11/JPR XXVIII. GP

Eingelangt am 11.04.2025
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Lukas Hammer, Freundinnen und Freunde

an den Präsidenten des Nationalrates

betreffend Drangsalierung von Vetreter:innen einer jüdischen Studierendenzeitung bei Holocaust-Gedenken im Parlament

BEGRÜNDUNG

Am Samstag, den 27. Jänner 2025, jährte sich die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau zum 80 Mal. Auschwitz steht sinnbildlich für die nationalsozialistische Verfolgungs- und Vernichtungspolitik und die mörderische Konsequenz des Antisemitismus, der Millionen an Menschen zum Opfer gefallen sind. Aus diesem Grund ist der 27. Jänner der internationale Holocaust-Gedenktag, an dem wir an die Ermordeten und Überlebenden gedenken, damit sich Auschwitz nicht wiederhole, nichts Ähnliches geschehe.

Anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz fand aus diesem Grund auf Einladung von Nationalratspräsident Dr. Walter Rosenkranz eine Gedenkveranstaltung im Nationalratssitzungssaal des österreichischen Parlaments statt.

Zwei Redaktionsmitglieder des NOODNIK, der Zeitschrift der Jüdischen österreichischen Hochschüler:innen (JöH), nahmen mit Presseakkreditierungen an der Veranstaltung teil, um über diese zu berichten.

Bei der Presseloge angekommen, wurden die zwei Redaktionsmitglieder von sechs Sicherheitsmännern umstellt. Zwei der Sicherheitsmänner setzten sich auf die nächsten Plätze links und rechts der Redakteur:innen, vier weitere standen direkt dahinter. Wie dem Video- und Bildmaterial zu entnehmen ist, waren die beiden JöH- Journalist:innen die einzigen Medienvertreter:innen. in dieser Presseloge.

Dieser mehr als fragwürdige Umgang mit Vertreter:innen einer jüdischen Studierendenzeitung bei der Holocaustgedenkveranstaltung des Parlaments hielt für die gesamte Dauer der Veranstaltung an[1]. Selbst beim darauffolgenden Empfang im Festsaal wurden die beiden JöH-Journalist:innen auf Schritt und Tritt vom

Sicherheitspersonal verfolgt. Auch beim Verlassen des Gebäudes verfolgten die Sicherheitsmänner die beiden Redakteur:innen bis zum Ausgang.

Auf Nachfrage, warum diese absurden Sicherheitsmaßnahmen gesetzt werden, wurde seitens des Sicherheitspersonals erwidert: „Es soll euch nichts Schlimmeres passieren“, wie die Betroffenen dem Anfragesteller berichteten.

All diese Vorgänge erzeugen ein verstörendes Bild und werfen mehrere Fragen auf: Es kann als Einschüchterungsversuch jener verstanden werden, die Walter Rosenkranz aufgrund seiner Nähe zu rechtsextremen und revisionistischen Kreisen kritisch gegenüberstehen. Zumindest ist diese Signalwirkung bei den Betroffenen jüdischen Journalist:innen so angekommen. Das ist für sich genommen schon untragbar. Die Einschüchterung jüdischer Journalist:innen bei einer Gedenkverstanstaltung, bei der insbesondere der sechs Millionen ermordeten Jüdinnen und Juden gedacht werden soll, pervertiert den Zweck der Veranstaltung. Es zeigt erneut, warum ein Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus mit Walter Rosenkranz unmöglich und er für das Amt des Nationalratspräsidenten die absolut falsche Person ist.

Screenshot aus der ORF-Liveübertragung. Rechts oben ist die Szenerie sichtbar: Mehrere Sicherheitsmänner umstellen zwei Vetreter:innen einer jüdischen Studierendenzeitung, die als akkreditierte Journalist:innen auf der Presseloge Platz nahmen, für die gesamte Dauer der Veranstaltung zum internationalen Holocaust-Gedenktag.


 

Auf diesem Bildmaterial aus der ORF-Liveübertragung sind die sechs Sicherheitsmänner gut zu erkennen, welche zwei Vetreter:innen einer jüdischen Studierendenzeitung, die als akkreditierte Journalist:innen auf der Presseloge Platz nahmen, für die gesamte Dauer der Veranstaltung zum internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Jänner im Parlament umstellten.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1)   Halten Sie die Bewachung von zwei Journalist:innen mit insgesamt sechs Sicherheitsleuten für eine angemessene und verhältnismäßige Sicherheitsmaßnahme?

