957/J XXVIII. GP

Eingelangt am 27.03.2025
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Barbara Kolm

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Planungsprämissen und Maßnahmen gegen das Defizitverfahren

 

 

Finanzminister Marterbauer hielt am 13. März 2025 medial fest, das EU-Defizit-verfahren vermeiden zu wollen und beabsichtigt - wie im Regierungsprogramm angestrebt - rund 6,4 Milliarden Euro einzusparen. Obwohl BM Marterbauer auch für 2025 eine fortgesetzte Rezession erwartet, will er aber für einen allfällig höheren Einsparungs-bedarf bis Ende März auf dann kommende Wirtschaftsprognosen warten. Andererseits weiß er, dass die Regierung bis zur Budgetrede am 13. Mai 2025 ein Doppelbudget vorlegen sollte, und dass das EU-Defizitverfahren nicht vom Tisch ist: die EU-Kommission wird ab Anfang April die österreichische Budgetlage evaluieren - ob das fortgesetzte Budgetprovisorium und das Budgetsanierungsmaßnahmengesetz die Kommission überzeugen, ist offen.

 

Vermögenssteuern gelten gemäß Regierungsprogramm derzeit noch als ausgeschlossen. Einstweilen setzt die Regierung beispielsweise auf populistisch einfache Mehreinnahmen aus den Bereichen Tabak und Glücksspiel. Zwar soll und kann eine Erhöhung der Wettgebühren schon heuer rund 50 Millionen Euro mehr einbringen und im Jahr 2026 etwa 129 Millionen Euro – darüber hinaus rechnet der Finanzminister aber mit noch deutlich höheren, nicht genau definierten jährlichen Mehreinnahmen von bis zu 220 Millionen Euro bis 2030.

 

Die Casinos Austria AG antwortet in einem Bericht der Salzburger Nachrichten und diversen anderen überregionalen Medien, dass bei Umsetzung dieser Pläne 30 bis 40% ihrer Standorte von Schließung bedroht sein könnten.

 

Laut Regierungsprogramm werden im Bereich Glücksspiel Maßnahmen erarbeitet werden, um im Jahr 2025 aus dem Bereich Glücksspiel Mehreinnahmen von 50 Mio. Euro, im Jahr 2026 etwa 129 Mio., im Jahr 2027 etwa 150 Mio. in den Jahren 2028 und 2029 je etwa 200 Mio., im Jahr 2030 rund 220 Mio. sowie im Jahr 2031 rund 240 Mio. Euro zu erzielen. Laut Medienberichten träfe dies die Casinos Austria hart und fanden Gespräche bislang nicht statt.

 

Es steht zu befürchten, dass durch manche kurzfristig zweckmäßig erscheinende Maßnahmen mittelfristig das Defizit eher noch größer als kleiner werden könnte. Schließungen im Bereich Casinos, sowie Konsumflucht und Schmuggel im Bereich Tabak und Nikotinprodukte könnten die gut gemeinte Mehrabschöpfung schnell in einen tatsächlichen Steuerausfall verwandeln.

 

Inzwischen signalisierte Finanzminister Marterbauer medial immer öfters, dass ein EU-Defizitverfahren harmlos sei[1]. Jüngsten Medienberichte zufolge ist das Budgetdefizit nun bereits doppelt so groß wie angenommen: zwölf anstatt sechs Milliarden Euro![2] Mit dem Defizitverfahren würden die internationalen Risikoaufschläge für den Staat, die heimischen Banken, Versicherungen und Pensionsträger steigen. Diese Kosten-steigerungen würden an Kunden weitergereicht werden. Ein Defizitverahren würde im Effekt die hauseigene Inflation anheizen und den Wirtschaftsstandort zusätzlich beschädigen. Das Defizitverfahren muss daher verhindert werden.

 

Die Lage wird täglich unklarer und die Verunsicherung am Wirtschaftstandort nimmt drastisch zu, die Regierung zeigt sich indes abwartend bis uninformiert.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet die unterfertigte Abgeordnete an den Bundes-minister für Finanzen nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Welche Planungsprämissen und Erwartungen (hinsichtlich Konjunktur, Steueraufkommen und Ausgaben) liegen dem derzeit in Erstellung begriffenen Doppelbudget 2025/2026 zu Grunde?

2.    Mit welchen jährlichen Budgetdefiziten ist auf Grundlage der aktuellen Daten für die Jahre 2027, 2028 und 2029 jeweils zu rechnen?

3.    Ist auf Grundlage der gegenwärtig dem Finanzministerium vorliegenden Daten (Wirtschaftsdaten und -prognosen, Steueraufkommen etc.) mit der Eröffnung eines EU-Defizitverfahren zu rechnen?

a.    Wenn ja, ab wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

4.    Ist eine Vermögens- oder Substanzsteuer Gegenstand in der Budgetrechnung für das Doppelbudget 2025/2026?

a.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Ist eine Vermögens- oder Substanzsteuer Gegenstand in der Budgetrechnung für das kommende Bundesfinanzrahmengesetz ab 2026?

a.    Wenn nein, warum nicht?

6.    Wie und auf Basis welcher Grundlagen errechnen sich in Bezug auf die geplanten Maßnahmen im Bereich Glücksspiel die prognostizierten Beträge für 2025, 2026, 2027, 2028, 2030 und 2031 konkret?

7.    Wurden für die jährlichen Mehreinnahmen ab dem Jahr 2027 berücksichtigt, dass bis zu 40% der gegenwärtig 12 Casinos-Austria Standorte schließen könnten und es insgesamt zu einem Verlust an Gesamsteuereinnahmen aus Glücksspiel kommen könnte?

a.    Wenn ja, wie?

b.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Wie hoch wird die Tabaksteuer konkret angehoben? Welche alternativen Erzeugnisse werden in welcher Steuerhöhe von der Tabaksteuer erfasst?

9.    Wird im Bereich der Tabaksteuer eine Konsumflucht ins benachbarte Ausland kalkuliert?

a.    Wenn ja, um um wieviel verringert sich das erwartete Steuer-aufkommen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

10. Welche Steuer-, Abgaben- und Gebührenerhöhungen, und Inflations-anpassungen selbiger werden insgesamt derzeit geprüft und berechnet?



[1]    https://orf.at/stories/3388405/

[2]    https://www.derstandard.at/story/3000000262714/aus-sechs-werden-zwoelf-milliarden-oesterreichs-budgetloch-doppelt-so-gross-wie-angenommen