706/J XXVIII. GP

Eingelangt am 19.03.2025
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Anfrage

 

der Abgeordneten Agnes-Sirkka Prammer, Lukas Hammer, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend: Arbeitet das BMI mit rechtsextremen Sprengstoffexperten zusammen?

BEGRÜNDUNG

 

Am 5. November 2024 wurden im Rahmen von Ermittlungen gegen die mutmaßlich rechtsterroristische Gruppierung „Sächsische Separatisten" (mit der selbst gewählten Abkürzung „SS") in Deutschland und Österreich mehrere Hausdurchsuchungen und acht Verhaftungen durchgeführt. Die Sächsischen Separatisten wurden - so zitiert zusammengefasst das Monatsmagazin DATUM aus Ermittlungsakten - im Jahr 2020 unter anderem von den Brüdern Jörg und Jörn Schimanek gegründet. Das Ziel der Gruppierung sei es demnach, eine am Nationalsozialismus ausgerichtete Gesellschaftsordnung zu errichten und dabei unter anderem durch ethnische Säuberungen gegen als "unerwünscht" erachtete Gruppen vorzugehen und diese zu „entfernen". Laut den Recherchen pflegten die Brüder gute Verbindungen nach Österreich, unter anderem zu einem anerkanntem Sprengstoffexperten mit guten Verbindungen ins Innenministerium, dessen Rolle und Verbindungen noch nicht ganz klar erscheinen.

A. K.[1] ist als anerkannter Sachverständiger für Sprengtechnik tätig. In den Ermittlungsakten wurde er mehrfach im Zusammenhang mit der Gruppe genannt. Alarmierend daran scheinen aber nicht nur die guten Verbindungen, sondern auch, dass K. seine Fachexpertise dem mutmaßlichen Rädelsführer Jörg Schimanek zur Verfügung gestellt sowie einen dubiosen Waffendeal getätigt haben soll. So kam es offenbar zur mutmaßlichen Weitergabe eines Schalldämpfers durch den führenden Kopf der "Sächsischen Separatisten", Jörg Schimanek, an A. K., sowie zur Vermittlung eines Beschusstests für militärische Schutzplatten durch ihn.

Zusätzlich zu diesen aktuellen Erkenntnissen bestehen auch historische Verbindungen K.s zur rechtsextremen Szene: Bereits 1983 wurde er als Jugendlicher festgenommen, nachdem er mit einem Komplizen versucht hatte, einen Weinkeller zu sprengen. Bei einer Hausdurchsuchung wurden damals neonazistische Schriften und ein SS-Schwur über seinem Bett entdeckt.

Trotz dieser bekannten eindeutigen Verbindungen zur rechtsextremen Szene wird A. K. offenbar als verlässlich gemäß dem österreichischen Waffen- und Sprengmittelgesetz eingestuft und wird bis dato im „Register der zur Durchführung von Lehrgängen im Sinne des § 17 Abs. 3 Z 1 Pyrotechnikgesetz 2010 (PyroTG 2010) nach Maßgabe des § 18 Abs. 1 leg. cit. berechtigten Lehrgangsträger“ des Innenministeriums für Lehrgänge zur sicheren Durchführung von Sprengungen geführt. Dies wirft erhebliche Fragen hinsichtlich der Vergabe dieser Berechtigungen auf: Wie wird einer Person mit solchem Hintergrund die Verlässlichkeit beschieden? Wie wird die Liste jener Personen und Organisationen erstellt, die derartige Lehrgänge abhalten dürfen? Gibt es erweiterte Sicherheitsüberprüfungen, und wenn ja, warum können Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen zu einem positiven Bescheid führen?

Ein weiteres zentrales Problem stellt der private Handel mit Waffen und Militärausrüstung dar. So konnte Jörg Schimanek offenbar Schalldämpfer sowie enorme Mengen ballistischer Schutzplatten für kugelsichere Westen privat erwerben und weiterverkaufen – ohne dass eine behördliche Kontrolle stattfand. Welche Vorkehrungen gibt es für den privaten Verkauf solcher Ausrüstung, insbesondere bei sicherheitsrelevanten Gegenständen wie Schutzplatten?

Zuletzt stellt sich die Frage nach der Handhabung von Ausnahmeregelungen für Jäger im Zusammenhang mit Schalldämpfern. In Österreich sind Schalldämpfer für den allgemeinen Gebrauch verboten, es gibt jedoch zahlreiche Ausnahmen für Jäger. Dies könnte eine erhebliche Sicherheitslücke darstellen, da Schalldämpfer oft in rechtsextremen Kreisen als Teil illegaler Waffenarsenale genutzt werden. Warum gibt es hier so viele Ausnahmen, und wird die Verlässlichkeit der Jäger in diesen Fällen ausreichend überprüft?

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)     Welche konkreten Kriterien und Überprüfungen gelten für die Ausstellung einer Berechtigung zur Durchführung von Sprengstofflehrgängen? Von welcher Behörde wird die Berechtigung erteilt?

2)     Wie viele Lehrgänge hat A. K. bereits gemeinsam mit dem Innenministerium bzw. mit Bediensteten des Innenministeriums durchgeführt?

