen, Erste Bank und deren „Neue Eisenstädter“ ermöglicht werden, dass die Genossenschaft ohne Zustimmung der aktuellen Aufsichtsbehörde im Burgenland in ein anderes Bundesland verlegen kann. Ein Bankenhilfspaket als Anlassgesetz-gebung, getarnt als WGG-Novelle.
An der Mehrheit der als Kapitalgesellschaften organisierten gemeinnützigen Bau-vereinigungen halten Banken und Versicherungen Beteiligungen. An 15 gemein-nützigen Bauvereinigungen besteht eine Mehrheits- oder Alleinbeteiligung der Finanzwirtschaft. Banken-GBVs verwalten mehr als 400.000 Wohnungen und ca. 40 Prozent des gesamten WGG-Wohnungsbestandes.[13] Sollten sich überhöhte Fremdmittelzinsen bzw. Finanzierungskonditionen im Falle von Banken-Beteiligungen an gemeinnützigen Bauvereinigungen als systemisch herausstellen, wäre mehr als eine Million Österreicher davon betroffen. In Anbetracht der Bedeutung der Erste Bank wie des Raiffeisensektors innerhalb der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft sowie der bisherigen Erkenntnisse in der Causa „Neue Eisenstädter“ und des legistischen Frontalangriffs auf Aufklärungs- und Kontrollmaßnahmen erscheint dieses Szenario leider alles andere als unwahrscheinlich, weshalb akuter regulatorischer Handlungs-bedarf besteht.
„Wiener Wohnen“ als größter Inflationsgewinner
Neben dem gemeinnützigen Wohnbau bildet der Gemeindebau – und hier dominierend „Wiener Wohnen“ mit seinen ca. 220.000 Wohnungen – die zweite Säule des sozialen Wohnbaus. Jahrzehntelange SPÖ-Misswirtschaft und Korruption haben zum Verfall des einst stolzen Erbes des „Roten Wien“ geführt.
Aktuell besteht ein Sanierungsrückstau im Ausmaß von ca. zehn Milliarden Euro.[14] Der Rechnungshof weist in seinem Bericht „Wohnbau in Wien“ nach, dass der Sanierungszyklus von Gemeindewohnungen bei 67 Jahren liegt. Wiener Wohnen selbst erachtete einen Zeitraum von 30 Jahren als erstrebenswert – auch hinsichtlich der Kostenoptimalität.[15] Doch während dieses Ziel meilenweit verfehlt wird, blüht die Korruption: Dies belegt exemplarisch ein Großverfahren zu Bestechung und Vorteilszuwendung am Wiener Landesgericht aus dem Jahr 2024.[16]
Bezeichnend für die Misswirtschaft im Bereich von Wiener Wohnen ist ein Vergleich mit der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft: Deren Sanierungsrate liegt bei ca. 3 Prozent jährlich – und ist damit ca. doppelt so hoch wie jene von „Wiener Wohnen“. Gleichzeitig ist die genossenschaftliche WGG-Miete im ausfinanzierten Bereich deutlich günstiger, als es die Mieten bei „Wiener Wohnen“ sind. Während im Gemeindebau typischerweise der Richtwert (6,67 Euro pro Quadratmeter und Monat[17]) verlangt wird, sind es bei gemeinnützigen Bauvereinigungen lediglich die Grundmiete (2,05 Euro pro Quadratmeter und Monat) zuzüglich eines anlagen-gebundenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags (2,33 Euro pro Quadratmeter und Monat)[18]. Genossenschaften sind sohin 2,29 Euro bzw. mehr als ein Drittel günstiger als „Wiener Wohnen“.
