715/J XXVIII. GP

Eingelangt am 25.03.2025
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Anfrage

 

der Abgeordneten Nina Tomaselli, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend: Investiert ein RBI-Tochterunternehmen sanktionswidrig in die russische Kriegsmaschinerie?

BEGRÜNDUNG

 

Am 12.03.2025 veröffentlichte die auf die Analyse von Finanzströmen spezialisierte NGO BankTrack eine Recherche zur russischen Tochterbank der Raiffeisen Bank International (RBI).[1] Eine hundertprozentige, auf die Vermögensverwaltung spezialisierte Tochtergesellschaft des russisch-österreichischen Bankhauses AO Raiffeisenbank namens „Raiffeisen Capital“ habe nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine Investitionen getätigt, die nicht im Einklang mit dem europäischen Sanktionsregime stehen. Mit den von „Raiffeisen Capital“ gemanagten Fonds würde sowohl in russische Staatsanleihen als auch in Firmen investiert, die weit oben auf der EU-Sanktionsliste stehen, darunter Gazprom, Sberbank und Rosneft.

Die Recherche bezieht sich dabei auf die öffentlich einsehbaren Vermögensaufstellungen der von Raiffeisen Capital angebotenen Fonds.[2] So ist etwa der Aktienfonds mit der russischen Unternehmenskennzahl 74050443 in dutzende russische Unternehmen investiert, wobei einige in von Sanktionen belegten Sektoren tätig sind und andere explizit in der Anlage VI der Verordnung (EU) Nr. 833/2014[3] genannt werden. Dabei handelt es sich um russische Unternehmen, die den Krieg direkt unterstützen: so zum Beispiel Rosneft und Gazprom.

BankTrack rechnet vor, dass insgesamt 31,7 Milliarden Rubel (322 Millionen USD) in sanktionierte russische Firmen investiert wurden und weitere 16,6 Milliarden Rubel (168 Millionen USD) in russische Staatsanleihen, darunter 2,7 Milliarden Rubel (27 Millionen USD) in nach dem 9. März 2022 ausgegebene Anleihen. Der 9. März gilt als Stichtag für viele der nach der Invasion der Ukraine verschärften Sanktionen.

Die europäische Sanktionsverordnung gegen Russland untersagt explizit das Angebot von Wertpapierdienstleistungen für von Russland nach dem 9.3.2022 ausgegebene Staatsanleihen sowie für die Aktien von Unternehmen in den Bereichen Energie und Bergbau, von Unternehmen, die zu mehr als 50 Prozent in russischem Staatsbesitz stehen sowie Unternehmen, die aufgrund ihrer besonderen Tätigkeiten direkt in der EU-Verordnung genannt werden. Artikel 5 verbietet zudem den Kauf, Verkauf und Handel mit Wertpapieren solcher Unternehmen.

Da Raiffeisen Capital eine vollkonsolidierte Tochterfirma der russischen AO Raiffeisenbank ist, welche von der RBI direkt kontrolliert wird, handelt es sich bei den Aktivitäten augenscheinlich um eine Umgehung der EU-Sanktionen durch die RBI. Es ist für die zuständigen österreichischen Behörden dringend notwendig, den Sachverhalt zu überprüfen.

Daher stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgende

 ANFRAGE

 

1.    Hat die RBI nach Ihrer Ansicht bzw. nach Ansicht Ihrer Mitarbeiter oder der OeNB durch die in der Begründung beschriebenen Sachverhalte gegen die EU-Sanktionen verstoßen?

2.    Seit wann ist Ihnen bzw. Ihren Mitarbeitern der Umstand bekannt, dass die RBI-Tochtergesellschaft Raiffeisen Capital in russische Wertpapiere investiert, deren Handel mit Sanktionen belegt ist?

2.1. Wodurch wurden Sie auf den oben beschriebenen Umstand erstmals aufmerksam?

3.    Welche Maßnahmen wurden seit Bekanntwerden des oben beschriebenen Umstands durch das Finanzministerium, die FMA oder die OeNB gesetzt, um die sanktionswidrigen Aktivitäten der Raiffeisen-Gruppe zu beenden?

4.    Wurden andere Handlungen ergriffen?

4.1. Wenn ja, welche und mit welchem Ziel?

5.    Haben Sie sich über die in der Begründung beschriebenen Causen nach FMABG informieren lassen?

5.1. Falls ja, welche über die Begründung hinausgehenden Informationen liegen Ihnen diesbezüglich vor?

5.2. Falls nein, warum nicht?

6.    Gab es bezüglich des oben beschriebenen Sachverhalts Gespräche zwischen Ihnen bzw. Ihren Mitarbeitern und der RBI-Muttergesellschaft in Österreich?

6.1. Wenn ja, was war Inhalt der Gespräche?

6.2. Wenn nein, warum nicht?

7.    Wurden Sachverhalte rund um die “Raiffeisen Capital” bereits in anderen Gesprächen zwischen Ihnen, Ihrem Vorgänger bzw. Ihren Mitarbeitern und der RBI angesprochen?

7.1. Wenn ja, was war der Inhalt dieser Gespräche?

7.2. Wenn nein, warum nicht?

8.    Welche weiteren Maßnahmen wurden getroffen, um zu verhindern, dass es im Rahmen der Aktivitäten der russischen Tochterbank AO Raiffeisenbank nicht zu sanktionswidrigen Wertpapierdienstleistungen oder dem Handel mit Wertpapieren sanktionierter Unternehmen kommt?



[1] https://www.banktrack.org/article/raiffeisen_bank_international_subsidiary_still_invested_in_sanctioned_russian_entities_find_banktrack_and_b4ukraine

[2] https://www.raiffeisen-capital.ru/information/paevye-investitsionnye-fondy/otchetnost-2/

[3] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A02014R0833-20241217