408/J XXVIII. GP
Eingelangt am 18.02.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Nina Tomaselli, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend: Sind Österreichs Nobelvillen ein sicherer Hafen für sanktionierte Russen?
Russlands Kriegsmaschine in der Ukraine wird von einem Netzwerk Putin-freundlicher Oligarchen gefördert, die reich an Einfluss und Kapital sind. Die EU hat deswegen international koordinierte Sanktionen gegen 2400 Personen und Einrichtungen verhängt.[1] EU-Mitgliedsstaaten wie Österreich müssen eigentlich sicherstellen, dass die Vermögenswerte von gelisteten Personen eingefroren werden (“Einfrierung”) und ihnen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden (“Bereitstellungsverbot”). Dazu zählen natürlich auch Luxusimmobilien. Zudem ist es verboten, wissentlich und vorsätzlich an Tätigkeiten teilzunehmen, mit denen die Umgehung von Einfrierungen und Bereitstellungen möglich gemacht wird (“Allgemeines Umgehungsverbot”).[2] Eine Recherche des Netzwerks zur Erfassung und Veröffentlichung von organisierter Kriminalität und Korruption (kurz OCCRP) attestiert der in Österreich zuständigen Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst DSN mögliche Schwächen bei der Durchsetzung der Sanktionen.
Wie der “Standard” am 17.2.2025 berichtete, sind derzeit nur neun Immobilien in Österreich von diesem “asset freeze” betroffen.[3] Die geringe Zahl verwundert angesichts der engen Verbindungen, die russische Oligarchen jahrelang mit Österreich pflegten. Die DSN und die Österreichische Nationalbank, welche sich derzeit die Zuständigkeiten bei der Sanktionsdurchsetzung teilen, stellen sich bei Anfragen über das Ausmaß der eingefrorenen Vermögen taub. Der Datenschutz der betroffenen Personen sei zu wahren.
Aktuell mehren sich Stimmen, dass die Auslandsvermögen von sanktionierten Oligarchen zur Unterstützung der Ukraine genutzt werden sollen. Bereits letztes Jahr gab die EU 1,5 Mrd. Euro aus der Verzinsung von eingefrorenen russischen Vermögen für diese Zwecke frei.[4] Angesichts der immer prekäreren Situation der ukrainischen Verteidigung sollten russische Assets von österreichischen Behörden besonders intensiv geprüft werden.
Die Recherchen zeigen, dass mindestens vier weitere Immobilien sanktionierten Personen zugeordnet werden können, jedoch weiterhin genutzt und verwertet werden dürfen. Es handelt sich konkret um „das Fischerhaus am Fuschlsee, das 2017 per Schenkungsvertrag an die Tochter des Oligarchen und früheren FC-Chelsea-Eigentümers Roman Abramowitsch ging”, das „Waldschlössel am Attersee, hinter dessen Firmenkonstrukt angeblich die Tochter eines hochrangigen russischen Politikers steht”, „eine Immobilie am Wiener Kohlmarkt” sowie eine Villa im Kitzbüheler Oberleitenweg. Deren “Kauf wurde offenbar von einer Firma finanziert, deren Eigentümer wiederum mindestens zeitweise Arkadi Rotenberg [ein sanktionierter Oligarch, Anm.] war.”[5]
Mit den Vorwürfen der Untätigkeit konfrontiert, antwortete die DSN, dass eine Darlegung familiärer Verhältnisse nicht ausreiche, um ein Vermögen einzufrieren. Die Journalisten indes weisen darauf hin, dass bei der Eintragung einer Immobilie ins Grundbuch nicht verlangt wird, offenzulegen, “wer sich etwa hinter einer Briefkastenfirma verbirgt, die als Eigentümerin eingetragen ist.”[6]
Daher stellen die unterfertigenden Abgeordneten an den zuständigen Minister folgende
1) Wie viele Immobilien hat die DSN seit Beginn der intensivierten EU-Sanktionen gegen Russland ab Februar 2022 geprüft?
a. In wie vielen Fällen führten die Prüfungen zum Einfrieren der Immobilie bzw. der Eigentümergesellschaft, sofern es sich beim Eigentümer um eine Gesellschaft handelte?
b. In wie vielen Fällen führten die Prüfungen zu einer Einstellung der Untersuchung?
c. In wie vielen Fällen führten die Prüfungen zu keinem eindeutigen Ergebnis und was waren jeweils die Gründe dafür?
