Erläuterungen
Allgemeiner Teil
Auf Grund der mit BGBl. I Nr. 5/2024 umgesetzten Abschaffung der Amtsverschwiegenheit und Einführung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts (Grundrechts) auf Zugang zu Informationen wurde ein Paradigmenwechsel eingeleitet, indem staatliche Transparenz zur Regel und Geheimhaltung zur Ausnahme gemacht wurde. Bestehende einfachgesetzliche Verschwiegenheitspflichten können dabei insoweit aufrecht bleiben, als sie in den verfassungsrechtlich ermöglichten Ausnahmen vom Grundrecht auf Zugang zu Informationen (Art. 22a Abs. 2 B-VG) ihre Deckung finden. Der vorliegende Entwurf dient der Anpassung der bisherigen wehrrechtlichen Regelungen betreffend Verschwiegenheitspflichten an den neuen verfassungsrechtlichen Rahmen; nennenswerte materielle Änderungen sind damit nicht verbunden. Die geltenden wehrrechtlichen Regelungen haben sich in der jahrzehntelangen militärischen Praxis bewährt und sind auch in Zukunft zur Geheimhaltung sensibler Informationen im militärischen Bereich unabdingbar.
In rechtstechnischer Hinsicht sollen die in Art. 22a Abs. 2 B-VG geregelten Eingriffsmöglichkeiten auf einfachgesetzlicher Ebene wiederholt werden; eine derartige Gestattung zur Wiederholung der verfassungsgesetzlichen Ausnahmetatbestände in Materiengesetzen ist vom Gesetzgeber ausdrücklich als zulässig bezeichnet worden (siehe dazu Seite 3 der Erläuterungen zur Regierungsvorlage 2238 BlgNR XXVII. GP).
Die vorgeschlagenen Änderungen sollen zeitgleich mit dem Inkrafttreten des Grundrechts auf Zugang zu Informationen ab 1. September 2025 in Kraft treten.
Kompetenzgrundlage:
Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 15 B‑VG („militärische Angelegenheiten“).
Besonderer Teil
Zu Art. 1 (Änderung des Wehrgesetzes 2001):
Zu Z 1 und Z 2 (§ 11 Abs. 2 und § 38a Abs. 4):
In sinngemäßer Anwendung des im Art. 22a Abs. 2 B-VG enthaltenen Begriffs „Geheimhaltung“ soll die bisherige Formulierung „Verschwiegenheitspflicht“ durch die Formulierung „Geheimhaltungspflicht“ ersetzt werden. In § 38a Abs. 4 soll durch die Ergänzung der Wortfolge „oder Präsenzdienst“ klargestellt werden, dass die Geheimhaltungspflicht für Frauen auch während bzw. nach der Leistung von Milizübungen (einschließlich eines Aufschubpräsenzdienstes im Anschluss an einen solchen), freiwilligen Waffenübungen, Funktionsdiensten sowie eines Auslandseinsatzpräsenzdienstes gilt.
Zu Z 3 (§ 55 Abs. 8):
Nach den Erläuterungen zu § 3 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Zugang zu Informationen (Informationsfreiheitsgesetz – IFG), BGBl. I Nr. 5/2024, soll die „Informationsverpflichtung auf Antrag […] im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeit (des Wirkungs- bzw. Geschäftsbereichs) gelten. „Zuständig“ ist die zur Erledigung der Angelegenheit, in der das Informationsbegehren gestellt wird, zuständige Behörde. Informationen, die von einer anderen Behörde stammen, aber von der Behörde zu den Akten zu nehmen sind, gehören damit auch zu ihrem Wirkungsbereich.“ Im Hinblick auf die zahlreichen auch kleineren Dienststellen im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung sowie im Bundesheer und deren eingeschränkten Zugang zu juristischer Fachkompetenz soll im Sinne der Rechtstaatlichkeit eine entsprechende Sondernorm für die künftige Behördenzuständigkeit geschaffen werden, nach der alle Bescheide durch den Bundesminister für Landesverteidigung erlassen werden. Eine solche abweichende Regelung ist nach Art. 11 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 1/1930, ausdrücklich zulässig, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich ist. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung ist eine materienrechtliche Abweichung nur dann „erforderlich“, wenn besondere Umstände vorliegen (vgl. zB VfSlg. 8583/1979, 13.831/1994, 15.369/1998, 15.218/1998, 16.414/2002) bzw. wenn sie im Regelungszusammenhang mit den materiellen Vorschriften unerlässlich ist (beginnend mit VfSlg. 8945/1980, vgl. VfSlg. 11.564/1987, 14.153/1995, 19.922/2014). Die Unerlässlichkeit dieser Regelung ergibt aus der Notwendigkeit von juristischer Expertise zur Sicherstellung einer einheitlichen Vorgangsweise bei der Erlassung von Bescheiden nach dem IFG und der damit verbundenen Rechtssicherheit.
