730/J XXVIII. GP

Eingelangt am 26.03.2025
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Anfrage

 

der Abgeordneten Süleyman Zorba, Sigrid Maurer, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung

betreffend Digitale Souveränität und Open Source an österreichischen Schulen

BEGRÜNDUNG

 

Die Herstellung digitaler Souveränität ist nach dem entlarvenden Kniefall der versammelten US-Tech-Oligarchie vor Donald Trump heute dringender denn je. So hat die US-Administration für ihre Tech-Vasallen auch bereits einen Handelskrieg angedroht, sollte die EU es wagen, ihre Regulierungen für die Erhaltung des Schutzes der Grundrechte der europäischen Bürgerinnen und Bürger – seien es die DSGVO oder etwa der Digital Services Act – durchzusetzen.

„Digitale Souveränität“ ist auch Ziel der Koalitionspartner im österreichischen Regierungsprogramm und wird an mehreren Stellen angekündigt, so auch im Jugendkapitel auf S 107, wo eine „Strategie zur digitalen Souveränität von Jugendlichen“ angekündigt wird.

Fakt ist, dass derartige Strategien nur ein erster Schritt sein können. Eigentlich müsste es heißen: „Rasche Umsetzung der digitalen Souveränität“.

Ebenso ist Fakt, dass wir aktuell weit von dieser digitalen Souveränität entfernt sind, und gerade im Bildungssystem werden Jugendliche noch immer auf proprietäre Software außereuropäischer Tech-Konzerne geprägt. Dabei muss digitale Souveränität ganz besonders in Schulen beginnen: Das jahrelange Anlernen und Einüben proprietärer Systeme erschwert einen späteren Umstieg.

Abgesehen von der Abhängigkeit, die auf diesem Weg immer weiter zementiert wird, gibt es auch erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken, insbesondere gegen den weitreichenden Einsatz von Microsoft-Software an österreichischen Schulen. So hat die Datenschutz-Organisation noyb im Sommer 2024 zwei Beschwerden bei der DSB gegen die Nutzung von Microsoft-Software zu Unterrichtszwecken eingebracht.[1] Noyb schreibt zum Hintergrund der Beschwerden: „Die Analyse der Datenströme ist sehr besorgniserregend. Microsoft 365 Education scheint Nutzer:innen unabhängig von ihrem Alter zu verfolgen. Von dieser Praxis sind wahrscheinlich hunderttausende Schüler:innen und Studierende in der EU und im EWR-Raum betroffen.[2]  

Anlässlich einer parlamentarischen Anfrage zur Nutzung von Microsoft und Google an Schulen aus dem Jahr 2022[3] hat Bildungsminister Polaschek festgehalten: es „wählen Lehrerinnen und Lehrer für den pädagogischen Bereich im Sinne der Methodenfreiheit selbstverantwortlich jene analogen und digitalen Werkzeuge aus, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit einsetzen.“ Weiters wird ausgeführt: „Die Einführung von Softwareprodukten und Anwendungen erfolgt schulautonom…“ (Seite 7 der Anfragebeantwortung)[4]

Damit wird also die Verantwortung für unser aller digitale Souveränität auf einzelne Lehrkräfte und auf Schulleiter:innen ausgelagert und gleichzeitig wird verschwiegen, dass diesen Lehrkräften und Schulleiter:innen aber nicht ausreichende personelle IT-Ressourcen für die Verwendung von Open Source Systemen zur Verfügung gestellt werden.

So wird schließlich auch in den „Empfehlungen zur Nutzung digitaler Technologie an Schulstandorten“ des Bildungsministeriums festgehalten, dass das Bildungsministerium als Erhalter für Bundesschulen zentral beschaffte Softwarelizenzen für die Ausbildung auf schuleigenen Geräten den Bundesschulstandorten zur Verfügung stellt, insbesondere „Betriebssystem und Office-Anwendungen, z. B. MS-ACH (Microsoft)“.

Im Hinblick auf die Endgeräte, die im Rahmen der Geräteinitiative an Schüler:innen der 5. Schulstufe ausgegeben werden, wird auf der Website von OEAD Digitales Lernen im Bereich Gerätemanagement ausdrücklich festgehalten: „Die Software-Lösungen zur Verwaltung der digitalen Geräte (Microsoft Intune bzw. Google Workspace for Education) sind Teil eines Unterstützungsangebotes des BMBWF, welches durch ergänzende Maßnahmen begleitet wird (vgl. SchulDigiG). Andere Software kann auch verwendet werden, muss jedoch am Standort bzw. in Absprache mit den Bildungsdirektionen organisiert werden.[5]

Es entsteht somit der Eindruck, dass die Verwendung von proprietärer Software stark erleichtert und unterstützt wird, gleichzeitig aber kaum Impulse für eine proaktive Förderung nicht-proprietärer Systeme, etwa Open Source Software erfolgen. Das müssen sich Lehrkräfte und Schulleiter:innen zu allen zusätzlichen Aufgaben, die sie haben „selbst organisieren“ – sie werden in ihren Bestrebungen zu proaktiver digitaler Souveränität offenbar vom Bildungsministerium völlig allein gelassen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Welche konkreten Maßnahmen planen Sie in Ihrem Ressort, um sich von der Abhängigkeit von nicht-europäischen Tech-Konzernen zu befreien und eine digitale Souveränität herzustellen?

2)    Welche Maßnahmen setzen Sie, um die Implementierung von Open Source in Schulen, insbesondere auch im Rahmen der Geräteinitiative, aber auch bei schuleigenen Geräten voranzutreiben?

