91/J XXVIII. GP
Eingelangt am 20.11.2024
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ANFRAGE
des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend kein Anfangsverdacht in der ORF-Causa Robert Ziegler?
Medienberichten zufolge sind gegen Herrn Robert Ziegler mehrere Sachverhaltsdarstellungen bzw. Anzeigen bei der zuständigen StA eingegangen, u.a. auch von Seiten des Freiheitlichen Parlamentsklubs.[1],[2] Die im Raum stehenden Vorwurfe waren mannigfaltig. So berichtet etwas das Magazin „Dossier“ umfassend über die Causa Ziegler und seine mutmaßliche Auftragsarbeit für die ÖVP, etwa in den Artikeln „Mein Präsident“[3] und „Journalismus mit Handicap“[4]. Dabei wurden u.a. folgende Vorwürfe erhoben:
Wie DOSSIER-Recherchen zeigen, könnte nun noch ein schwerer Vorwurf gegen Ziegler dazukommen: Schließlich hat er auf der einen Seite als Obmann des Journalismusvereins Sponsorengeld von Hypo, Raiffeisen und der Wirtschaftskammer Niederösterreich lukriert und für letztere auch auf eigene Rechnung Moderationen durchgeführt.
Auf der anderen Seite hat er als ORF-Landesdirektor die Berichterstattung über diese in deren Sinne manipuliert. Das geht aus dem vom ORF streng unter Verschluss gehaltenen Bericht der Ziegler-Kommission hervor, den DOSSIER exklusiv einsehen konnte.
Robert Ziegler war in seiner ORF-Funktion Amtsträger. Sollte er sich »für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts« – also die Beeinflussung der Berichterstattung – »einen Vorteil für sich oder einen Dritten« haben versprechen lassen, dann könnte laut Expert·innen Paragraf 304 Strafgesetzbuch greifen: Bestechlichkeit.[5]
In einem anderen Artikel heißt es:
Insbesondere ging es da um investigative Radiobeiträge, die für Ö1, Ö3 und die Landesstudios produziert wurden«, zitiert die Kommission aus einem Schreiben eines Mitarbeiters. »Beispielsweise ging es um Recherchen rund um den Ibiza-Skandal sowie im Vorfeld des ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschusses, um Kritik am damals neuen Bischof Alois Schwarz und um die Erwin-Pröll-Stiftung. Erst wenn das Thema in allen Zeitungen und quasi ›nicht mehr zu halten war‹, haben wir die Beiträge auch gespielt.«
Zieglers Hörigkeit ist die eine Seite. Auf der anderen stehen ÖVP-Politiker·innen und ihre Pressesprecher·innen, die sich Robert Ziegler andienten, ihn beeinflussten und bei ihm intervenierten. Der Kommissionsbericht offenbart ein Bild systematischen Machtmissbrauchs, also Korruption, von der beide Seiten profitieren.
Zumindest von 2015 bis 2021 setzte sich Ziegler über das ORF-Gesetz und die hausinternen Programmrichtlinien hinweg – zum eigenen und zum Vorteil der ÖVP Niederösterreich. Die Partei bekam positive Medienöffentlichkeit, Ziegler eine politisch gestützte Karriere bis hinauf zum Landesdirektor.
Auch Geld ist geflossen: über zahlreiche Moderationsaufträge unmittelbar von öffentlichen Stellen, für die ÖVP-Politiker·innen verantwortlich waren, oder aus dem Umfeld der ÖVP. Für all das finden sich im 25-seitigen Kommissionsbericht Beispiele.[6]
Die beiden Auszüge aus den Artikeln von Dossier stehen nur exemplarisch für eine Vielzahl an vorgebrachten Vorwürfen und möglichen strafrechtlichen Verfehlungen. Der StA oblag eine detaillierte Prüfung der in diesen Artikeln vorgebrachten Vorwürfen.
Dies geschah offenbar im Eilverfahren, da bereits zwei Tage nach dem Einlangen einer Anzeige in der ORF-Causa Robert Ziegler, eingebracht durch den Freiheitlichen Parlamentsklub, von der StA St. Pölten die Einstellung aller Ermittlungen verkündet wurde.[7] Ein höchst bemerkenswerter Vorgang, sowohl auf zeitlicher als auch auf inhaltlicher Ebene.
In diesem Zusammenhang stellt der unterfertigte Abgeordnete an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage
1. Ist Ihnen der geschilderte Fall bekannt?
a. Wenn ja, seit wann?
b. Wenn ja, wodurch?
c. Wenn ja, von wem wurden Sie informiert?
d. Wenn nein, warum nicht?