Für die Einrichtungen der (nicht-territorialen) Selbstverwaltung (zB die Personalvertretung) sowie für weisungsfreie Einrichtungen (zB den Rechtsschutzbeauftragten oder die Parlamentarische Bundesheerkommission), welche für die Erlassung von Bescheiden über Auskünfte aus ihren Bereichen selbst zuständig sind, soll eine entsprechende ausdrückliche Ausnahme von der in Aussicht genommenen Regelung über die Behördenzuständigkeit vorgesehen werden.
Zu Z 4 (§ 60 Abs. 2s):
Auf Grund des geplanten Wirksamwerdens der vorliegenden Novelle ist eine entsprechende Inkrafttretensregelung erforderlich.
Zu Art. 2 (Änderung des Heeresdisziplinargesetzes 2014):
Zu Z 1, Z 2 und Z 3 (Inhaltsverzeichnis, Überschrift zu § 26 und § 26 Abs. 2):
In sinngemäßer Anwendung des im Art. 22a Abs. 2 B-VG enthaltenen Begriffs „Geheimhaltung“ soll die bisherige Formulierung „Verschwiegenheitspflicht“ durch die Formulierung „Geheimhaltungspflicht“ ersetzt werden.
Zu Z 4 (§ 89 Abs. 8):
Auf Grund des geplanten Wirksamwerdens der vorliegenden Novelle ist eine entsprechende Inkrafttretensregelung erforderlich.
Zu Art. 3 (Änderung des Militärbefugnisgesetzes):
Zu Z 1 (§ 22 Abs. 2 und § 32 Abs. 3):
Auf Grund des Entfalls des bisher die Amtsverschwiegenheit regelnden Art. 20 Abs. 3 B-VG kann auch die gegenständliche Bezugnahme auf die Amtsverschwiegenheit entfallen. Eine Informationseinholung soll künftig auf das durch Art. 22a B-VG neu eingeführte Recht auf Zugang zu Informationen gestützt werden können. Die bereits bisher gesetzlich vorgesehenen und relevanten Verpflichtungen zur Verschwiegenheit als Ausnahmen von der Auskunftspflicht bleiben dies auch weiterhin (wie etwa die spezifischen Verschwiegenheitspflichten der Rechtsanwälte nach § 9 der Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868, der Ärzte nach § 54 des Ärztegesetzes 1998, BGBl. Nr. 169/1998, oder der Psychologen und ihrer Hilfspersonen nach § 37 des Psychologengesetzes 2013, BGBl. Nr. 182/2013).
Zu Z 2 und Z 3 (§ 57 Abs. 1 und Abs. 4):
In sinngemäßer Anwendung des im Art. 22a Abs. 2 B-VG enthaltenen Begriffs „Geheimhaltung“ soll die bisherige Formulierung „Verschwiegenheitspflicht“ durch die Formulierung „Geheimhaltungspflicht“ ersetzt werden. Die in Abs. 4 angesprochene Geheimhaltungspflicht entspricht den in Abs. 1 aufgezählten Fällen, welche wiederum die verfassungsrechtlichen Vorgaben wiederspiegeln.
Zu Z 4 (§ 61 Abs. 1n):
Auf Grund des geplanten Wirksamwerdens der vorliegenden Novelle ist eine entsprechende Inkrafttretensregelung erforderlich.