4094/J XXVIII. GP
Eingelangt am 03.12.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Lukas Hammer, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Steinbruch Galgenberg in Leoben - wie schaut es eigentlich mit den nötigen Bewilligungen aus?
Der Steinbruch Galgenberg im zentrumsnahen Stadtteil Leitendorf der Stadt Leoben (Steiermark) steht seit Jahren im Zentrum heftiger Proteste und juristischer Auseinandersetzungen. Anrainer:innen berichten von starken Belastungen: Staub, Lärm, Verkehrszunahme, besonders durch Sprengungen und Abbauarbeiten.
Immer wieder kommt es bei Sprengungen zu gefährlichen Zwischenfällen. So etwa auch im Sommer 2021, als Gesteinsbrocken bis in Siedlungsbereiche flogen, Häuser beschädigt wurden und eine Frau verletzt wurde.[1]
Auf Grundlage dieses Zwischenfalls wurden die Sprengungen vorübergehend untersagt.[2] Mittlerweile wurden diese aber zum Leidwesen der Anrainer:innen wieder aufgenommen. Dieser Steinbruch mit regelmäßigen Tiefbohrlochsprengungen bzw. Festgesteinsprengungen im Wandabbau ohne Schutzkulisse auf den Abbaustufen 3-12, der unmittelbar in Wohngebiets- und Schulstandortnähe liegt, soll trotz seiner exponierten Lage weiter hochgefahren werden.
Zusätzlich zur Bergbautätigkeit wurde eine Betonmischanlage inklusive Restbetonaufbereitung und Abstellplatz auf dem Areal von der Bezirkshauptmannschaft Leoben genehmigt.[3] Auch hier ergeben sich in Kumulation mit der bestehenden Bergbautätigkeit weitgehende rechtliche Fragen.
Die Bürgerinitiative „Interessensgemeinschaft für den Erhalt und zur Förderung der Lebensqualität und Sicherheit in Leoben‑Leitendorf – IGLL“ erhebt massive rechtliche Zweifel an der aktuellen Genehmigungssituation des Steinbruchs insgesamt. Insbesondere wird angezweifelt, ob die Einstufung als „Bagatellbetrieb“ unter dem Mineralrohstoffgesetz (MinroG) zulässig war. Denn nur in diesem Fall war eine Überleitung der „alten“ Genehmigung aus dem Bergbaugesetz 1975 gemäß § 204 MinroG zulässig. § 204 MinroG lautet (Hervorhebungen durch den Anfrageverfasser):
§ 204. (1) Für bestehende und nach anderen Rechtsvorschriften genehmigte Abbaue für mineralische Rohstoffe, die ab dem 1. Jänner 1999 zu den grundeigenen mineralischen Rohstoffen zählen, sowie in den Fällen, in denen ein Hauptbetriebsplan nach dem IV. Abschnitt des VIII. Hauptstückes des Berggesetzes 1975, BGBl. Nr. 259, in der Fassung der Berggesetznovelle 1990, BGBl. Nr. 355, aus den im § 138 Abs. 1 des Berggesetzes 1975 genannten Gründen - sofern es sich nicht um einen untertägigen Abbau gehandelt hat - nicht aufzustellen war, gelten die Genehmigungen nach den §§ 83 und 116 als erteilt. Der Bergbauberechtigte hat der Behörde bis zum Ablauf des 31. Dezember 2002 Unterlagen der im § 113 Abs. 1 Z 2, 5 und 6 genannten Art vorzulegen. Auf diese Unterlagen findet § 179 Abs. 1 und 2 Anwendung.
(2) Auf am 1. Jänner 2002 bestehende Abbaue findet § 116 Abs. 11 mit der Maßgabe Anwendung, dass die Behörde den Erlag einer Sicherheitsleistung vorschreiben kann, die entsprechend der zum Zeitpunkt der Vorschreibung offenen Fläche des Abbaues (der Abbaue) bis längstens fünf Jahre nach dem vorgenannten Zeitpunkt zu erlegen ist.
Im Falle des Steinbrauchs am Galgenberg war aber, wie sich aus Unterlagen, die dem Anfragesteller vorliegen, ergibt, die Aufstellung eines Hauptbetriebsplans nach dem Bergbaugesetz 1975 vorgeschrieben. Da es sich somit um keinen „Bagatellbetrieb“ gehandelt hat (bzw. handelt), wäre eine Überleitung der Genehmigung nach § 204 Abs 1 MinroG zweifellos unzulässig gewesen.
Darüber hinaus wurden im MinroG in § 82 Abbauverbotszonen eingeführt.
Die Nähe des Steinbruchs zur Wohnbebauung führt seit Jahren zu Konflikten – etwa durch Staub, Lärm und Verkehrsbelastungen. Besonders dramatisch sind auch die offensichtlichen Gefahren für Leib und Leben durch die Sprengtätigkeit. Der Sprengunfall im Jahr 2021 hat bei Anrainer:innen berechtigte Ängste ausgelöst. Immerhin kam es nicht nur zur besagten Verletzung einer Person, sondern insgesamt zu über 100 (!) Einschlägen von Gestein im bewohnten Gebiet – somit zu einer lebensgefährlichen Bedrohung für alle Anrainer:innen. Es ist inakzeptabel und grob fahrlässig und gefährdend, dass die zuständige Aufsichtsbehörde bis heute keine fundierte amtswegige Prüfung der Genehmigungsgrundlagen für die Abbautätigkeit veranlasst hat und bis zum Vorliegen eines fundierten Ergebnisses dieser Prüfung eine Einstellung von Sprengtätigkeit und Abbaugebiet veranlasst hat.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Welche Genehmigungsbescheide liegen zum gegenständlichen Steinbruch vor?