Überdies ist „Wiener Wohnen“ der größte Gewinner der Inflationswelle: Erst für die Jahre 2024 und 2025 wurden Mieterhöhungen infolge der Teuerungskrise ausgesetzt. Zuvor wurde die Inflation eins zu eins nachvollzogen. Während die Bundes-SPÖ lautstark im Nationalrat einen Mietenstopp forderte, wurde wenige Meter weiter im Wiener Rathaus durch die Wiener SPÖ bei ca. 500.000 Gemeindebaubewohnern abkassiert. Im Sinne leistbaren Wohnens wäre es in Anbetracht des dargestellten Sachverhaltes zwingend erforderlich, die Mieten im ausfinanzierten Segment von „Wiener Wohnen“ auf das genossenschaftliche Niveau abzusenken. Erst Wohn-anlagen, die einer Totalsanierung unterzogen wurden, sollen befristet für 30 Jahre wieder zum Richtwert vermietet werden dürfen. Dies würde die Menschen massiv wie treffsicher entlasten, ihnen zu menschenwürdigen Wohnverhältnissen verhelfen und gleichzeitig wesentliche baukonjunkturelle Impulse setzen – und das Vermögen der Wiener vor dem Verfall schützen, dem es die Sozialdemokratie aktuell aussetzt.
Gleichzeitig wäre es zwingend erforderlich, Gemeindewohnungen und ausfinanzierte Genossenschaftswohnungen im Sinne von „Österreich zuerst“ ausschließlich an österreichische Staatsbürger zu vergeben. Drittstaatsangehörige sollen lediglich befristete Verträge erhalten und auch nur dann, wenn die Nachfrage der Österreicher befriedigt ist.
Mangelnde Wohnbauförderung und Scheindebatte zur Leerstandsabgabe
Die Wohnbauförderung ist eines der zentralen Elemente der österreichischen Wohnpolitik. Die mangelnde Zweckbindung der Wohnbauförderungsmittel sowie das langjährige Ausbleiben entsprechender Valorisierung haben die Wirkung allerdings im Zeitverlauf immer weiter ausgedünnt. Die 2024 dokumentierten Ausgaben der Bundesländer für Wohnbauförderung liegen bei ca. 2,5 Milliarden Euro, was dem Niveau der 2000er Jahre entspricht.[19] Allerdings sind die Baukosten im Bereich Wohn- und Siedlungsbau alleine im Zeitraum von 2021 bis in die Gegenwart um ca. 30 Prozent gestiegen, was den dramatisch rückläufigen realen Wert der Wohnbau-förderung veranschaulicht.[20] Die real sohin drastisch rückläufigen Ausgaben für leistbares Wohnen wirken sich unmittelbar in mangelhaftem Angebot an leistbarem Wohnraum aus.
Diskussionen um Leerstandsabgaben, wie sie die Sozialdemokratie inszeniert, erweisen sich in diesem Zusammenhang weitestgehend als politisches Blendwerk. Unabhängig von der Frage des ideologischen Standpunkts handelt es sich bei der Feststellung von Leerstand um einen in der Praxis derart komplex zu definierenden und zu regulierenden Bereich, dass wirksame politische Maßnahmen – mit Ausnahme touristischer Problematiken – nahezu auszuschließen sind, insbesondere in Anbetracht des enormen bürokratischen Aufwands.
Entscheidende Weichenstellungen im Bereich des Wohnens werden von der „Verliererampel“ – wohl infolge des Drucks der Bankenlandschaft – unterlassen. So wäre eine Neugründung der Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) entscheidend, um dauerhaft günstige Finanzierungsmöglichkeiten für den sozialen Wohnbau zu generieren. Doch auch in diesem Bereich scheint Babler als Wohnminister untätig zu bleiben. Zum Schaden der Menschen und im Sinne des Profits von Banken.
Schon dieser Problemaufriss zeigt, dass leistbares Wohnen möglich wäre. Die vielfach kostenneutralen freiheitlichen Vorschläge liegen auf dem Tisch. Doch der Verlierer-koalition fehlt der Wille zur Umsetzung.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordnete an den Bundes-minister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport nachstehende
Anfrage
1. Sind Sie bei der Umsetzung der von Ihnen im Wahlkampf versprochenen Streichung bzw. wenigstens einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel am Widerstand Ihres Partei- und Regierungskollegen Finanzminister Marterbauer gescheitert?
2. Werden Sie Schritte zur Umsetzung der freiheitlichen Forderung nach einem „Österreich-Korb“ mit preisstabilen und günstigen heimischen Produkten aus allen wichtigen Warengruppen setzen?
