433/J XXVIII. GP
Eingelangt am 21.02.2025
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ANFRAGE
des Abgeordneten Alois Kainz
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Liegt Versagen des Ärztebereitschaftsdienst vor?
Die Ärztebereitschaft an den Feiertagen rund um Weihnachten und Silvester und deren Gewährleistung ist von wichtiger Bedeutung. Aufgrund einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs sind Ärzte mit § 2 Kassenvertrag seit 2019 nicht mehr verpflichtet, an Feiertagen und Wochenenden Bereitschaftsdienste zu verrichten, womit die Ärztebereitschaft nur noch auf Freiwilligkeit basiert. Diese Umstellung bedingt eine schwierigere Sicherstellung der ärztlichen Versorgung – besonders im ländlichen Bereich.
Umso erstaunlicher kam es in den vergangenen Jahren in Niederösterreich während der Weihnachtsfeiertage zu einem spürbaren Rückgang der Notrufe. Im Vergleich zu den Vorjahren wurde eine deutlich geringere Zahl an Einsätzen verzeichnet.
Dazu wurde am 26.12.2024 auf der unter https://noe.orf.at[1] abrufbaren Website folgendes veröffentlicht:
Deutlich weniger Notrufe zu Weihnachten
Notruf Niederösterreich hat zu Weihnachten mehr als 10.800 Telefonate und damit um fast 20 Prozent weniger als 2023 geführt. Laut einer Bilanz vom Donnerstagabend waren an den drei Feiertagen 246 Mitarbeitende im Dienst.
5.000 der Anrufe betrafen der Bilanz zufolge allgemeine Anfragen, Auskünfte und dienstliche Telefonate mit Einsatzkräften, gefolgt von etwa 2.000 Notrufen, aus denen knapp 2.100 Einsätze der niederösterreichischen Rettungsorganisationen resultierten. An den Weihnachtsfeiertagen wurden 2.700 Krankentransporte disponiert und knapp 1.500 Gesundheitsberatungen durchgeführt.
Absolviert wurden auch 118 Interventionen der Acute Community Nurses, neun Betreuungseinsätze des AKUTteams NÖ sowie hunderte Stunden an Bereitschafts- und Dienststunden von Technikpersonal und Dienstaufsichten im Hintergrund.
Anlassbedingt ist in diesem Zusammenhang anzuführen, dass es am Christtag, 25.12.2024, 12:25 Uhr in der Stadtgemeinde Allentsteig (NÖ) zu einem medizinischen Notfall kam, bei dem ein Notruf abgesetzt werden musste. Der Bereitschaftsdienstversehende Arzt (Bereitschaftsdienst bis 14 Uhr) wurde von einem Mitarbeiter der im Artikel erwähnten ‚Acute Community Nurses‘ vergeblich telefonisch kontaktiert. Es folgten vier telefonische Kontaktaufnahmen, welche kein einziges Mal vom diensthabenden Arzt entgegengenommen wurden. Dem Anrufbeantworter der Ordination war zu entnehmen, dass sich der betreffende Arzt auf Urlaub befände – trotz offiziellen Bereitschaftsdienstes!
Es drängt sich hier die Frage auf, wie es zu diesem Versagen kommen konnte und ob die bundesweite medizinische Versorgung im Rahmen der freiwilligen Ärztebereitschaft tatsächlich gewährleistet ist. Bezugnehmend auf den zitierten Artikel stellt sich außerdem die Frage, ob solch mediale Veröffentlichungen Trugschlüsse sind, sodass gar nicht weniger Notrufe abgesetzt, sondern die diensthabenden Ärzte diesen einfach nicht nachkommen (können).
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage
1. Sind Ihrem Ministerium Vorfälle wie der genannte bekannt?
a. Wenn ja, in welchen Gemeinden und in welchem Zeitraum wurden solche Vorfälle gemeldet?
b. Wenn ja, wie begründet und reagierte Ihr Ministerium auf solche Vorfälle?
