5/JPR XXVIII. GP
Eingelangt am 18.02.2025
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Anfrage
der Abgeordneten Lukas Hammer, Freundinnen und Freunde
an den Präsidenten des Nationalrates
betreffend Verbindungen des Büroleiters von Nationalratspräsident Walter Rosenkranz mit Neonazi-Gruppe
Am 5. November 2024 wurden im Rahmen von Ermittlung gegen die Gruppierung „Sächsische Separatisten“ („SS“) in Deutschland und Österreich mehrere Hausdurchsuchungen und acht Verhaftungen durchgeführt.
Die Sächsischen Separatisten wurden - so zitiert zusammengefasst das Monatsmagazin DATUM aus Ermittlungsakten - im Jahr 2020 unter anderem von den Brüdern Jörg und Jörn Schimanek gegründet. Das Ziel der Gruppierung sei es, eine am Nationalsozialismus ausgerichtete Gesellschaftsordnung zu errichten und dabei unter anderem durch ethnische Säuberungen gegen als "unerwünscht" erachtete Gruppen vorzugehen und diese zu „entfernen“. Die Gruppe bereite sich auf „Tag X“ vor, an dem der staatliche und gesellschaftliche Zusammenbruch eintreten werde. Wenn „Tag X“ eintrifft, möchten sie Gebiete in Sachsen und gegebenenfalls auch in anderen ostdeutschen Ländern mit Waffengewalt erobern. Dafür sollen sich die Mitglieder im Häuserkampf geübt und Ausrüstung sowie Munition gelagert haben. Als Rückzugsort der Gruppe wird die Burg Kronsegg (bzw. das dort befindliche Kronsegger Forsthaus) in Niederösterreich vermutet. Ein Objekt, das seit langer Zeit von der Familie des Rädelsführers der Gruppe, Jörg Schimanek, gemietet wird.
Bei der Hausdurchsuchung am 5. November im Kronsegger Forsthaus wurden laut Bericht auf krone.at neben einschlägigen NS-Gegenständen wie Devotionalien, Fotos und sogar Gemälden auch insgesamt 30 Kilogramm Munition beschlagnahmt. Bei den Tausenden Schuss handle es sich teils um Geschosse aus dem Zweiten Weltkrieg, aber auch neuwertige Munition. Zudem wurden demnach ein moderner Schalldämpfer und diverse taktische Ausrüstungsgegenstände bzw. „Uniformsorten“ wie militärische Westen sichergestellt.
Jörg und Jörn Schimanek, die Neffen Ihres Büroleiters René Schimanek, befinden sich aktuell in Untersuchungshaft, gegen sie wird unter anderem wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Gegen ihren Vater, Hans-Jörg Schimanek (Junior), ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien wegen Verdacht auf Verstoß gegen das Verbotsgesetz. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Das Kronsegger Forsthaus steht im Besitz der Stadtgemeinde Langenlois und wird seit vielen Jahren von der Familie Schimanek angemietet, zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung von Hans-Jörg Schimanek (Senior), dem Vater von René und Hans-Jörg Schimanek (Junior). Zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung am 5. November 2024 hatte Ihr Büroleiter, René Schimanek, dort seinen Hauptwohnsitz gemeldet – und ihn dann ein paar Wochen nach der Hausdurchsuchung auf eine andere Adresse in Langenlois umgemeldet.
Laut einem Bericht der Zeit im Bild wird aktuell auch gegen René Schimanek ermittelt. Aufgrund welcher Verdachtslage ist nicht öffentlich bekannt. René Schimanek war in der Vergangenheit, gemeinsam mit seinem später wegen Wiederbetätigung verurteilten Bruder, in Neonazi-Milieus unterwegs. Bekannt ist insbesondere ein Foto aus dem Jahr 1987, das ihn gemeinsam mit seinem Bruder sowie dem Neonazi Gottfried Küssel mit Schlagstock und Militärstiefel zeigt. Laut eigenen Angaben nahm er auch an rechtsextremen Wehrsportübungen teil. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.