2. Wurde im Rahmen der Beurteilung der im Magazin Dossier gegen Robert Ziegler erhobenen Vorwürfe, die auch in Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft herangetragen wurden, die gegenständliche Ausgabe des Magazins „Dossier“ erworben bzw. gelesen, oder wurde im Sinne einer Aufwandsminimierung sowie der genannten Personen nur auf die konkret zitierten Stellen abgestellt?
3. An welchem Datum wurde die „Dossier“-Ausgabe „Wolfgang Sobotkas Schule der Macht“ erworben?
4. An welchem Datum wurde die „Dossier“ Ausgabe „Wolfgang Sobotkas Schule der Macht“ als Informationsgrundlage herangezogen?
5. Wurden aufgrund der geschilderten Sachverhalte, insbesondere aufgrund der eingebrachten Anzeigen bzw. die Recherchen des Magazins Dossier, Strafverfahren eingeleitet?
a. Wenn ja, wann und aufgrund welcher Tatsachen? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)
b. Wenn nein, weshalb nicht?
6. Betreffend welche Tatbestände wird oder wurde ermittelt?
7. Auf Basis welcher Eingaben/Sachverhaltsdarstellungen wurden Ermittlungen eingeleitet?
8. Wie viele Eingaben diesbezüglich gingen der StA zu?
9. Welcher konkrete Verdacht wird in den Eingaben/Sachverhaltsdarstellungen geäußert?
10. Wie gestaltete sich der Prozess der Beurteilung der eingelangten Eingaben in dieser Sache?
11. Wie ist der Stand des Verfahrens bzw. der Verfahren? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)
12. Welche Staatsanwaltschaft führt das jeweilige Verfahren?
13. Gegen wen und aufgrund welcher Verdachtslagen wird oder wurde ermittelt?
14. Gegen wen wird das Verfahren geführt?
15. Welche Zeugen wurden wann einvernommen?
16. Wurde Robert Ziegler einvernommen?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn ja, wurde er als Zeuge oder als Beschuldigter einvernommen?
c. Wenn nein, weshalb nicht?
17. Wurden die Ermittlung in dieser Causa wieder eingestellt?
a. Wenn ja, mit welcher Begründung?
b. Wenn nein, welche Verfahrensschritte sind im Zeitpunkt der Anfragebeantwortung in Vorbereitung?
18. Welche Behörden/Stellen waren in die Ermittlungen/Erhebungen in der genannten Causa Ziegler eingebunden?
19. Wurde mit dem ORF bzw. dessen Vertretern Kontakt aufgenommen?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn ja, mit wem?
c. Wenn nein, warum nicht?
20. Wurden in dieser Sache Weisungen durch Ihr Ressort ausgesprochen?
a. Wenn ja, wann, an welchen Adressaten, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?
21. Gab es Dienstbesprechungen in der Causa?
a. Wenn ja, wann fanden diese jeweils statt, wer nahm daran teil, und was war Anlass bzw. Inhalt der Besprechungen?
22. Gab es Interventionsversuche, welcher Art auch immer, in dieser Causa?
23. Entspricht die medial kolportierte rasche Erledigung der Sachverhaltsdarstellungen der üblichen Praxis?
24. Inwiefern ist in einem solch kurzen Zeitraum eine eingehende Prüfung möglich?
25. Welche Personen und Organisationseinheiten Ihres Ressorts waren in die Beurteilung dieser Causa involviert?
Sollten einzelne Antworten einer Vertraulichkeit bzw. Geheimhaltung unterliegen, wird ersucht, diese unter Einhaltung des Informationsordnungsgesetzes klassifiziert zu beantworten.
[1] https://www.diepresse.com/18892466/fpoe-will-anzeige-gegen-ex-orf-chefredakteur-ziegler-bei-wksta-einbringen
[2] https://orf.at/stories/3370631/
[3] https://www.dossier.at/dossiers/wolfgang-sobotkas-schule-der-macht/mein-praesident/
[4] https://www.dossier.at/dossiers/wolfgang-sobotkas-schule-der-macht/journalismus-mit-handicap/
[5] https://www.dossier.at/dossiers/wolfgang-sobotkas-schule-der-macht/journalismus-mit-handicap/
[6] https://www.dossier.at/dossiers/wolfgang-sobotkas-schule-der-macht/mein-praesident/
[7] https://www.derstandard.at/story/3000000239622/kein-ermittlungsverfahren-in-causa-ziegler