950/J XXVIII. GP
Eingelangt am 27.03.2025
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak
an die Bundesministerin für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Sicherstellung einer dauerhaften Lösung für Hepatitis-C-Betroffene
Ende der 1970er und 1980er Jahre infizierten sich in Österreich hunderte Menschen unverschuldet mit dem Hepatitis-C-Virus, weil sie Blutplasma gespendet hatten. Auslöser für die Infektionen waren Hygienemängel in mehreren Labors. Für die Betroffenen begann nun ein lebenslanger Leidensweg: Oft waren aufgrund der Hepatitis-C-Erkrankung Leberzirrhose, Leberkrebs und generell eine Minderung der Erwerbsfähigkeit die Folgen.
Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) gewährte den Betroffenen schluss-endlich bei chronischer Hepatitis eine Versehrtenrente. Zudem wurde im Jahr 2000 der „Hepatitis C Virus Fonds“ (HCV-Fonds) durch die damalige Bundesregierung mit dem Zweck eingerichtet, die unverschuldet in Not geratenen Betroffenen finanziell dauerhaft abzusichern.
Rund um das Jahr 2016 kamen Medikamente mit einer Heilungschance zwischen 95 und 100 Prozent auf den Markt, weshalb die AUVA mehrheitlich die Renten strich und der HCV-Fonds ebenfalls Leistungen kürzte – angeblich wegen fehlender finanzieller Mittel.
Dies sorgte bei den Betroffenen für Entsetzen. Denn es blieb unberücksichtigt, dass sich die Leber trotz besserer Medikation und Therapien bei fortgeschrittenen Schädigungen nicht vollständig wiederherstellen lässt. Irreparable Schädigungen, Einkommensverluste und Einschränkungen blieben für die Betroffenen auch rund 40 Jahre nach der Infektion weitgehend bestehen. Zudem befinden sich die meisten Betroffenen mittlerweile im Pensionsalter und sind auf die Unterstützungszahlungen angewiesen, die ihren lebenslangen Einkommensverlust wenigstens teilweise aus-gleichen sollten.
Parlamentarische Anfragen im Vorjahr (16988/J, 18706/J) haben ergeben, dass seit 2016 insgesamt 106 Betroffenen die Leistungen durch den HCV-Fonds gekürzt oder gar gestrichen wurden, obwohl die Einschränkungen für die Personen gleichblieben. Denn „virenfrei“ heißt nicht gleich „gesund“. Nur 32 Betroffene erhielten 2024 Entschädigungszahlungen. Der Gesundheitsminister konnte allerdings nicht nennen, wie viele Betroffene es in Österreich derzeit überhaupt gibt.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundes-ministerin für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage
1. Wie viele Personen werden derzeit vom Hepatitis-C-Virus-Fonds (HCV-Fonds) unterstützt, aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Stufe und dem jeweiligen Bundesland?
2. Wie viele Personen wurden in den Jahren 2022, 2023 und 2024 vom HCV-Fonds unterstützt, aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Stufe, dem jeweiligen Bundesland und dem jeweiligen Jahr?
3. Wie hoch war im Jahr 2024 die Dotierung des HCV-Fonds aus öffentlichen Geldern?
4. Wie hoch war die Gesamtsumme, die 2024 an die Betroffenen ausbezahlt wurde?
5. Wie hoch war die durchschnittliche Summe, die Betroffene durch Leistungen des HCV-Fonds im Jahr 2024 erhalten haben, aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Stufe und nach Kinderzuschlägen?
6. Welche Gründe verursachten die große Differenz zwischen den ausbezahlten Beträgen des HCV-Fonds zwischen 2023 (43.412,04 Euro) und 2022 (303.403 Euro)?
7. Welche Gründe verursachten die große Differenz des Verwaltungsaufwands des HCV-Fonds zwischen 2024 (~ 10.000 Euro) und den Vorjahren (max. 4.000 Euro)?
