93/J XXVIII. GP
Eingelangt am 20.11.2024
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ANFRAGE
des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA
an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend Geplante Irreführung? Das vergessene Haushaltsloch
Die katastrophale Budgetpolitik der türkis-grünen Bundesregierung hat die Steuerzahler in eine finanzielle Sackgasse geführt. Trotz vollmundiger Ankündigungen von Finanzminister Magnus Brunner, die Staatsfinanzen auf einen nachhaltigen und verantwortungsvollen Kurs zu bringen, zeigt sich nun ein völlig anderes Bild: Österreich wird in den Jahren 2024 und 2025 die Maastricht-Kriterien mit einem Defizit von über drei Prozent des BIP deutlich verfehlen.[1] Der Plan, die Staatsschuldenquote zu senken und das Defizit schrittweise zu reduzieren, ist krachend gescheitert. Stattdessen wächst der Schuldenberg weiter rasant an.
Konkret stellt sich die Lage laut Daten des Fiskalrats wie folgt dar: Das Budgetdefizit 2024 soll statt bei den von Brunner behaupteten 2,9 % bei mindestens 3,9 % liegen. Dabei handelt es sich um mindestens 30 Mrd. Euro an Mehrverschuldung.[2]
Das ist Magnus Brunner dummerweise erst nach der Nationalratswahl aufgefallen. Woher die Mehrbelastung von 30 Mrd. kommt, ist weiter unklar,[3] gab es doch keine außergewöhnlichen Ereignisse im Betrachtungszeitraum, die diesen Anstieg rechtfertigen könnten. Noch schlimmer wird die Lage bei einem Blick in die unmittelbare Vergangenheit und Zukunft. So betrug das Defizit 2023 „nur“ 2,5 % und wird 2025 bereits 4,1% betragen – ein rasanter Anstieg binnen kürzester Zeit.
Spannend ist dabei auch
das alle Prognosen dieses Jahr laufend noch oben korrigiert wurden, sprich der
Umstand der höheren Neuverschuldung wohl kaum geheim war. Alle Prognosen?
Nicht ganz, jene des BMF wies bis zuletzt nur 2,9% Defizit für 2024 aus.[4]
Auch der Schuldenstand wird dramatisch steigen
– auf über 80 % des BIP. Erlaubt laut Maastricht-Kriterien
wären 60 %.[5]
Das wird von der schwarz-grünen Regierung jedoch bestenfalls als
unverbindlicher Richtwert gesehen. Auf Österreich dürfte mit
ziemlicher Sicherheit ein Strafverfahren der EU-Kommission wegen eines
übermäßigen Defizits zurollen.
Finanzminister Brunner und die gesamte Regierung mit ihm wussten mit großer Sicherheit vorab Bescheid über die deutliche höhere Verschuldung Österreichs und die fiskalpolitisch prekäre Lage. Obwohl sämtliche Organisationen von WIFO bis Fiskalrat mehrfach auf die katastrophale Lage aufmerksam gemacht und auch mehrfach ihre Prognosen nach unten korrigiert hatten, verschloss die Bundesregierung bewusst die Augen und leugnete schlicht die Realität, um dann kurz nach der Wahl doch mit der ohnehin schon bekannten Wahrheit herauszurücken. Das ist an Verantwortungslosigkeit kaum zu überbieten.
Die Frage ist also: Wann wusste die Regierung Bescheid und warum teilte sie die Erkenntnisse nicht mit?
Sollte die Regierung tatsächlich nicht Bescheid gewusst haben, würde dieser Umstand für sich sprechen und ihre offensichtliche Unfähigkeit nochmals eindrucksvoll unterstreichen. Wusste die Regierung hingegen schon lange Bescheid, was anzunehmen ist, handelt es sich bei den Aussagen des Finanzministers, wonach er und die Regierung Österreich auf einem budgettechnisch guten Weg[6] und auch keine Probleme diesbezüglich zu erwarten seien,[7] um dreiste Lügen.
