399/J XXVIII. GP

Eingelangt am 11.02.2025
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Anfrage

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

an Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Auswirkungen von Gastpatienten

Das österreichische Gesundheitssystem ist stark vom Föderalismus geprägt und deshalb sehr kompliziert in der Abwicklung - so weit die Standard-Problemanalyse, die seit Jahren von Expert:innen und Rechnungshof immer wieder als Erklärung für diverse Probleme herhält. Obwohl über den Finanzausgleich eine gesamtstaatliche Organisation sichergestellt werden sollte, gibt es immer wieder Probleme mit der Zuständigkeit. So wird gerade bei Engpässen von Finanzen oder personellen Ressourcen auf eine Überlastung aufgrund von Gastpatient:innen - also Patient:innen aus anderen Bundesländern - verwiesen. Bereits vor gut zehn Jahren wurde vom Rechnungshof darauf hingewiesen, dass Gastpatient:innen in der Gesundheitsplanung nicht ausreichend abgebildet sind und Wien mit rund 20 Prozent Gastpatient:innen doppelt so viele von diesen versorgt, wie andere Bundesländer (1). Ebenfalls seit Längerem wird über die hohe Belastung durch Gastpatient:innen diskutiert, so wurde beispielsweise bereits 2022 angekündigt, dass abseits von Akut- und Notfallpatient:innen Personen aus anderen Bundesländern in Wiener Krankenhäusern seltener behandelt werden sollen (2). 2023 führten Engpässe dazu, dass beispielsweise chronische Patient:innen aus der Steiermark ihre reguläre Behandlung nicht mehr im Krankenhaus Tamsweg erhielten (3), auch dies zählt wohl als klassisches Beispiel zur Reduktion von Gastpatient:innen.

Wie so oft wird aber auch die Debatte über Gastpatient:innen durch einen Mangel an Daten und Zusammenarbeit verkompliziert. Ebenfalls in besagtem Rechnungshofbericht aus dem Jahr 2016 wurde bereits kritisiert, dass die Patientenströme zu intransparent seien, sich in der Planung nicht widerspiegelten und die pauschale Abgeltung von Gastpatient:innen Kostenwahrheit in der Krankenanstaltenfinanzierung erschwere. Diese Probleme konnten bei folgenden Finanzausgleichsverhandlungen aber nicht gelöst werden und es gibt nach wie vor kaum Planungs- oder Finanzierungsgrundlagen, die die Thematik ausreichend aufschlüsseln könnten. Ebenso konnte trotz der einheitlichen Forderung der Bundesländer (4) im Finanzausgleich 2023 kein neuer Verteilungsschlüssel ausverhandelt werden (5), der zumindest die Finanzierungsdebatte dahinter hätte beenden können.

Anfragebeantwortungen aus der XXVII. Gesetzgebungsperiode (6, 7) lassen rückschließen, dass das Ministerium kaum Handlungsspielraum hat, wenn Gastpatient:innen abgewiesen werden. Immerhin wurde klar postuliert, dass Gastpatient:innen nicht abgelehnt werden dürfen, allerdings greifen KAKuG und ASVG nicht ausreichend ineinander, um für chronische Patient:innen und geplante Eingriffe ebensolche Vorgaben zu schaffen. Nachdem schon der Begriff "Gastpatient" jeglicher gesetzlichen Definition entbehrt (8) und aufgrund der unveränderten Finanzierungslage sowie der anhaltenden Diskussion nicht von einer Verringerung des Problems auszugehen ist, benötigt es ganz offensichtlich zumindest mehr Transparenz, um dessen volles Ausmaß aufzuzeigen.

Die Stadt Wien hat nunmehr erstmals Zahlen veröffentlicht und spricht von 420 Millionen Euro Kosten, die durch niederösterreichische Patient:innen verursacht würden (9). Soweit ersichtlich beinhalten die Berichte der Landesgesundheitsfonds aber nur zu ausländischen Gastpatient:innen eigene Aufschlüsselungen - es gibt damit also weder zu Kosten noch zu Belegungstagen oder Patientenzahlen aus anderen Bundesländern Informationen. Die anhaltenden Kostensteigerungen im Gesundheitswesen (10) werden aber wohl zu häufigerem Verweis auf Gastpatient:innen und einem damit einfachen Versuch der Einsparungen im eigenen Bundesland führen, weshalb ein genauerer Blick auf die Statistiken wohl kaum schaden kann.