3)     Gibt es eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung für Personen, die Lehrgänge zur sicheren Durchführung von Explosionen anbieten dürfen? Falls ja, warum führte die Nähe K.s zu rechtsextremen Kreisen nicht zu einer negativen Beurteilung?

4)     Seit wann sind Ihnen die Vorwürfe gegen A. K. bekannt und wurde bereits eine Überprüfung seines Status im Innenministerium eingeleitet?

a)    Wenn ja: Wann genau?

b)    Welche weiteren Maßnahmen wurden seit Bekanntwerden ergriffen?

5)     Warum scheint A.K. weiterhin im in der Begründung erwähnten Register auf?

6)     Werden Sie Vorkehrungen treffen, damit A. K. in Zukunft keine Tätigkeiten mehr für das Innenministerium verrichtet?

a)    Wenn nein, warum nicht?

b)    Wenn ja, welche?

7)     Verfügt A.K. auch über waffenrechtliche Dokumente?

a)    Wenn ja: für wie viele legale Waffen?

b)    Wenn ja: Verfügt er über eine Erlaubnis zum Besitz von Schalldämpfern? Wenn ja: Seit wann?

8)     Verfügt A.K. über eine Lizenz für Waffenhandel?

a)    Wenn ja: seit wann und erstreckt sich diese auch auf Kriegsmaterial?

9)     Braucht es in Österreich für die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Schalldämpfern entsprechende Bewilligungen? Wenn ja: Wer erteilt diese Bewilligungen und was konkret wird dabei im Vorfeld geprüft?

a)    Wie viele derartige Anträge wurden von K. bisher gestellt mit welchem Ergebnis (bewilligt/abgelehnt)? Wenn Anträge gestellt wurden: Um welche/s Waffen, Kriegsmaterial oder Zubehör handelte es sich, in welchem Umfang und zu welchen Zeitpunkten?

10)  Wie kann es sein, dass einschlägig verurteilte Rechtsextreme mit bestehenden Kontakten zur rechtsextremen Szene als verlässlich gemäß dem Waffengesetz eingestuft werden?

a)    Gegen wie viele Personen besteht ein Waffenverbot gem. § 12 Abs. 1a, weil es eine Verurteilung wegen terroristischer Taten gem. § 278b bis § 278g oder § 282a StGB gab? Bei wie vielen dieser Taten bestanden Bezüge zu rechtsextremen Gruppierungen, Motiven oder Hintergründen?

11) Gibt es bei Überprüfung der Verlässlichkeit gem. Waffengesetz oder gem. Sprengmittelgesetz einen Abgleich mit Extremismus-Datenbanken der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst?

a)    Welche Mechanismen setzen Sie, um den Missbrauch legal erworbener Waffen durch Personen mit extremistischem Hintergrund zu verhindern?

12)  Gibt es derzeit Pläne, die Vergabe von Waffenbesitzkarten an Personen mit extremistischen Verbindungen strenger zu reglementieren?

13)  Wie erfolgt die Kontrolle des privaten Handels mit militärischer Schutzausrüstung, insbesondere bei größeren Mengen, wie im Fall der 200 Schutzplatten?

a)    Falls keine Kontrolle erfolgt, warum gibt es keine Kontrollen oder Genehmigungspflichten für den privaten Handel mit militärischer Schutzausrüstung?

b)    Gibt es Bestrebungen, private Waffenverkäufe stärker zu kontrollieren oder zu unterbinden?

14)  Wie werden Ausnahmegenehmigungen für Jäger in Bezug auf den Besitz und die Nutzung von Schalldämpfern überprüft?

a)    Wie viele Schalldämpfer sind in Österreich im privaten Umlauf? Wie viele davon sind legal, wie viele davon illegal im Besitz?

b)    Sind dem Innenministerium Fälle bekannt, in denen Jäger ihre Ausnahmeregelungen missbraucht haben, um verbotene Gegenstände weiterzugeben?

15)  Welche Maßnahmen sind geplant, um sicherzustellen, dass Personen mit rechtsextremen Verbindungen keinen Zugang zu sensiblen Waffentechniken oder Sprengstoffausbildungen erhalten?

16)  Wie viele Waffen wurde in den Jahren 2020-2025 bei Hausdurchsuchungen im rechtsextremen Milieu gefunden? Wie viel Munition wurde in den Jahren 2020-2025 bei Hausdurchsuchungen im rechtsextremen Milieu gefunden? Bitte um Auflistung nach Jahren und nach Bundesländern!

a)    Wie viele der im Verfassungsschutzbericht 2023 gelisteten 31 Tathandlungen in der Kategorie „Waffen, Munition, Kriegsmaterial“ konnten dem rechtsextremen Milieu zugeordnet werden?

b)    Können Sie sagen, ob es einen Anstieg an illegalen Waffenfunden in den letzten Jahren gab? Was sind hier die Hintergründe?



[1] Der vollständige Name ist sowohl der Verfasserin als auch dem Innenministerium bekannt. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes wird allerdings hier an der Anonymisierung festgehalten, die von DATUM im Artikel gewählt wurde