4/JPR XXVIII. GP

Eingelangt am 04.12.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Wolfgang Gerstl

an den Nationalratspräsidenten

betreffend Aufhebung der Immunität der Abg Martin Graf, Harald Stefan und Norbert Nemeth

 

Der Standard berichtete, dass seitens der Staatsanwaltschaft Wien bereits am 20.11.2024 um die Aufhebung der Immunität der Abg Norbert Nemeth, Harald Stefan und Martin Graf ersucht wurde. [1]

Grund für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien ist deren Teilnahme am Begräbnis des einstigen FPÖ-Politikers Walter Sucher, im Rahmen dessen das Lied „Wenn alle untreu werden" gesungen wurde, das als eine Art Hymne der Schutzstaffel (SS) benutzt wurde. Es steht daher der Verdacht auf Wiederbetätigung im Raum.

Die Ersuchen um Aufhebung der Immunität sind am 20.11.2024 bei Ihnen eingelangt.

Nach § 80 Abs 1 GOG-NR, der Immunitätsangelegenheiten regelt, hat der Präsident „Ersuchen um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung eines Abgeordneten [...] dem mit diesen Angelegenheiten betrauten ständigen Ausschuß (Immunitätsausschuß) sofort nach dem Einlangen" zuzuweisen. Außerdem werden nach leg cit „Ersuchen um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung [...] dem betroffenen Abgeordneten mitgeteilt".

Der erste diesbezügliche Bericht des Standards erschien am 29.11.2024. Erst durch diesen Bericht des Standards erfuhren die Abgeordneten der Österreichischen Volkspartei überhaupt vom Einlangen der drei Ersuchen um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung.

Nach dem darauf folgenden Bericht eines „Sprechers von Rosenkranz" seien die Ersuchen durch ihr Büro „zeitnah an die zuständige Stelle im Haus weitergeleitet worden", wohingegen ein Sprecher der Parlamentsdirektion beauskunftete, die Schreiben seien am vergangenen Freitag - dh erst am 29.11.2024, sohin am Tag der Berichterstattung des Standards - an die Nationalratskanzlei übermittelt worden. [2]

Erst am 4.12.2024 wurden die Ersuchen um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten Norbert Nemeth, Harald Stefan und Martin Graf meinem Klub übermittelt.

Die gegenständlichen Ersuchen richten sich gegen drei Abgeordnete Ihrer Partei, sie langten drei Tage vor der Landtagswahl in der Steiermark bei Ihnen ein, die Auslieferung wurde beantragt wegen des Vergehens der Wiederbetätigung und die zeitliche Abfolge lässt vermuten, dass die Ersuchen nicht auf Grund der sich aus dem GOG-NR ergebenden Verpflichtungen, sondern auf Grund der Berichterstattung des Standards überhaupt an die Nationalratskanzlei weitergeleitet wurden.

Der unterfertigte Abgeordnete richtet daher an Sie die folgende

 

Anfrage:

 

1.      Wurde seitens der Parlamentsdirektion im Zuge Ihrer Amtsübernahme für Sie und/oder die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter Ihres Büros eine Einweisung in die wichtigsten administrativen Tätigkeiten angeboten?

2.      Wenn ja, hat diese Einweisung stattgefunden?

3.      Welche Personen haben daran teilgenommen?

4.      Wenn nein, warum wurde dieses Angebot abgelehnt?

5.      Wenn die Einweisung nicht angeboten wurde, haben Sie und/oder Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter Ihres Büros um eine solche ersucht?

6.      Wenn nein, warum nicht?

7.      Wodurch qualifizieren sich die mit Immunitätsfragen in Ihrem Büro befassten Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter für diese verantwortungsvolle Tätigkeit?

8.      Wann genau (Datum und genaue Uhrzeit) langte das Ersuchen um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abg Martin Graf bei Ihnen ein?

9.      Wann genau (Datum und genaue Uhrzeit) langte das Ersuchen um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abg Harald Stefan bei Ihnen ein?

10.  Wann genau (Datum und genaue Uhrzeit) langte das Ersuchen um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abg Norbert Nemeth bei Ihnen ein?

11.  Wann und in welcher Form und durch wen haben Sie persönlich erstmalig von den Ermittlungen gegen die Abg Martin Graf, Harald Stefan und Norbert Nemeth erfahren?

12.  Welche Mitarbeiterinnen /Mitarbeiter Ihres Büros sind befugt, Schriftstücke, die von einer Staatsanwaltschaft gesendet werden, zu öffnen und weiter zu bearbeiten?

13.  Welche/r Mitarbeiterin/Mitarbeiter Ihres Büros öffnete den/die Briefe, wann genau (Datum und Uhrzeit) geschah dies und wer wurde wie über das Einlangen der Schreiben informiert?