3. Wie bewerten Sie angesichts der zahlreichen bereits eingetretenen und für die Zukunft angekündigten Einschnitte bei den Pensionisten die im SPÖ-Wahlprogramm ausgesprochene Warnung vor dem Schlechtreden des Pensionssystems mit Begriffen wie „Kostenexplosion“, „Pensionsloch“ oder „Unfinanzierbarkeit“ und welche konkreten Maßnahmen leiten Sie daraus für Ihr Agieren als Vizekanzler ab?
4. Warum findet sich das SPÖ-Wahlversprechen einer gesetzlich festgelegten Aussetzung aller Mieterhöhungen bis 2026 nicht im aktuellen Begutachtungs-entwurf zum 5. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz wieder?
5. Wo bleibt die ebenfalls im SPÖ-Wahlprogramm versprochene Zweckbindung und Erhöhung der Wohnbauförderungsmittel und welche allenfalls legistischen Maßnahmen befinden sich dazu in Ausarbeitung?
6. Arbeiten Sie an einer Regierungsvorlage, mit welcher auch Darlehens-rückflüsse zweckgebunden werden?
7. Welche budgetären Maßnahmen im Sinne einer dringend notwendigen Erhöhung der Wohnbauförderung sind geplant?
a. In welcher Höhe und wann sollen diese umgesetzt werden?
8. Wo bleibt die ebenfalls im SPÖ-Wahlprogramm geforderte Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank und welche allenfalls legistische Maßnahmen bereiten Sie in dem Zusammenhang gegenwärtig in Ihrem Ressort vor?
9. Wird aktuell an einer Neuauflage der Wohnbauinvestitionsbank bzw. einer entsprechenden Regierungsvorlage gearbeitet?
a. Wenn ja, wann ist mit einem Start der neuen WBIB zu rechnen?
b. Wenn nein, weshalb geschieht dies trotz des enormen Bedarfs an Finanzierungsmitteln für leistbares Wohnen nicht?
10. Wo bleibt der ebenfalls im SPÖ-Wahlprogramm geforderte Zinspreisdeckel für „Häuslbauer“ bei 3 Prozent bzw. eine Gesetzesinitiative zur Umsetzung dieser Forderung?
11. Wie soll eine „Mietpreisbremse“ Wohnen leistbar machen, welche konstruktionsbedingt in den letzten 30 Jahren lediglich vier Mal tatsächlich zum Tragen gekommen wäre bzw. planen Sie, dem Nationalrat eine Regierungs-vorlage zur Umsetzung einer Mietpreisbremse zuzuleiten, die ihrem Namen auch gerecht wird?
12. Rechnen Sie damit, dass die „Mietpreisbremse“ und die sonstigen Maßnahmen aus dem Begutachtungsentwurf zum 5. Mietrechtlichen Inflationslinderungs-gesetz trotz der zurückhaltenden Reaktion Ihre Partei- und Regierungskollegin Justizministerin Sporrer und der offenen Kritik aus roten Gewerkschaftskreisen überhaupt jemals ohne gröbere Änderungen in Kraft treten werden?
13. Planen Sie über den derzeitigen Begutachtungswurf hinausgehende Einschränkungen von befristeten Mietverträgen, wie sie das freiheitliche Wohnprogramm vorsieht, um den Bewohnern Sicherheit zu geben und sprunghafte Anstiege der Miethöhe durch Neuvermietungen hintanzuhalten, mittels Regierungsvorlage umzusetzen?
14. Wann und mit welchen allenfalls legistischen Maßnahmen planen Sie, die Veräußerung von Anlegerwohnungen aus dem steuerprivilegierten und genehmigungsfreien Regelgeschäft gemeinnütziger Bauvereinigungen zu verbannen?
15. Wie viele Anlegerwohnungen wurden durch gemeinnützige Bauvereinigungen seit Inkrafttreten der WGG-Novelle 2022 veräußert?
16. Wie ist es mit dem sozialen Wohnbau bzw. dessen rechtlichen Grundlagen vereinbar, dass vermögende Anleger Sozialwohnungen zum Sozialtarif erwerben und diese im Anschluss zu Marktkonditionen an die Menschen vermieten?
