643/J XXVIII. GP

Eingelangt am 27.02.2025
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten MMag. Dr. Michael Schilchegger

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Weisungen in der Causa 037 213 ST 6/23y der Staatsanwaltschaft Wien

 

Im Zuge eines Scheidungsverfahrens kam es zu einer Strafanzeige des Ehegatten T. wider seine Gattin Frau T. Diese arbeitete auch in dessen Rechtsanwaltskanzlei. Ihr oblagen die finanziellen Gebarungen sowie die Leitung der Personalverwaltung. Zudem hatte sie  Zugang zu allen Geschäftsunterlagen und sensiblen Daten. Das ihr gegebene Vertrauen nutzte sie mutmaßlich um Originalurkunden von Herrn T.s Mandanten an sich zu bringen, Vermögenwerte zu veruntreuen, sowie Herrn T. zu erpressen und zu verleumden.

 

Die daraus folgende Ehezerrüttung veranlasste Herrn T. die Scheidung einzubringen, sowie Frau T. aufgrund ihrer strafrechtlichen Vergehen anzuzeigen. Die Anzeige wurde beim BKA, Büro zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, bei Chefinspektor (CI) A. erstattet, woraufhin die erforderlichen Schritte bei der Staatsanwaltschaft Wien eingeleitet wurden. Ein schnelles Einschreiten war geboten, da zu befürchten war, dass die Beschuldigte andernfalls die zweifelsfrei vorhandenen Vermögenswerte verbirgt und die Ermittlungen gefährdet.

 

Unmittelbar vor dem geplanten Einschreiten wurde der Akt CI A. entzogen und CI R. zugeteilt, aber dann binnen weniger Tage dem LKA NÖ zugeteilt, ohne dass weitere Schritte in der Zwischenzeit gesetzt hätten werden können. Beide Beamten (CI A. und CI R.) gaben an, keine Informationen über die Interventionen und die Hintergründe für die erfolgte Weisung erhalten zu haben. Die mit mehrwöchiger Verspätung vorgenommene „freiwillige Nachschau“ bei Frau T. blieb wenig überraschend ohne Ergebnis und war aus kriminaltaktischer Sicht völlig sinnlos.

 

Die Staatsanwaltschaft Wien begründete diesbezüglich, dass Herr T. als Rechtsanwalt und Strafverteidiger hauptsächlich Mandate vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien übernimmt und den Bediensteten der Staatsanwaltschaft und des Landesgerichts für Strafsachen Wien bekannt ist, das Verfahren gem. § 28/1 StPO delegiert werden müssen, um einen äußeren Anschein der Befangenheit zu vermeiden.

 

Die Staatsanwaltschaft Eisenstadt hat ebenso aufgrund der Sorge des „Anscheins der strukturellen Befangenheit“ eine Delegierung beantragt, da sie meinte, dass der Beklagte „als Rechtsanwalt und Strafverteidiger häufig auch im Sprengel der Staatsanwaltschaft Eisenstadt agiert“. Die Generalprokuratur beim Obersten Gerichtshof teilte am 11.12.2023 mit, dass kein Grund für die Abnahme und Übertragung des Ermittlungsverfahrens vorliegt. Die für die Delegierung vorgebrachten Gründe seien nicht geeignet gewesen, eine unparteiliche Behandlung des Beklagten anzunehmen.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgende

 

Anfrage

 

1.    Wurden in der oben genannten Causa Weisungen erteilt?

a.    Wenn ja, von wem, wann und zu welchem Zweck?

2.    Warum wurde der Akt dem Chefinspektor des BKA, A., unmittelbar nach der Anzeige entzogen?

3.    Wer hat diese Entziehung veranlasst?

4.    Wie rechtfertigen Sie die Verfahrensverzögerungen in Hinsicht auf den kriminaltaktischen Misserfolg der freiwilligen Nachschau bei Frau T.?

5.    Welche Gründe waren für die Übertragung an die Staatsanwaltschaft Eisenstatt maßgeblich?

6.    Welche Konsequenzen wurden aus der Entscheidung der Generalprokuratur beim OGH vom 11.12.2023 gezogen?