403/J XXVIII. GP
Eingelangt am
13.02.2025
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert.
Abweichungen vom Original sind möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend
Systemisches Versagen bei der Umsetzung des Faxverbots gemäß GTelG
2012 - Chronische Verzögerungen, fehlende einheitliche
Datenübertragungsstandards und aktuelle Folgen
BEGRÜNDUNG
Seit dem 1. Jänner 2025 führt das gesetzliche Faxverbot zur Übermittlung von Gesundheitsdaten (§ 27 GTelG 2012) zu massiven Kommunikationsstörungen zwischen Krankenhäusern, Ärzt:innen und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Medienberichte (u. a. Kleine Zeitung, Der Standard, ORF) dokumentieren chaotische Zustände: Genehmigungsverfahren für Operationen und Medikamente verzögern sich, Spitäler greifen auf Botendienste zurück, und inkompatible Systeme blockieren den digitalen Austausch.
Ziel des Faxverbotes war und ist die Sicherstellung der Vertraulichkeit bei der elektronischen Übermittlung von Gesundheitsdaten und genetischen Daten. Aus datenschutzrechtlicher Perspektive ist das ein wichtiges Ziel, das es umzusetzen gilt. Die gescheiterte bzw. mangelhafte Umsetzung darf jedoch nicht zu einer Gefährdung von Patient:innen führen.
Besonders besorgniserregend ist der Umstand, dass die Faxablöse bereits einmal verschoben wurde. Ursprünglich im GTelG 2012 für 2018 vorgesehen, wurde die Umsetzung 2020 im Zuge der COVID-19-Pandemie (§ 15a COVID-3-GesG) bis 2025 ausgesetzt. Damals geschah dies aufgrund der Einmeldungen einzelner Bundesländer, dass man sich außerstande sah, in der Pandemie entsprechende Systeme bereitzuhalten. Es war damals an sich allen Beteiligten klar, dass die Ablöse von Faxübertragungen für sensible und heikle Patient:innen-Daten ein Ablaufdatum haben würde. Auch während der Verhandlungen zum Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und den ebenfalls am Tisch sitzenden Sozialversicherungen war die Digitalisierung und das Auslaufen von bisher in Verwendung befindlichen, aber nicht mehr zeitgemäßen Systemen ein Thema. Entsprechende Vereinbarungen finden sich auch im Ende 2023 geschlossenen Paktum zum Finanzausgleich.
Diese wiederholten Verzögerungen werfen ernsthafte Fragen zur Planungs- und Umsetzungskompetenz bzw. zur Bereitschaft der verantwortlichen Stellen auf. Die aktuelle Causa offenbart systemische Defizite in der Digitalisierungsstrategie des österreichischen Gesundheitswesens. Die wiederholten Fristüberschreitungen zeigen ein Muster systematischer Verzögerungen bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens seitens einzelner Stakeholder - insbesondere Länder, Sozialversicherungen und Ärztekammer - auf. Bei Außenstehenden stellt sich berechtigterweise die ernsthafte Frage nach dem ehrlichen Interesse an einheitlichen Standards für eine effiziente Versorgung der Bevölkerung.
Die parlamentarische Aufarbeitung soll Transparenz über Versäumnisse schaffen, Verantwortlichkeiten klären und Lösungen für eine kohärente, sichere Dateninfrastruktur entwickeln. Es ist von höchster Wichtigkeit, die Gründe für das wiederholte Scheitern zu verstehen und daraus Lehren für zukünftige Digitalisierungsprojekte im Gesundheitswesen zu ziehen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
Zeitliche Klarheit und Vorbereitung
1. Warum wurde die im GTelG 2012 fixierte und für 2018 geplante Faxabschaffung nicht umgesetzt?
2. Welche Übergangsbestimmungen mit welchen Fristen wurden wann damals eingeführt?
3. Welche konkreten Gründe wurden 2020 seitens welcher Stakeholder für die pandemiebedingte Verschiebung angeführt?
4. Seit wann war den beteiligten Institutionen (ÖGK, Landesgesundheitsagenturen, Ärztekammern) der Plan bekannt, dass die Faxübermittlung spätestens ab 1.1.2025 unzulässig ist?
5. War die Abstellung der Faxübermittlung Teil der Gespräche zum Finanzausgleich bzw. zur einher gehenden Gesundheitsreform? Wenn ja, in welchem Rahmen wurde die Absicht nach einer endgültigen Bestimmung kundgemacht?
6. Gab es zwischen dem Inkrafttreten des Finanzausgleichs und dem Inkrafttreten der Novellierung des GTelG2012 mit dem Ende der Faxübertragung Gespräche über dieses Ende mit den betroffenen Stakeholdern? Insbesondere von Interesse wären hier Gespräche mit den Sozialversicherungen, den Landesgesundheitsreferent:innen, der Ärztekammer, der ELGA GmbH.
7. Welche konkreten Fristen wurden den Systempartnern zur Umstellung auf alternative Systeme gesetzt?
Fragmentierung der Schnittstellen
8. Wie viele unterschiedliche Datenübertragungssysteme (z. B. FTAPI, Secftrans, DaMe, MEDICAL NET) sind derzeit in den Bundesländern im Einsatz?
9. Gibt es eine Übersicht zur technischen Kompatibilität dieser Systeme untereinander? Falls nein: Warum wurde keine bundesweit einheitliche Lösung priorisiert?
10. War die Vereinheitlichung dieser Systeme Inhalt von Gesprächen in den letzten 5 Jahren zwischen dem BMSGPK und den Bundesländern bzw. den Systempartnern?
11. Ist Ihnen die Bereitschaft der Systempartner, sich angesichts der aktuellen Causa auf einheitliche Standards zu einigen, bekannt? Falls ja, gibt es hierzu schon verbindliche Terminvereinbarungen und Absichtserklärungen?
Umsetzungsmaßnahmen und Scheitern
12. Welche konkreten Schritte wurden seit dem Beschluss des GTelG 2012 von Bundesländern, den Sozialversicherungsträgern und den Ärztekammern unternommen, um:
a) einen DSGVO-konformen Übertragungsstandard zu etablieren?
b) die Interoperabilität zwischen Krankenhäusern, Ordinationen und Versicherungen sicherzustellen?
13. Warum scheiterte die Einigung auf ein einheitliches System trotz jahrelanger Vorlaufzeit?
14. Welche Lehren wurden aus dem Scheitern der ersten Umsetzungsphase (2018- 2020)gezogen?
15. Wurden die während der Pandemie genannten „systemischen Überlastungen” bis 2025 behoben? Falls nein: Warum nicht?
Aktuelle Notfallmaßnahmen und Boteneinsätze
16. Wie viele Boteneinsätze mit sensiblen Patient:innendokumenten wurden seit
1.1.2025 österreichweit registriert?
17. Welche kurzfristigen Lösungen plant die Bundesregierung, um die Patientenversorgung sicherzustellen?
Rechtliche und finanzielle Konsequenzen
18. Wer trägt die Kosten für die Botendienste und improvisierten Lösungen?
19. Gibt es bereits Schadensersatzforderungen von Patient:innen oder Institutionen aufgrund von Behandlungsverzögerungen?
20. Gibt es rechtliche Prüfungen zur Haftung für die mehrfach verschleppte