17. Haben Sie als Bundesminister für Wohnen überhaupt die Möglichkeit bzw. den Willen dazu, die offenkundigen Missstände beim Vollzug des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes durch das zuständige Wirtschaftsministerium abzustellen?
18. Wann wurden Sie bzw. Ihr Ministerium über die geplante WGG-Novelle 2025 informiert, die vorsieht, dass die Sitzverlegung gemeinnütziger Bauvereinigungen im Interesse der ÖVP-nahen „Neuen Eisenstädter“ und ihrer Banken-Eigentümer Raiffeisen und Erste Bank liberalisiert werden soll?
19. Auf welchem Weg bzw. durch wen wurden Sie über diese geplante WGG-Novelle informiert?
20. Werden Sie in Ihrem Ressortbereich oder in der Zusammenarbeit mit anderen Ressorts Maßnahmen vor dem Hintergrund dessen setzen, dass das ÖVP-geführte Wirtschaftsministerium der „Neuen Eisenstädter“ zur Flucht vor der Aufsicht verhelfen wollte?
21. Welche Stellungnahme(n) haben Sie bzw. Ihr Ministerium zu diesem Entwurf einer WGG-Novelle unter dem Deckmantel der Entbürokratisierung, hinter der sich schamloser Banken-Lobbyismus verbirgt, im Austausch zwischen den Ressorts und darüber hinaus abgegeben?
22. Welche allenfalls legistischen Maßnahmen werden Sie setzen, um derartige Anschläge auf die Aufsichtsarchitektur über gemeinnützige Bauvereinigungen für die Zukunft hintanzuhalten?
23. Welche konkreten regulatorischen Maßnahmen werden Sie setzen, um Zielkonflikte hinsichtlich der Finanzierungskonditionen bei gemeinnützigen Bauvereinigungen mit Banken-Beteiligung für die Zukunft hintanzuhalten?
24. Wie beeinflusst es Sie bei der Erarbeitung von Regierungsvorlagen, dass Ihnen selbst der SPÖ-dominierte „Österreichische Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen“ öffentlich mangelnde Systemkenntnis vorwirft?
25. Wie beeinflusst es Sie bei der Erarbeitung von Regierungsvorlagen, dass insbesondere dessen SPÖ-nahe Fraktion „Verein für Wohnbauförderung“ vor den Folgen Ihrer Wohnpolitik im Bereich der Wohnungsgemeinnützigkeit warnt?
26. Was entgegnen Sie Stimmen, die Ihnen sagen, dass „Wiener Wohnen“ der größte Gewinner der Inflationswelle der jüngeren Vergangenheit ist und Ihre Parteikollegen im Wiener Rathaus die Teuerung voll an die Mieter weitergegeben haben, während die SPÖ im Nationalrat einen Mietenstopp gefordert hat?
27. Wie stehen Sie dazu, dass gemeinnützige Bauvereinigungen im ausfinanzierten Bereich eine Miete ausweisen, die um mehr als ein Drittel günstiger ist als bei „Wiener Wohnen“, und leiten Sie aus Ihrem diesbezüglichen Standpunkt die Notwendigkeit politischen Handelns ab?
28. Welche regulatorischen Maßnahmen werden Sie setzen, um die Miete von „Wiener Wohnen“ im ausfinanzierten Bereich an das genossenschaftliche Niveau anzugleichen?
29. Welche regulatorischen Maßnahmen werden Sie setzen, um den Zehn-Milliarden-Euro-Sanierungsstau bei „Wiener Wohnen“ abzubauen?
30. Mit welchen allenfalls legistischen Maßnahmen wollen Sie sicherstellen, dass es bei „Wiener Wohnen“ mit seinen 220.000 Wohnungen menschenwürdige Wohnverhältnisse gibt, wenn – wie der Rechnungshof nachweist – der Sanierungszyklus bei ca. 67 Jahren liegt?
31. Welche regulatorischen Maßnahmen werden Sie setzen, um – wie es immobilienwirtschaftlich angemessen wäre – einen Sanierungszyklus von 30 Jahren bei „Wiener Wohnen“ zu erreichen?