2. Ist Ihrem Ministerium der konkret angeführte Vorfall am 25.12.2024 in Allentsteig bekannt?
a. Wenn ja, liegen Ihrem Ministerium Protokolle zum Einsatz vor?
b. Wenn ja, wie regierte Ihr Ministerium auf diesen Vorfall?
3. Wie erklärt Ihr Ministerium, dass Ärzte innerhalb des angemeldeten Bereitschaftsdienstes Notrufe nicht entgegennehmen und eine gleichzeitige Urlaubsmeldung vorliegt?
4. Welche konkreten Überprüfungsmechanismen sind vorgesehen, um die tatsächliche Verrichtung des Bereitschaftsdienstes zu kontrollieren?
a. Wer führt diese wie oft durch?
b. Gibt es hier Unterschiede innerhalb der Bundesländer?
5. Kam es innerhalb dieser Überprüfungen zu Verstößen von Bereitschaftsdiensthabenden Ärzten?
a. Wenn ja, worin bestanden die Verstöße?
b. In welchem Zeitraum wurden wie viele Verstöße gemeldet? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland)
c. Wenn ja, welche Sanktionen sind vorgesehen / wurden verhängt?
6. Wie viele Ärzte verrichten zurzeit Bereitschaftsdienst bundesweit? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland und Fachrichtung)
7. Wie sehen die aktuellen Dienstzeiten im Rahmen des Bereitschaftsdienstes aus? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland)
8. Welche Kosten entstehen aktuell pro angefangene Stunde durch Dienstleistung am Patienten während des Bereitschaftsdiensts?
a. Welche Kosten entstehen den ÖGK-Landesstellen dadurch?
9. Sind Ihrem Ministerium Fälle bekannt, in denen Ärzte Bereitschaftsdienststunden verrechneten, ohne diesen tatsächlich absolviert zu haben?
a. Wenn ja, wo und in welchem Zeitraum fanden diese Fälle statt?
b. Welche Kosten verursachten diese fehlerhaften Auszahlungen?
c. Wie wird dem konkret entgegengetreten?
10. Ist der Bereitschaftsdienst in seinem Bestand gefährdet?
a. Wenn ja, welche Regionen sind besonders betroffen?
b. Wenn ja, welche Maßnahmen setzt Ihr Ministerium deshalb?
11. Inwieweit ist aktuell die medizinische Versorgung im Rahmen des freiwilligen Bereitschaftsdienstes gewährleistet?
a. Wie lauten die aktuelle Zahlen bzgl des bundesweiten Ärztemangels? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland)
b. Liegen Ihrem Ministerium entsprechende Prognosen in Hinblick auf die Entwicklung des Bereitschaftsdiensts vor?
12. Sieht Ihr Ministerium den Rückgang an Notrufen innerhalb der Feiertage als Hinweis auf eine mangelnde Verfügbarkeit von Bereitschaftsärzten?
a. Besteht die Gefahr, dass die veröffentlichten Zahlen von 20 % weniger Notrufen irreführend sind und möglicherweise auf Systemmängel im Bereitschaftsdienst hinweisen?
b. Wenn ja, welche Maßnahmen setzt Ihr Ministerium dahingehend?
c. Wenn nein, wieso nicht?
13. Sieht Ihr Ministerium die akute Notwendigkeit, die Kommunikation und Erreichbarkeit von Bereitschaftsärzten zu verbessern?
a. Wenn ja, wie soll diese Verbesserung aussehen?
b. Wenn nein, wieso nicht?
14. Zieht Ihr Ministerium aktuell eine Überarbeitung des Systems der ärztlichen Bereitschaftsdienste (Arbeitszeit, Entlohnung etc) in Erwägung – besonders in ländlichen Bereichen?
a. Wenn ja, wie soll eine derartige Überarbeitung konkret aussehen?
b. Wenn ja, wann ist mit der Umsetzung zu rechnen?