14.  Durch welche Mitarbeiterin/welchen Mitarbeiter wurden Sie über das Einlangen des/der Schreiben/s informiert und wann genau (Datum und Uhrzeit) geschah dies?

15.  Wurde durch Sie oder durch Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter Ihres Büros das Einlangen des/der Schreiben gegenüber der Staatsanwaltschaft Wien bestätigt?

16.  Welche Mitarbeiterin/welcher Mitarbeiter verantwortet in Ihrem Büro die Immunitätsangelegenheiten?

17.  Wie viele Tage umfasst Ihrer Interpretation nach die Wendung „sofort" in§ 80 Abs 1 GOG-NR?

18.  Welche sachlichen Gründe führen dazu, dass das/die Schreiben gegenüber den Klubs bislang zehn Tage lang zurückgehalten wurden?

19.  Wer hat entschieden, dass das/die Schreiben zurückgehalten werden?

20.  Kam es seitens Ihres Büros zur Erörterung dieser Frage zur Kontaktaufnahme mit Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern der Parlamentsdirektion? Wenn ja, welche Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter wurden wann genau (Datum und Uhrzeit) dazu kontaktiert?

21.  Wie war deren Empfehlung?

22.  Kam es im Vorfeld der Berichterstattung des Standards zu Medienanfragen in Ihrem Büro?

23.  Wann genau (Datum und Uhrzeit) kam es zur ersten Kontaktaufnahme seitens der Medien, insbesondere des Standards?

24.  Kam es im Vorfeld der Berichterstattung der Tageszeitung Standard zu Medienanfragen, insbesondere des Standards, an die Parlamentsdirektion?

25.  Wenn ja, an wen richtete sich diese Medienanfrage?

26.  Wann genau (Datum und Uhrzeit) kam es zur ersten Kontaktaufnahme durch Medienvertreter, insbesondere durch den Standard?

27.  Wurde darüber das Büro des Nationalratspräsidenten informiert?

28.  Wenn ja, wann genau (Datum und Uhrzeit)?

29.  Wurde darüber der Parlamentsdirektor informiert?

30.  Wenn ja, wann genau (Datum und Uhrzeit)?

31.  Nach Auskünften eines Ihrer Mitarbeiter gegenüber dem Standard wurde das/die Schreiben der Staatsanwaltschaft Wien 11 zeitnah an die zuständige Stelle im Haus" weitergeleitet, laut einem Sprecher der Parlamentsdirektion erst am 29.11.2024. Wann genau (Datum und Uhrzeit) wurde/n das/die Schreiben weitergeleitet?

32.  An welche Stelle konkret wurde/n das/die Schreiben weitergeleitet?

33.  Nach§ 80 Abs 1 GOG-NR sind Ersuchen um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung auch dem Abgeordneten mitzuteilen. Wann wurde der Abg Harald Stefan über das Einlangen des Ersuchens um Zustimmung zu seiner behördlichen Verfolgung erstmalig informiert?

34.  Durch wen wurde der Abg Harald Stefan informiert?

35.  Wann wurde der Abg Martin Graf über das Einlangen des Ersuchens um Zustimmung zu seiner behördlichen Verfolgung erstmalig informiert?

36.  Durch wen wurde der Abg Martin Graf informiert?

37.  Wann wurde der Abg Norbert Nemeth über das Einlangen des Ersuchens um Zustimmung zu seiner behördlichen Verfolgung erstmalig informiert?

38.  Durch wen wurde der Abg Norbert Nemeth informiert?

39.  Wurde/n das/die Schreiben durch Sie oder Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter Ihres Büros noch an andere Personen weitergeleitet?

40.  Wenn ja, an welche Personen und wann genau (Datum und Uhrzeit)?

41.  Welche Maßnahmen zur Qualitätssicherung hinsichtlich des Prozesses der Weitergabe bei Ihnen einlangender Schriftstücke an die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter der Parlamentsverwaltung durch Sie und/oder Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter Ihres Büros werden Sie ergreifen?

42.  Sind Sie angesichts des § 13 Abs 6 GOG-NR der Ansicht, dass Schriftstücke, die Ihnen persönlich als Nationalratspräsident gesendet werden, nicht ordnungsgemäß beim Nationalrat eingelangt sind?



[1] https://www.derstandard.at/story/3000000247018/treuelied-auf-begraebnis-staatsanwaltschaft-beantragt-auslieferung-von-drei-fpoe-abgeordneten

[2] https://www.derstandard.at/story/3000000247295/rosenkranz-hielt-auslieferungsbegehren-gegen-fpoe-abgeordnete-zehn-tage-zurueck