3)    Wie viele Schulen (auch in Prozent) in Österreich verwenden a) Microsoft bzw. Microsoft Produkte und Anwendungen und/oder b) Google Produkte und Anwendungen (wie etwa Google Classroom oder Google OS Geräte)? und/oder c) Apple Produkte und Anwendungen? Bitte um Aufschlüsselung nach Schultyp sowie nach Bundesland.

4)    Wie hoch waren die für a) Microsoft bzw. Microsoft Produkte und Anwendungen und/oder b) Google Produkte und Anwendungen (wie etwa Google Classroom oder Google OS Geräte)? und/oder c) Apple Produkte und Anwendungen aufgewendeten Mittel? Bitte schlüsseln Sie die Kosten für jedes Produkt auf nach Lizenzkosten und Personalkosten.

5)    Mit welchen Anbietern hat die Bundesbeschaffung GmbH in welchem konkreten Umfang Rahmenverträge für die Anschaffung und/oder Betreuung von Hard-, Software und IT-Peripherie für Schulgeräte abgeschlossen? Schlüsseln Sie bitte nach Anbietern und deren Produkten sowie nach der von der Rahmenvereinbarung umfassten Produktanzahl auf und geben Sie den geldwerten Gegenwert an.

6)    Welche Betriebssysteme kommen in österreichischen Schulen zum Einsatz? Bitte um Aufschlüsselung nach Schultyp sowie nach Bundesland.

7)    Welche Microsoft Produkte und Anwendungen bzw. welche Google Produkte und Anwendungen werden an Österreichs Schulen konkret verwendet? Bitte um Auflistung aller Produkte und Anwendungen nach Schultyp und wofür die einzelnen Anwendungen konkret im schulischen Alltag verwendet werden.

8)    Gibt es Open Source Alternativen oder europäische Alternativen zu diesen Produkten? Wenn ja, welche?

9)    Welche konkreten Maßnahmen setzen Sie für die proaktive Förderung von Open Source Software und europäischer Software im Schulbetrieb? Bitte schlüsseln Sie die geplanten Initiativen auf nach schuleigenen Geräten (zB Schulverwaltung, Lehrer:innengeräte) und Geräten, die im Rahmen der Geräteinitiative an Schüler:innen ausgegeben werden.

10) Ist geplant, bei der Geräteinitiative künftig einen Schwerpunkt auf Open Source Software und europäische Software zu legen, insbesondere auch im Hinblick auf die verwendeten Betriebssysteme und Anwendungen, die vergleichbar mit Office-Anwendungen sind? Wenn ja, inwiefern?

11) Ist geplant, dass Open Source Alternativen und europäische Alternativen Teil des Unterstützungsangebotes des Bildungsministeriums an Schulen werden, sodass Schulen hier nicht mehr benachteiligt werden, wenn sie sich gegen Microsoft und andere proprietäre Systeme außereuropäischer Konzerne entscheiden wollen?

12) Auf welche personellen Ressourcen können Schulen aktuell zurück greifen zur Bewältigung von IT-Angelegenheiten im Zusammenhang mit schuleigenen Geräten und Geräten, die im Rahmen der Geräteinitiative an Schüler:innen ausgegeben werden? Bitte schlüsseln Sie im Hinblick auf die Geräteinitiative die Zahl der IT-Betreuer:innen im Vollzeitäquivalent sowie im Sinne eines Betreuungsschlüssels bezogen auf die Zahl der zu betreuenden Geräte auf.

13) Welche zusätzlichen personellen Mittel planen Sie, um Schulen künftig beim Gerätemanagement zu unterstützen?

14) Ist eine Aufstockung bei der Bereitstellung von IT-Personal für die Schulstandorte geplant?

a. Wenn ja, welcher Betreuungsschlüssel ist geplant und wie viele Mitarbeiter:innen im Vollzeitäquivalent wären das?

b. Wenn nein, warum nicht?

15) Welche finanziellen Mittel planen Sie, um die Implementierung von Open Source in Schulen, insbesondere auch im Rahmen der Geräteinitiative, aber auch bei schuleigenen Geräten voranzutreiben?

16) Welche Lehrer:innen-Fortbildungen gibt es an den Pädagogischen Hochschulen, um die Implementierung von Open Source in Schulen voranzutreiben? Bitte um Auflistung von Anzahl und Umfang der Veranstaltungen, sowie Anzahl der Teilnehmer:innen in ganzen Zahlen und im prozentuellen Verhältnis zur Gesamtbelegschaft. Und gibt es bereits konkrete Pläne diese auszubauen?

17) Wo werden die an Schulen verwendeten Anwendungen aktuell gehostet?

18) Ist geplant, die an Schulen verwendeten Anwendungen auf österreichischen Servern, beispielsweise jenen des Bundesrechenzentrums, zu hosten?

 



[1] https://noyb.eu/sites/default/files/2024-06/Microsoft%20Complaint%202%20DE_redacted_0.pdf, https://noyb.eu/sites/default/files/2024-06/Microsoft%20Complaint%201%20DE_redacted_0.pdf

[2] Microsoft verletzt Privatsphäre von Kindern – und schiebt Schuld auf Schulen, https://noyb.eu/de/microsoft-violates-childrens-privacy-blames-your-local-school

[3] https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/J/11569/fnameorig_1458286.html

[4] https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/11314/imfname_1466451.pdf

[5] https://digitaleslernen.oead.at/de/fuer-schulen/geraetemanagement-mdm