8. 2020 hat der Oö. Landtag auf Initiative der SPÖ beschlossen, die Bundes-regierung aufzufordern, eine faire Lösung für die Betroffenen zu erarbeiten. Werden Sie diesem Ansinnen nachkommen?
a. Falls ja, inwiefern?
b. Falls nein, warum nicht?
9. Wie setzt sich der Vorstand des HCV-Fonds aktuell zusammen, aufgeschlüsselt nach Personen, Funktionen und entsendenden Stellen?
10. Werden Sie dem Wunsch der Betroffenen nachkommen, einen HCV-Geschädigten in den Fonds-Vorstand zu berufen, um dadurch die Sichtweise der direkt Betroffenen einfließen zu lassen?
a. Falls ja, inwiefern?
b. Falls nein, warum nicht?
11. Wurden seit 2022 alle schriftlichen Anfragen (E-Mail, Post) von Betroffenen oder Behörden (z.B. Gesundheitslandesrätin von Oberösterreich im Juli 2023) an den HCV-Fonds durch den Fonds-Vorstand beantwortet?
a. Falls nein, warum nicht?
12. Werden Sie dem Wunsch der Betroffenen nachkommen, für nachweisliche Sozialfälle eine Sonderklausel im Sinne einer Härtefallklausel im Leistungs-konzept des HCV-Fonds zu installieren?
a. Falls ja, inwiefern?
b. Falls nein, warum nicht?
13. Welche Anlaufstellen stehen Betroffenen aktuell zur Verfügung, um Kontakt mit dem HCV-Fonds herzustellen?
a. Wo sind diese Anlaufstellen und Kontaktmöglichkeiten einsehbar?
14. Laut der Anfragebeantwortung 16397/AB vom 19.01.2024 Ihres Vorgängers würde der HCV-Fonds zwar die Beurteilung der AUVA in Bezug auf die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) für die Betroffenen heranziehen (siehe Seite 14 der Anfragebeantwortung) – der Fonds folgt dieser Beurteilung allerdings nicht. Denn während bei der AUVA ab 20 Prozent MdE eine Rente ausbezahlt wird, unterstützt der Fonds erst ab 60 Prozent MdE. Warum wird hier unterschieden?
15. Werden Sie sich beim HCV-Fonds für eine gleichartige Anwendung der MdE analog zur AUVA einsetzen?
a. Falls ja, inwiefern?
b. Falls nein, warum nicht?
16. Laut der Anfragebeantwortung 16397/AB vom 19.01.2024 Ihres Vorgängers (Frage 24 und Frage 25) wurden von 2016 bis 2022 insgesamt 106 betroffene Personen „wegen Ausheilung zurückgestellt“, also deren Unterstützungs-leistung aus dem HCV-Fonds eingestellt oder gekürzt. Wie verteilen sich die Betroffenen auf die einzelnen Bundesländer?
17. Laut der Anfragebeantwortung 16397/AB vom 19.01.2024 Ihres Vorgängers (Frage 24 und Frage 25) gibt es auf die Leistungen des HCV-Fonds keinen Rechtsanspruch, was aufgrund der beständigen Ungewissheit eine psychische Belastung für die Betroffenen nach sich zieht. Werden Sie einen Rechts-anspruch auf HCV-Unterstützungsleistungen zur dauerhaften Absicherung der Betroffenen umsetzen?
a. Falls ja, wann?
b. Falls nein, warum nicht?
18. Ist aus Ihrer Sicht die derzeitige Regelung für die Betroffenen gerecht – vor allem auch im Hinblick auf den Vergleich mit anderen Staaten wie Deutschland oder Großbritannien?
19. Werden Sie mit den Betroffenen ein Gespräch suchen, damit Sie sich aus erster Hand über die derzeitige Situation und etwaige Systemfehler unterrichten lassen können?
20. Welche Maßnahmen werden Sie konkret ergreifen, um die Betroffenen zielorientiert und gerecht zu unterstützen?