395/J XXVIII. GP
Eingelangt am 10.02.2025
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom
Original sind möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, MMag. Markus Hofer, Kolleginnen und Kollegen
an Bundesminister für Finanzen
betreffend Insolvenzwelle wegen auslaufender Covid-Garantien?
Im Rahmen der staatlichen Hilfsmaßnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie übernahm der Bund seit März 2020 auch Haftungen für Unternehmenskredite. Über verschiedene Garantie-Instrumente sollten in erster Linie Liquiditätsengpässe überbrückt werden. Bewilligt wurden die meisten dieser Haftungen durch die COFAG Finanzierungsagentur des Bundes GmbH, abgewickelt wurden und werden sie über die aws, ÖHT und OeKB. Zum Höhepunkt der Covid- Krise hatte der Bund über die COFAG Haftungen in Höhe von mehreren Milliarden Euro übernommen.(1)
Die COFAG befindet sich seit 01.08.2024 in Liquidation (nunmehr COFAG i.A.), sämtliche Rechte und Pflichten der COFAG i.A. aus Förderverträgen sind unverändert auf den Bund übergegangen (2). Laut Berichterstattung des BMFs wurden bis zum Stichtag 31.12.2024 für Garantiezahlungen im Rahmen der COVID- 19-Haftungen in den Jahren 2020-2024 insgesamt 252,4 Mio. € ausgezahlt. Davon flossen 209,5 Mio. € bis 31.01.2024 über die COFAG (83% der Gesamtsumme) und 42,8 Mio. € in den fünf Monaten 01.08.2024-31.12.2024 direkt aus der UG 45 Bundesvermögen (17% der Gesamtsumme).(3) Nach unseren Informationen waren allein über das AWS zum 31.12.2024 noch 14.000 Garantien aushaftend, wobei ca. 10.000 Endfälligkeiten zum 31.12.2024 hatten.
Auslaufende Covid-Garantien (mit-)verantwortlich für aktuelle Unternehmensinsolvenzen?
Laut einer im Juli 2024 durchgeführten Umfrage vom Finanzombudsteam, ein unabhängige Finanz- und Vermögensverwaltungsfirma unter der Leitung von Gerald Zmuegg, hatten zum damaligen Zeitpunkt 86 Prozent der Betriebe, die einen Corona-Kredit beim Austria Wirtschaftsservice (aws) oder bei der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) besichern hatten lassen, diesen zum damaligen Zeitpunkt noch nicht zurückbezahlt. Fast die Hälfte der Klein- und Mittelunternehmen (43 Prozent) gab sogar an, dass sie die Corona-Hilfen voraussichtlich gar nicht ganz würde bedienen können. Für den Fall, dass die Rückzahlungskonditionen für die staatlich garantierten Hilfen nicht gelockert würden, fürchtete Gerald Zmuegg für 2024 einen deutlichen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen, denn: „Bis zu 300 Millionen Euro an staatlich garantierten aws-Krediten - das Gesamtvolumen beträgt 3,353 Milliarden Euro - sind akut ausfallsgefährdet!" (4)
Bereits seit Ende 2020 wies das Beratungsunternehmen das Finanzministerium darauf hin, dass die Laufzeiten vieler der von den Covid-Haftungen umfassten Kredite zu kurz seien. Es hätte bei der Kreditvergabe klar sein müssen, dass die
vorgegebenen Maximallaufzeiten nicht realistisch sind (aws-Kredite: Laufzeit endet großteils mit 31.12.2024, ÖHT-Kredite: Laufzeit endet 2025). Die Garantien werden entweder bei Zahlungsverzug (100%-Covid-Überbrückungsgarantie) oder bei Insolvenz des Unternehmens (80- und 90%-Covid-Überbrückungsgarantien) fällig. Die AWS kann sich für ihre Ausfälle beim Bund finanziell schadlos halten.(5)
Lösung für betroffene Unternehmen in Ausarbeitung?
Die aktuelle Anzahl der im Zusammenhang mit den Covid-Garantien schlagend werdenden Unternehmensinsolvenzen wird möglicherweise deutlich geringer ausfallen als noch 2024 befürchtet. Endgültige Zahlen dazu sollte es bis Mitte Februar 2025 geben, da die Bankinstitute bis Monatsende plus 7 Arbeitstage Zeit haben, um Zahlungsausfälle anzumelden und Garantien zu ziehen. Nichtsdestotrotz stellt sich die Frage, ob das Auslaufen der Covid-Garantien Ende 2024 für einen nicht unwesentlichen Teil der Unternehmensinsolvenzen 2024 (mit-)verantwortlich ist.
An einer Lösung für die betroffenen Unternehmen wird derzeit anscheinend gearbeitet. Nach unserem Wissen können Unternehmen, die mit 31.12.2024 Raten nicht bedienen konnten, um Aufschub ansuchen, wobei die Creditreform mit Entscheidungsbefugnis und Abwicklung der Anträge beauftragt sein soll. Dabei gibt es nach unserem Wissen die Optionen der Stundung um 1 Jahr (zinsfrei) oder um 3 Jahre (Verzinsung nach BAO).
