17/JPR XXVIII. GP

Eingelangt am 17.07.2025
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mario Lindner, Sabine Schatz, Genossinnen und Genossen, an den Präsidenten des Nationalrats

betreffend „31 Männer, eine Frau - wann zeigt das Österreichische Parlament endlich die vielfältige Geschichte unserer Demokratie“

Das Parlamentsgebäude ist seit seiner Wiedereröffnung im Jahr 2023 nicht nur das pulsierende Herz der österreichischen Demokratie, sondern auch ein Anziehungspunkt für hunderttausende Bürger*innen, die sich von der historischen Bedeutung dieses Ortes aus erster Hand überzeugen wollen. Gerade deshalb ist es auch von besonderer Bedeutung, dass das Parlament seinen Gästen in unterschiedlichster Form Einblicke in die vielfältige Geschichte dieses Ortes und damit der österreichischen Politik ermöglicht - sowohl der Online-Auftritt des Hauses als auch der Besucher*innen-Service, die Parlamentsbibliothek und andere Teile der Parlamentsdirektion tun dies mit spannenden Themenschwerpunkten, Recherchen und anderen Initiativen.

Umso enttäuschender wirkt es, dass gerade die Darstellung wichtiger Persönlichkeiten im Haus selbst, diesem Anspruch einer Aufarbeitung der vielfältigen Geschichte österreichischen Politik nicht gerecht wird. Hinsichtlich jener Portraits und Stelen, die historische Persönlichkeiten zeigen und für die Öffentlichkeit zugänglich sind, fällt vor allem ein Umstand auf, der auch von Besucher*innen-Gruppen und vor allem von interessierten Schüler*innen immer und immer wieder angesprochen wird: Als wichtige Persönlichkeiten abgebildet werden fast nur Männer. Insgesamt 31 historisch bedeutsame Männer werden in den öffentlich zugänglichen Bereichen des Hauses dargestellt und nur eine einzige Frau, die erste Frau an der Spitze des Nationalrats, Barbara Prammer. Das ist umso trauriger, als dass das österreichische Parlament auf eine ganze Reihe beeindruckender weiblicher Politikerinnen zurückblicken kann, die aus allen politischen Lagern stammen und die Geschichte unserer Republik auf beeindruckende Art und Weise mitgeprägt haben. Gerade die jungen Besucher*innen des Hohen Hauses stellen daher zurecht die Frage, wann auch diese Frauen endlich öffentlich gewürdigt und damit gegenüber den hunderttausenden Besucher*innen des Parlaments auch als Baumeisterinnen unserer Republik vorgestellt werden.

Zu diesen Pionierinnen der österreichischen Geschichte gehören vor allem die ersten weiblichen Abgeordneten, die als erste Frauen am 4. März 1919 ihre Plätze in der Konstituierenden Nationalversammlung einnahmen: Die Sozialdemokratinnen Anna Boschek, Emmy Freundlich, Adelheid Popp, Gabriele Proft, Therese Schlesinger, Amalie Seidel und Maria Tusch, sowie die Christlichsoziale Dr. Hildegard Burjan. Aber auch die erste Frau, die weltweit an der Spitze einer Parlamentskammer stand, würde im Hohen Haus eine Würdigung verdienen: Die christlichsoziale Politikerin Olga Rudel- Zeynek, die von 1. Dezember 1927 bis 31. Mai 1928 als erste Politikerin an der Spitze einer parlamentarischen Körperschaft die Präsidentin des Bundesrates war.

Genauso verdienen die vielen beeindruckenden Politikerinnen der Zweiten Republik eine Würdigung gegenüber den Besucher*innen des Hohen Hauses: Die ÖVP- Politikerin Marga Hubinek, die von 1986 bis 1990 als erste Frau das Amt der Zweiten Präsidentin des Nationalrats ausübte oder Heide Schmidt, die von 1990 bis 1994 für die FPÖ und das Liberale Forum als erste Frau die Dritte Nationalratspräsidentin war. Dasselbe gilt für Mitarbeiterinnen des Parlaments selbst, wie die „Retterin der Parlamentsbibliothek“ Hilda Rothe.

Es ist höchste Zeit, dass die Republik gerade ihren jungen Bürger*innen zeigt, dass die Geschichte unserer Demokratie eine vielfältige war, die von Frauen genauso wie von Männern geprägt, gestaltet und geformt wurde ... und dass sich das auch im Herzen dieser Republik, dem Parlament, widerspiegelt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage:

1.    Sind von Ihnen in Ihrer Funktion als Präsident des Nationalrats konkrete Schritte geplant, um den Beitrag weiblicher Pionierinnen für die Entwicklung der österreichischen Demokratie und des Parlamentarismus, insbesondere durch öffentliche Sichtbarkeit in den für Besucher*innen zugänglichen Teilen des Hohen Hauses, besser sichtbar zu machen?

a.    Wenn ja, welche konkreten Schritte sind geplant?

b.    Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?

2.    Ist es aus Ihrer Sicht repräsentativ und sendet das richtige Signal, dass in den für Besucher*innen zugänglichen Teilen des Hohen Hauses insgesamt 31 männliche Politiker und nur eine weibliche Politikerin gewürdigt werden?

3.    Haben Sie insbesondere vor, das Leben und Wirken sowie den Beitrag zum Parlamentarismus von Anna Boschek, Emmy Freundlich, Adelheid Popp, Gabriele Proft, Therese Schlesinger, Amalie Seidel Maria Tusch und Dr. Hildegard Burjan durch ein Portrait in den für Besucher*innen zugänglichen Teilen des Hohen Hauses zu würdigen?

4.    Haben Sie insbesondere vor, das Leben und Wirken sowie den Beitrag zum Parlamentarismus von Olga Rudel-Zeynek durch ein Portrait in den für Besucher*innen zugänglichen Teilen des Hohen Hauses zu würdigen?

5.    Haben Sie insbesondere vor, das Leben und Wirken sowie den Beitrag zum Parlamentarismus von Marga Hubinek und Heide Schmidt durch ein Portrait in den für Besucher*innen zugänglichen Teilen des Hohen Hauses zu würdigen?

6.    Haben Sie insbesondere vor, das Leben und Wirken sowie den Beitrag zum Parlamentarismus von Hilda Rothe oder anderen Pionierinnen im Bereich der Mitarbeiterinnen des Parlaments durch ein Portrait in den für Besucher*innen zugänglichen Teilen des Hohen Hauses zu würdigen?