2)    Gaben Sie bei der Gedenkveranstaltung anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktags am 27. Jänner 2025 im Nationalrat den Auftrag, die zwei akkreditierten Vertreter:innen der jüdischen Studierendenzeitung NOODNIK zu bewachen?

a)    Wenn ja, warum und wie lautete der Auftrag?

b)    Wenn nein, wer gab diesen Auftrag?

3)    Handelte es sich bei den Sicherheitsmännern, die die Vertreter:innen einer jüdischen Studierendenzeitung für die gesamte Dauer der Gedenkveranstaltung anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktags am 27. Jänner 2025 umstellten, um Mitarbeiter der Parlamentsdirektion/des hauseigenen Sicherheitsdienstes des Parlaments?

a) Wenn nein, wo sind die betreffenden Männer beschäftigt und welche Funktion üben diese aus?

4)   Ist einer der oben erwähnten Sicherheitsmänner Mitglied der FPÖ?

5)   Ist einer der oben erwähnten Sicherheitsmänner in einem Beschäftigungsverhältnis mit der FPÖ, dem FPÖ Parlamentsklub, einem FPÖ Mandatar bzw. einer FPÖ Mandatarin oder einer Vorfeldorganisation der FPÖ?

6)   Aus welchem Grund und aufgrund welcher konkreter Sicherheitsbedenken wurden sechs Sicherheitsmänner zur Bewachung von zwei akkreditierten Journalist:innen einer jüdischen Studierendenzeitung abkommandiert und umstellten diese für die gesamte Dauer der Veranstaltung anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktags am 27. Jänner 2025 im Nationalrat?

7)   Wer entscheidet über das sicherheitspolitische Vorgehen bei derartigen Veranstaltungen im Nationaltrat und ist das eine übliche Vorgehensweise?

a)   Wenn ja, nennen Sie bitte weitere Fälle, bei denen Journalist:innen von sechs Sicherheitsmännern derartig umstellt wurden?

b)   Wenn nein, warum war es bei dieser Veranstaltung und bei diesen zwei Journalist:innen der Fall?

8)   Wie lautete das Sicherheitskonzept für diese Veranstaltung?

9)   Sah das Sicherheitskonzept für diese Veranstaltung eine derart intensive Bewachung aller anwesenden Journalist:innen vor?

a)   wenn ja, wer wurde noch bewacht und aus welchem Grund?

b)   wenn nein, warum wurden nur die Vertreter:innen der jüdischen Studierendenzeitung bewacht ?

10) Sah das Sicherheitskonzept für diese Veranstaltung eine derart intensive Bewachung für eine spezielle Gruppe von Journalist:innen vor? Wenn ja, wie wurde diese Gruppe definiert?

11)Wird es bei zukünftigen Gedenkveranstaltungen eine vergleichbare Überwachung für anwesende Journalist:innen, insbesondere für Vertreter:innen jüdischer Medien, geben? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

Die Vorgehensweise wurde von den beiden anwesenden Journalist:innen als einschüchternd und drangsalierend erlebt. Unabhängig von den subjektiven Empfindungen der Betroffenen, ist es eine verheerende Außenwirkung für das österreichische Parlament, bei einer Veranstaltung anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktags am 27. Jänner 2025 im Nationalrat zwei akkreditierte Vertreter:innen einer jüdischen Studierendenzeitung derartig zu behandeln.

Welche Schlüsse ziehen Sie daraus? Werden Sie in Zukunft ähnliche Vorgehensweisen anordnen?

12)    Wie viele Sicherheitsleute beschäftigt das Parlament?

13)    Werden für solche Veranstaltungen auch private Sicherheitsleute beschäftigt?

14) Falls die sechs „Bewacher“ der beiden Vertreter:innen der jüdischen Studierendenzeitung von einer privaten Sicherheitsfirma waren – wieviel hat deren Einsatz gekostet?



[1] Eine ORF-Liveübertragung der Veranstaltung, die nach wie vor abrufbar ist, zeigt die Szenerie rechts oben auf der Tribüne (ab den ersten Minuten der Übertragung und wieder am Ende ab Minute 01:11:00): https://on.orf.at/video/14261771/15809918/freeman-hass-macht-krank-und-bloed