Quellen:
1. https://www.aws.at/aws-ueberbrueckungsgarantien/ und https://www.bmf.gv.at/public/informationen/covid-garantieprodukte.html und https://www.oeht.at/produkte/covid19-1 OO-garantie/
2. https://www.cofag.at/
3. https://www.bmf.gv.at/services/startseite-budget/Monatliche- Berichterstattung/covid-19.html
4. https://finanzombudsteam.at/firmen-koennen-covid-kredite-oft-nicht- zurueckzahlen/
5. https://www.derstandard.at/story/3000000230301/corona-kredite-lasten-auf- unternehmen-viele-kmus-koennen-nicht-tilgen
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1.
Wie viele
Covid-Garantien waren per 31.11.2024/31.12.24/31.1.2025 von der
aws noch vergeben? Bitte um Angabe der Anzahl der vergebenen Garantien je 80/90/100%-Garantieprodukt
und je Bundesland.
2. Wie hoch war das Gesamtvolumen der von aws vergebenen Covid-Garantien per 31.11.2024/31.12.2024/31.01.2025? Bitte um Angabe des vergebenen Volumens nach Garantieprodukt und nach Bundesland.
3. Wann laufen die noch vergebenen aws Garantien aus?
4. Wie viele Covid-Garantien waren per 31.11.2024/31.12.2024/31.01.2025 von der ÖHT noch vergeben? Bitte um Angabe der Anzahl der vergebenen Garantien nach Garantieprodukt und nach Bundesland.
5. Wie hoch war das Gesamtvolumen der von ÖHT vergebenen Covid-Garantien per 31.11.2024/31.12.2024/31.01.2025? Bitte um Angabe des vergebenen Volumens nach Garantieprodukt und nach Bundesland.
6. Wann laufen die noch vergebenen ÖHT Garantien aus?
7. Wie viele Covid-Garantien waren per 31.11.2024/31.12.2024/31.01.2025 von der OeKB noch vergeben? Bitte um Angabe der Anzahl der vergebenen Garantien nach Garantieprodukt und nach Bundesland.
8. Wie hoch war das Gesamtvolumen der von OeKB vergebenen Covid- Garantien per 31.11.2024/31.12.2024/31.01.2025? Bitte um Angabe des vergebenen Volumens nach Garantieprodukt und Bundesland.
9. Wann laufen die noch vergebenen OeKB Garantien aus?
10. Wie hoch sind die bis 31.01.2025 insgesamt schlagend gewordenen Garantiezahlungen für den Bund?
11. In welcher Höhe werden 2025 voraussichtlich Garantiezahlungen aus den Covid-Haftungen schlagend?
12. Wurden bzw. werden diese drohenden Garantiezahlungen bereits in der Budgetplanung 2025 berücksichtigt?
13. War dem BMF das Problem der auslaufenden Covid-Garantien und damit zusammenhängenden vermehrten Unternehmensinsolvenzen bekannt?
14. Steht oder stand das BMF zu diesem Thema im Jahr 2024 im Austausch mit relevanten Stakeholdern, darunter der AWS, Kreditinstitute, der Finanzprokuratur oder anderen?
a. Wenn ja, wann und mit wem?
b. Wenn ja, welche Lösungsvorschläge wurden von Seiten des BMFs im Zusammenhang mit den auslaufenden Covid-Haftungen gebracht?
c. Wenn nein, warum nicht?
15. Ist dem BMF bekannt, wie viele Unternehmen derzeit von den Ende 2024 ausgelaufenen Covid-Garantien betroffen sind? Bitte auch um Angabe je Bundesland.
16. Ist dem BMF bekannt, wie viele jener Unternehmen, die von einer mit Ende 2024 auslaufenden Covid-Garantie betroffen sind, von einer Insolvenz betroffen sind? Bitte auch um Angabe je Bundesland.
17. Ist dem BMF bekannt, wie viele jener Unternehmen, die von einer mit Ende 2024 auslaufenden Covid-Garantie betroffen sind, um Stundung angesucht haben und wieviel solche Stundungen genehmigt wurden? Bitte auch um Angabe je Bundesland.
18. Sind dem BMF bereits Lösungen für die betroffenen Unternehmen und Kreditinstitute bekannt?
a. Wenn ja, welche?
b. Wenn ja, wurden den betroffenen Unternehmen dieses Lösung bereits kommuniziert?
c. Wenn nein, warum nicht?
19. Stand das BMF bereits im Austausch mit anderen Ministerien, EK oder weiteren Stakeholdern zu einer möglichen Änderung des Insolvenzrecht?
a. Wenn ja, wann und mit wem?
b. Wenn nein, warum nicht?