2) Welcher Gewinnungsbetriebsplan liegt zum gegenständlichen Steinbruch vor?
3) Welche Auflagen zum Schutz der Zivilbevölkerung und der Umwelt liegen vor?
4) Wurde nach dem Unfall von 2021, wo über 100 Steinbrocken ins Wohngebiet einschossen, inklusive Personen- und massiven Sachschäden, die Untersagung des Betriebs wegen Gefahr in Verzug überprüft?
5) Der Streubereich beim Sprengunfall 2021 war ca. 500 m. Mit welcher Begründung und durch welche Maßnahmen ist seither eine Unterschreitung des 300 m Streubereichs nach der Sprengarbeitenverordnung SprengV im dicht besiedelten Wohngebiet zulässig?
6) Wurde die Rechtmäßigkeit der Genehmigung aus 1983 und insbesondere deren Übergangs nach § 204 Abs 1 MinroG amtswegig tiefgehend geprüft und wenn ja wann und mit welchem Ergebnis?
a. Wenn nein: warum unterblieb dies?
7) In der Anfragebeantwortung 8323/AB (XXVII. GP) der parlamentarischen Anfrage Nr. 18932/J vom 17. Juni 2024 der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd., Kolleginnen und Kollegen führt Ihr Vorgänger, Dr. Magnus Brunner, mehrfach aus: „Seitens des BMF als dem für Angelegenheiten des Bergwesens zuständigen Bundesminister sind dazu auch weitergehende Abstimmungen mit dem Amt der Steiermärkischen Landesregierung (Abteilung 13) beabsichtigt.“
a. Welche konkreten Schritte sind seither erfolgt? (Um eine detaillierte Auflistung nach Maßnahme/Zeitpunkt/Inhalt/Ergebnis wird ersucht)
b. Ihr Vorgänger Dr. Magnus Brunner führte in derselben Anfragebeantwortung auch aus, dass bei Festgesteinsbergbauen mit regelmäßiger Sprengarbeit (….) eine Herabsetzung des 300m Abstandes ausgeschlossen ist. (RV 833 BlgNR XXI. GP,35) Gilt dies nicht auch für den gefährlichen Steinbruchbetrieb mitten in der Stadt Leoben?
8) Kam es zu einer Überleitung der Genehmigung nach § 204 Abs 1 MinroG und wenn ja, handelt es sich hierbei um die nach wie vor gültige Genehmigung?
a. Falls ja: Wie kann es sein, dass diese Überleitung stattfand, obwohl zuvor die Aufstellung eines Hauptbetriebsplans vorgesehen war und somit offensichtlich kein Bagatellbetrieb vorlag und daher die rechtlichen Voraussetzungen des § 204 Abs 1 MinroG nicht vorlagen?
b. Falls ja: ist Ihnen dieser Umstand bekannt und welche Schritte zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der aktuellen Genehmigung haben Sie bisher unternommen bzw. planen Sie zu übernehmen?
9) Offensichtlich werden bei gegenständlichem Abbau die Abbauverbotszonen nach § 82 MinroG und die darin enthaltenen Mindestabstände unterschritten (sowohl die genannten 300m als auch die absolute 100m Grenze). Auch in der Anfragebeantwortung 8323/AB (XXVII. GP) zitiert Ihr Vorgänger Dr. Magnus Brunner die BH Leoben wie folgt: „Die maßgebliche Gewinnungsbewilligung wurde von der Berghauptmannschaft Leoben im Jahre 1983 erteilt und zwar nach Maßgabe des § 95 des Berggesetzes 1975. Dort sind keine Schutzzonen oder Mindestabstände angeführt; diese Frage ist daher zu verneinen.“
Welche Schritte haben Sie als Aufsichtsbehörde unternommen, um hier eine rechtmäßige Situation und die Einhaltung der akutellen Sicherheitsabstände nach dem MinroG herzustellen?
10) Nach § 174 Abs 1 MinroG haben die Behörden in Ausübung ihres Aufsichtsrechts die Einhaltung dieses Bundesgesetzes, der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen und der sonstigen von den Behörden anzuwendenden Rechtsvorschriften sowie der darauf beruhenden Anordnungen zu überwachen, besonders soweit sie u.a. den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Personen (…) und den Umweltschutz betreffen. Welche konkreten Maßnahmen nach dieser Bestimmung haben Sie bzw. Ihr Vorgänger zum oben genannten Betrieb in den letzten fünf Jahren gesetzt? (Um eine detaillierte Auflistung nach Maßnahme/Zeitpunkt/Inhalt wird ersucht)
11) Welche Schritte wurden von Ihnen oder Ihren Vorgängern in den letzten fünf Jahren gesetzt um Kompatibilität zwischen wirtschaftlichen Interessen und der Belastung der Anrainer:innen durch Immissionen aus dem Betrieb sicherzustellen (Um eine detaillierte Auflistung nach Maßnahme/Zeitpunkt/Inhalt wird ersucht)
a. Inwieweit bestand oder besteht hier ein Austausch mit den zuständigen Landesbehörden, insbesondere der BH Leoben?
[1] https://steiermark.orf.at/stories/3111129/?utm_source=chatgpt.com
[2] https://www.meinbezirk.at/leoben/c-lokales/leoben-der-steinbruch-galgenberg-sorgt-weiter-fuer-aengste_a4816305?utm_source=chatgpt.com
[3] https://www.meinbezirk.at/leoben/c-lokales/bescheid-gibt-gruenes-licht-anrainer-wollen-kaempfen_a6786381?utm_source=chatgpt.com