2) Gemäß der Verordnung (EU) 269/2014 sind sanktionierte Personen und alle, die über Informationen verfügen, welche die Anwendung der Verordnung erleichtern, nach ihrer Listung verpflichtet, der DSN Informationen über die betroffenen wirtschaftlichen Ressourcen zu melden. Auf wie viele Immobilien wurde die DSN auf diese Weise aufmerksam?
3) Auf welche anderen Anlässe hin wird eine Immobilie üblicherweise durch die DSN geprüft?
4) Der DSN stehen Auszüge aus dem Grundbuch und dem Register der wirtschaftlichen Eigentümer zur Verfügung, um die Eigentumsstrukturen einzelner Immobilien und Gesellschaften zu überprüfen. Welche weiteren Ermittlungen leitet die DSN üblicherweise ein, um bei einer Verdachtslage die Eigentümer von Immobilien zu ermitteln?
a. Welche Handlungen werden konkret vorgenommen, um die wahren wirtschaftlichen Eigentümer von Eigentümergesellschaften (“Briefkastenfirmen”) zu ermitteln?
5) Hat die DSN in der Vergangenheit untersucht, in wessen Besitz die in der Recherche genannten Immobilien sind und ob ein Einfrieren unter den aktuellen Sanktionsbestimmungen möglich ist? Bitte einzeln auf das Fischerhaus am Fuschlsee, das Waldschlössl am Attersee, die Immobilie am Kohlmarkt und die Villa im Kitzbüheler Oberleitenweg eingehen.
a. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
b. Wenn nein, warum nicht?
6) Welche Informationen liegen Ihrem Ministerium zu den oben genannten Immobilien von den Behörden des Grundverkehrs vor?
7) Gibt es seitens der DSN derzeit Bestrebungen, die Immobilien einzufrieren?
a. Wenn ja, worin bestehen diese?
b. Wenn nein, warum nicht?
8) Ist eine Nachkontrolle der betroffenen Immobilien durch das DSN geplant um eine Sanktionsumgehung ausschließen zu können?
a. Falls nein, warum nicht?
9) Wurde bereits rechtlich und praktisch geprüft, ob die Weitergabe von Immobilien innerhalb der Familie qualifiziert ist, als Umgehung des Bereitstellungsverbots (Artikel 9 der Verordnung (EU) 269/2014) gewertet zu werden und wenn ja wie lautete das Ergebnis?
10) Wurde bereits rechtlich und praktisch geprüft, ob die treuhändische Verwaltung oder die anderweitige Verwaltung einer Immobilie über Briefkastenfirmen qualifiziert ist, als Umgehung des Bereitstellungsverbots (Artikel 9 der Verordnung (EU) 269/2014) gewertet zu werden und wenn ja wie lautete das Ergebnis?
11) Welche Schritte wurden durch Sie oder Ihr Kabinett eingeleitet, um den internationalen Verpflichtungen zur Sanktionierung auch vollständig nachzukommen?
12) Welche Informationen liegen Ihnen zu den aufgrund der Sanktionsmechanismen eingefrorenen Vermögenswerten, insbesondere Immobilienvermögen, vor?
[1] https://www.consilium.europa.eu/de/policies/sanctions-against-russia-explained/
[2] https://www.dsn.gv.at/407/
[3] https://www.derstandard.at/story/3000000257423/oligarchen-villen-oesterreich-friert-nur-neun-immobilien-ein
[4] https://enlargement.ec.europa.eu/news/first-transfer-eu15-billion-proceeds-immobilised-russian-assets-made-available-support-ukraine-today-2024-07-26_en?prefLang=de
[5] Siehe Fußnote 2
[6] Siehe Fußnote 2