32. Welche regulatorischen Maßnahmen werden Sie setzen, um eine Bundesaufsicht über „Wiener Wohnen“ zu implementieren, damit geordnete Zustände statt SPÖ-Misswirtschaft in diesem für die Wohnversorgung zentralen Bereich gewährleistet werden können?
33. Welche Maßnahmen wollen Sie setzen, damit Sozialwohnungen auf Gemeindeebene oder im gemeinnützigen Sektor ausschließlich oder zumindest primär österreichischen Staatsbürgern zur Verfügung gestellt werden
34. Wie viele Wohnungen in Österreich stehen tatsächlich leer? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern)
a. Wie entwickelte sich diese Zahl in den letzten zehn Jahren?
In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im
Sinne des § 93 Abs 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu
behandeln und dem Erstanfragesteller
Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.
[1] https://www.spoe.at/wp-content/uploads/2024/09/wahlprogramm_final_ansicht.pdf, S. 17 (aufgerufen am 18.11.2025)
[2] https://www.spoe.at/wp-content/uploads/2024/09/wahlprogramm_final_ansicht.pdf, S. 102 (aufgerufen am 18.11.2025)
[3] https://www.heute.at/s/werde-sehr-strikt-sein-harte-finanzminister-ansage-120136047 (aufgerufen am 18.11.2025)
[4] https://www.fpoe.at/aktuell/artikel-detailansicht/oesterre ich-korb-gegen-steigende-lebensmittelpreise-gefordert (aufgerufen am 18.11.2025)
[5] https://www.wko.at/statistik/jahrbuch/preise-vpi.pdf (aufgerufen am 18.11.2025)
[6] https://www.fpoe.at/fileadmin/user_upload/Bund/Dokumente/News/FP%C3%96_
Leistbares_Wohnen_f%C3%BCr_%C3%96sterreich_2025_Folder.pdf (aufgerufen am
18.11.2025)
[7] https://www.krone.at/3940370 (aufgerufen am 18.11.2025)
[8] https://www.derstandard.at/story/3000000272557/mietendeckel-gemeinnuetzige-wieder-auf-den-barrikaden (aufgerufen am 18.11.2025)
[9] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20250605_OTS0191/versaeumnisse-am-freien-mietsektor-duerfen-nicht-zu-lasten-der-wohnungsgemeinnuetzigkeit-gehen (aufgerufen am 18.11.2025)
[10] https://www.gbv.at/Extras/AktuelleMeldungen/2025/Baubilanz%202024/ (aufgerufen am 18.11.2025)
[11] https://www.diepresse.com/6202681/grossbaustelle-gemeindebau (aufgerufen am 18.11.2025)
[12] https://burgenland.orf.at/stories/3325921/ (aufgerufen am 18.11.2025)
[13] https://www.awblog.at/Kommunales/wohnen-wie-gemeinnuetzig-ist-die-finanzwirtschaft (aufgerufen am 18.11.2025)
[14] https://www.diepresse.com/6202681/grossbaustelle-gemeindebau (aufgerufen am 18.11.2025)
[15] https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Wohnbau_Wien_Sonderpruefung.pdf, Tz 43.1 (aufgerufen am 18.11.2025)
[16] https://www.derstandard.at/story/3000000208481/-wiener-wohnen-prozess-jeweils-15-monate-bedingt-f252r-hauptangeklagte (aufgerufen am 18.11.2025)
[17] https://mietervereinigung.at/4894/Richtwert- (aufgerufen am 18.11.2025)
[18] https://cms.gbv.at/repos/files/GBV/Intranet%5fdownloads/PDF/WohnwirtschaftlicheWerte/
ERVO2017-WoWe%5fVeroeff-2025-04-01%2epdf?exp=75582&fps=e7e279a961ead272164133a57d6b93a93a4a4906
(aufgerufen am 18.11.2025)
[19] https://www.iibw.at/de/forschungs-datenbank/download/file?fid=48.514, S.19 (aufgerufen am 18.11.2025)
[20] https://www.statistik.at/statistiken/industrie-bau-handel-und-dienstleistungen/konjunktur/baukostenindex (aufgerufen am 18.11.2025)