45/J XXVIII. GP
Eingelangt am 24.10.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Verurteilungsraten im Bereich Gewalt gegen Frauen
Gewalt gegen Frauen, Stalking, sexuelle Gewalt oder sexuelle Belästigung sind in Österreich nach wie vor ein enormes Problem. Jede 3. Frau in Österreich ist laut Statistik Austria von Gewalt betroffen[1]:

Dennoch sind die Verurteilungsraten – aus verschiedensten Gründen - gering. Mitunter gibt es immer noch mangelndes Problembewusstsein, was Gewalt und sexuelle Belästigung betrifft. Schwierig ist auch die Beweissicherung bei Gewalt oder Vergewaltigung, sollte sich eine Frau erst später für eine Anzeige entscheiden.
Zwei Beispiele, die in den vergangenen Monaten in Tirol in den Medien waren:
Eine Pflegerin war vergangenen Februar an einem Operationstisch mit deren Einwilligung fixiert worden, um Einstellungsarbeiten vorzunehmen. „Danach war die OP-Einstellung seitens der Kollegen nämlich dahingehend ausgeartet, dass sie die Frau in ihrer entwürdigenden Position fotografierten und einer der Kollegen zudem im Intimbereich der Arbeitshose mit einem Stift einen Anus und eine Vagina skizziert hatte. Dabei hatte die Frau schon versucht, ihrer misslichen Lage zu entkommen und laut ihren Angaben die Männer bereits aufgefordert „dies zu lassen“.“
Die vier Männer wurden fristlos entlassen. Zu den Vorfällen gibt es offenkundig unterschiedliche Wahrnehmungen. Während einerseits von einem „ausgearteten Spaß unter Kollegen“ die Rede ist, war das für die betroffene Pflegerin ganz klar kein Spaß. Sie leidet seither laut einer Psychiaterin an einer daraus folgenden Depression und Anpassungsstörung.
Im Oktober wurden die Männer im Zweifel freigesprochen.[2]
Ein Tiroler Polizist soll Kolleginnen systematisch belästigt und diesen auch Dickpics geschickt haben. Im Herbst 2023 wurde er suspendiert. Nach Monaten hat die Disziplinarkommission entschieden, dass er entlassen werden soll. Bereits im Jahr 2018 war er von in einem Disziplinarverfahren verurteilt worden.[3]
Strafrechtliche Konsequenzen gibt es offenbar nicht. In Österreich ist das Versenden von Dickpics weiterhin nicht strafbar, obwohl ein entsprechender Antrag der SPÖ dazu dem Nationalrat bereits seit Mai 2022 vorliegt.[4]
Eine statistische Erfassung von geschlechtsspezifischer Gewalt liefert nicht nur eine wichtige Datengrundlage, sie ist auch Basis für weiterführende politische Maßnahmen, um dem Ziel, dass niemand körperliche, psychische, sexuelle Gewalt oder Machtmissbrauch erfahren muss, näher zu kommen.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage
1. Wie viele Fälle von häuslicher Gewalt / Gewalt im sozialen Nahraum wurden in den vergangenen zehn Jahren angezeigt und wie viele Verurteilungen gab es? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Geschlecht.
2. Wie viele Vergewaltigungen wurden in den vergangenen zehn Jahren angezeigt und wie viele Verurteilungen gab es? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Geschlecht.
3. Wie viele Fälle von Stalking wurden in den vergangenen zehn Jahren angezeigt und wie viele Verurteilungen gab es? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Geschlecht.
4. Wie viele Fälle von sexueller Belästigung wurden in den vergangenen zehn Jahren angezeigt und wie viele Verurteilungen gab es? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Geschlecht.
5. Wie viele Fälle von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz wurden in den vergangenen zehn Jahren angezeigt und wie viele Verurteilungen gab es? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Geschlecht.
6. Wie viele Fälle von Upskirting wurden seit Einführung des Straftatbestandes angezeigt und wie viele Verurteilungen gab es?
7. Welche Datenerhebungen zu geschlechtsspezifischer Gewalt werden seitens des Ministeriums durchgeführt?
8. Welche politischen Maßnahmen bzw. Projekte leiten Sie aus diesen Daten ab?
9. Sehen Sie im Bereich der geschlechtsspezifischen Gewalt fehlende Datengrundlagen? Wenn ja, in welchen Bereichen?
10. Wie stehen Sie zur Einführung weiterer Straftatbestände wie z.B. Strafbarkeit des Versendens von Dickpics oder Anti-Catcalling bzw. sind solche in Planung?
[1] Vgl.: Jede dritte Frau von Gewalt betroffen (statistik.at)
[2] Vgl.: https://www.tt.com/artikel/30893903/pflegerin-fixiert-und-erniedrigt-urteil-gegen-vier-entlassene-pfleger-des-lkh-hall-ist-gefallen
[3] Vgl.: https://www.tt.com/artikel/30886792/kolleginnen-systematisch-belaestigt-tiroler-polizist-steht-vor-der-entlassung
[4] Vgl.: Strafbarkeit des Versendens von "Dickpics" (2434/A(E)) | Parlament Österreich