Auch Bundeskanzler Karl Nehammer sprach, losgelöst von jeder Realität, im Juli 2024 von einem „abnehmenden Finanzdruck auf den Bund“ und davon, dass die Neuverschuldung die besagten 3 % nicht übersteigen werde.[8] Woher er diesen Optimus trotz der bekannt verheerenden Zahlen nahm, bleibt unklar, war zu diesem Zeitpunkt die Überschreitung des 3-%-Schwellenwertes doch schon längst klar. So verlautbarte der Präsident des Fiskalrats schon Anfang Juni 2024, dass das Defizit mindestens 3,4 % betragen würde.[9] Am Ende kam es, wie bekannt, noch schlimmer und aktuell werden 3,9 bis 4 % als realistisches Defizit für 2024 angesetzt.[10]
In den vergangen fünf Jahren hat Schwarz-Grün Rekorddefizite abgeliefert und Rekordschulden aufgebaut – und dies zulasten der österreichischen Steuerzahler und der zukünftigen Generationen. Brunner hinterlässt einen budgetären Scherbenhaufen und den nächsten Generationen damit eine enorme finanzielle Belastung. Diese Tatsache scheint ihm aber – in Erwartung eines gut dotierten Postens in der EU-Kommission – egal zu sein.
In diesem Zusammenhang stellt der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft folgende
Anfrage
2. Warum hat Ihr Ressort trotz anderslautender Prognosen von u.a. Fiskalrat und WIFO bis zuletzt an der falschen BMF-Prognose für 2024/2025 festgehalten?
3. Wann hat Ihr Ressort erstmals Kenntnis von den nach oben korrigierten Prognosen der anderen Institutionen erlangt?
a. Welcher Personenkreis wurde darüber informiert?
4. Wann hat Ihr Ressort entschieden, die eigenen Prognosen nicht anzupassen, obwohl externe Organisationen höhere Defizite prognostiziert haben?
5. Wann wurde der gesamte Ministerrat über die erwartete Überschreitung der Maastricht-Kriterien informiert?
6. Warum wurde die deutliche Überschreitung der Maastricht-Kriterien (Defizit und Schuldenstand) nicht frühzeitig kommuniziert, obwohl klar war, dass eine Überschreitung eintreten wird?
7. Warum wurden die realistischen Defizitzahlen, d.h. deutlich mehr als 2,9 %, nicht schon vor der Nationalratswahl 2024 offengelegt?
8. Wurde bewusst versucht, die wahre Höhe des Defizits zu verschleiern, um politische Konsequenzen zu vermeiden?
a. Wenn nein, wie erklärt Ihr Ressort die zeitliche Verzögerung in der Kommunikation?
9. Wann wurde die Entscheidung getroffen, die Überschreitung der Maastricht-Kriterien öffentlich anzuerkennen?
10. Welche konkreten Maßnahmen plant Ihr Ressort, um die Staatsverschuldung mittelfristig zu senken?
11. Warum wurden die Warnungen unabhängiger Expertengremien ignoriert, die bereits frühzeitig auf die prekäre Haushaltslage hingewiesen haben?
12. Warum wurden das Parlament und die Öffentlichkeit nicht rechtzeitig über die wahre Haushaltslage informiert?
Sollten einzelne Antworten einer Vertraulichkeit bzw. Geheimhaltung unterliegen, wird ersucht, diese unter Einhaltung des Informationsordnungsgesetzes klassifiziert zu beantworten.
[1] https://www.diepresse.com/18607773/von-brunners-budget-blieben-nur-schulden
[2] https://www.derstandard.at/story/3000000239419/oesterreichs-schuldenstand-2025-duerfte-um-30-milliarden-hoeher-als-vom-finanzminister-erwartet-wurde
[3] https://www.derstandard.at/story/3000000239419/oesterreichs-schuldenstand-2025-duerfte-um-30-milliarden-hoeher-als-vom-finanzminister-erwartet-wurde
[4] https://www.derstandard.at/story/3000000243535/auch-neue-zahlen-des-finanzministeriums-halten-nicht-oesterreichs-defizit-heuer-bei-fast-vier-prozent
[5] https://www.derstandard.at/story/3000000239419/oesterreichs-schuldenstand-2025-duerfte-um-30-milliarden-hoeher-als-vom-finanzminister-erwartet-wurde
[6] https://orf.at/stories/3336226/
[7] https://www.derstandard.at/story/3000000239494/die-wahrheit-erst-nach-der-wahl-das-ist-magnus-brunners-budgetskandal
[8] https://vorarlberg.orf.at/stories/3264758/
[9] https://www.parlament.gv.at/aktuelles/pk/jahr_2024/pk0594
[10] https://orf.at/stories/3374846/