Als Nationalratspräsident leiten Sie die wichtigste Institution unserer Demokratie. Darüber hinaus haben Sie aufgrund Ihrer Funktion den Kuratoriumsvorsitz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus. Eine Verbindung eines verfassungsfeindlichen neonazistischen Netzwerks in ihr Büro wäre absolut inakzeptabel. Wenn auch nur der leiseste Verdacht im Raum steht, dass jemand in Verbindung mit einer gewaltbereiten Neonazigruppe steht, die unsere Staats- und Gesellschaftsform mit Gewalt gegen Andersdenkende abschaffen will, kann er nicht mitten im Herzen unserer Demokratie seinen Arbeitsplatz haben. Als Büroleiter des Nationalratspräsidenten - mit Zugang zu sensiblen Informationen und Daten - schon gar nicht.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Wurde vor der Rekrutierung von René Schimanek als Ihr Büroleiter eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt? Wenn ja, was war das konkrete Ergebnis?
2) Wann hat Sie René Schimanek darüber informiert, dass an der Adresse, an der er seinen Hauptwohnsitz gemeldet hatte, eine Hausdurchsuchung stattgefunden hat?
3) Seit wann sind Ihnen die Ermittlungen gegen René Schimanek bekannt?
4) Ist Ihnen die konkrete Verdachtslage bekannt, aufgrund derer die Behörden gegen René Schimanek ermitteln? Wenn ja, welche ist das?
5) Welche Maßnahmen haben Sie nach Bekanntwerden der Vorwürfe ergriffen?
6) Ist René Schimanek weiterhin im Dienst, und wenn ja, warum haben Sie sich dazu entschieden, ihn nicht zu suspendieren?
7) Welche Kontrollmechanismen existieren, um sicherzustellen, dass keine Ihrer Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter mit verfassungsfeindlichen Gruppierungen in Verbindung stehen?
8) Haben Sie überprüft, ob Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter aus Ihrem Büro in Verbindung mit rechtsextremen oder neonazistischen Gruppen in Österreich oder Deutschland, insbesondere jenen, die im Verfassungsschutzbericht des Innenministeriums sowie im Österreichischen Rechtsextremismusbericht erwähnt werden, stehen?
9) Wenn ja, was hat diese Prüfung konkret ergeben?
10) Können Sie ausschließen, dass eine oder mehrere Personen Ihres Büros Verbindungen mit rechtsextremen, verfassungsfeindlichen oder neonazistischen Gruppierungen in Österreich oder Deutschland haben?
11) Gibt es Hinweise darauf, dass René Schimanek in seiner Funktion als Büroleiter rechtsextreme und/oder verfassungsfeindliche Gruppierungen – wie zum Beispiel die Sächsischen Separatisten - unterstützt hat?
12) Haben Jörg, Jörn oder Hans Jörg jun. Schimanek das Parlament betreten, seit Sie zum Präsidenten des Nationalrats gewählt wurden? Wenn ja, wann genau und zu welchem Zweck?
13) Gab es Bedenken oder Rückmeldungen von Überlebenden, internationalen Organisationen oder anderen Partnern des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus in Bezug auf diese Ermittlungen, die an Sie kommuniziert wurden?
14) Wie planen Sie als Vorsitzender, den möglichen Schaden für die Reputation des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus zu begrenzen und welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um sicherzustellen, dass die Glaubwürdigkeit durch diese Vorwürfe nicht beeinträchtigt wird?
15) Sehen Sie eine moralische Verantwortung, insbesondere in Ihrer Rolle als Vorsitzender des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, angesichts der Funde von NS-Memorabilia und Munition an der Adresse, an der Ihr Büroleiter seinen Hauptwohnsitz gemeldet hatte?
16) Inwiefern sehen Sie die Ermittlungen gegen Ihren Büroleiter als vereinbar mit Ihrer Funktion des Vorsitzenden des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, der für die Erinnerungskultur und die Aufarbeitung der NS-Zeit zuständig ist?