 

  1. https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Rolle_Bund_in_oesterreichischen_Krankenanstaltenplanung.pdf
  2. https://gesundheitsverbund.at/wiener-kliniken-in-erster-linie-fuer-wienerinnen-verantwortlich/
  3. https://steiermark.orf.at/stories/3193918/
  4. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230505_OTS0144/finanzreferentinnen-konferenz-neuer-verteilungsschluessel-bei-finanzausgleich-gefordert
  5. https://steiermark.orf.at/stories/3233464/
  6. https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/13898/imfname_1554839.pdf
  7. https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/12931/imfname_1520299.pdf
  8. https://www.parlament.gv.at/dokument/BR/BRSITZ/948/fnameorig_1597235.html#RU_287267
  9. https://wien.orf.at/stories/3291012/
  10. https://www.derstandard.at/story/3000000255211/oesterreichs-gesundheitsausgaben-stiegen-2023-ueberdurchschnittlich

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie viele Patient:innen aus anderen Bundesländern wurden in den vergangenen fünf Jahren in LGF-Krankenhäusern als Notfallpatient:innen behandelt? (Bitte um Angabe nach Herkunftsbundesland, Bundesland der Behandlung, sowie Jahr)
  2. Wie viele Patient:innen aus anderen Bundesländern wurden in den vergangenen fünf Jahren in LGF-Krankenhäusern als Akutpatient:innen behandelt? (Bitte um Angabe nach Herkunftsbundesland, Bundesland der Behandlung, sowie Jahr)
  3. Wie viele Patient:innen aus anderen Bundesländern wurden in den vergangenen fünf Jahren in LGF-Krankenhäusern für geplante Eingriffe stationär aufgenommen? (Bitte um Angabe nach Herkunftsbundesland, Bundesland der Behandlung, sowie Jahr)
  4. Wie viele Patient:innen aus anderen Bundesländern wurden in den vergangenen fünf Jahren in LGF-Krankenhäusern für geplante Eingriffe stationär aufgenommen und ohne Eingriff wieder entlassen? (Bitte um Angabe nach Herkunftsbundesland, Bundesland der Behandlung, sowie Jahr)
  5. An wie vielen Patient:innen aus anderen Bundesländern wurden in den vergangenen fünf Jahren in LGF-Krankenhäusern geplante Eingriffe durchgeführt? (Bitte um Angabe nach Herkunftsbundesland, Bundesland der Behandlung, sowie Jahr)
  6. Wie viele Patient:innen aus anderen Bundesländern wurden in den vergangenen fünf Jahren in LGF-Krankenhäuser für die strukturierte Versorgung und einer chronischen Erkrankung ambulant behandelt? (Bitte um Angabe nach Herkunftsbundesland, Bundesland der Behandlung, sowie Jahr)
  7. Welche Kosten entstanden den jeweiligen Bundesländern für die Behandlung dieser Patient:innen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Herkunftsbundesland, Bundesland der Behandlung, sowie Jahr und Kategorie der Behandlung entsprechend den Fragen eins bis sechs)
  8. Welche Kosten wurden von den Bundesländern für die Behandlung dieser Patient:innen an die Verbindungsstelle der Bundesländer gemeldet? (Bitte um Aufschlüsselung nach Herkunftsbundesland, Bundesland der Behandlung, Jahr und Kategorie der Behandlung analog zu den Fragen eins bis sechs)
  9. Wurde im Rahmen des Finanzausgleichs über einen neuen Verteilungsschlüssel gesprochen?
    1. Falls ja: Ab wann und war die Thematik der Gastpatient:innen ein Teil davon?
  1. Woran scheiterten die Verhandlungen über einen neuen Verteilungsschlüssel im Rahmen des Finanzausgleichs in Bezug auf die Verhandlungen im Bereich Gesundheit?
  2. Wurde im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen versucht, begriffliche Unklarheiten (wie beispielsweise Gastpatienten) in Rahmen- oder Detailplanung und Finanzströmen aufzuklären?
    1. Falls nein: Warum nicht?
  1. Wurde im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen versucht, eigene Abgeltungsmechanismen für Patient:innen aus anderen Bundesländern einzuführen?
    1. Falls nein: Warum nicht?
  1. Wurde im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen versucht, entsprechend den Empfehlungen des Rechnungshofes die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung im Krankenanstaltenwesen in einer Hand zu bündeln?
    1. Falls nein: Warum nicht?
  1. Wurde im Zuge der Neuerstellung des aktuellsten ÖSG versucht, Patientenströme von Gastpatienten in Versorgungsregionen darzustellen?
    1. Falls nein: Warum nicht?

Bitte um Übermittlung der Werte (sofern verfügbar) zu den Fragen eins bis acht im Excel-Format