Erläuterungen

A. Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997, BGBl. Nr. 789/1996, regelt die Bewirtschaftung von verschiedenen Warengruppen des Nahrungsmittelbereichs im Krisenfall und ermöglicht – so wie Versorgungssicherungs- und Energielenkungsgesetz in den jeweils relevanten Bereichen – die Ergreifung von entsprechenden Maßnahmen. Allen drei Gesetzen ist gemein, dass sie den gesetzlichen Rahmen zur Bewältigung von außerordentlichen Krisenfällen bilden und erst durch die Erlassung entsprechender Verordnungen aktiviert werden können. Das Bundes-Krisensicherheitsgesetz soll den allgemeinen organisatorischen Rahmen bilden sowie für die Koordinierung und generelle Lagebeurteilung verantwortlich sein. Die konkrete Ergreifung von Maßnahmen im Krisenfall erfolgt hingegen durch die Wirtschaftslenkungsgesetze.

Das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz (LMBG) beinhaltet das gesetzliche Instrumentarium, um im Falle von (drohenden) Störungen der Versorgung, die mit marktwirtschaftlichen Maßnahmen nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln behoben werden können, die Bevölkerung mit Lebensmitteln zu versorgen oder um allfällige völkerrechtliche Verpflichtungen umsetzen zu können.

Als Störung der Versorgung wird eine wesentliche Verknappung des Angebots angesehen. Diese Verknappung des Angebots darf aber ihre Ursache nicht in einer saisonalen Verknappungserscheinung haben und auch nicht durch hohe Preise bedingt sein. Für die Auslegung des Begriffs „Störung der Versorgung“ ist auf die Wesentlichkeit und Bedeutung eines Produktes (z.B. Grundnahrungsmittel) sowie ob Alternativangebote in Hinblick auf Ersatzprodukte (z.B. Kartoffel versus Reis) und Ausweichmöglichkeiten vorhanden sind, abzustellen.

Als „unmittelbar drohende Störung“ wird eine Situation mit einer potenziellen Gefahr, die sich aufzubauen beginnt, angesehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die Situation für einen längeren Zeitraum erwartet wird ohne Aussicht auf eine (rasche) Verbesserung der Lage.

Eine Anwendung der Instrumente des LMBG (etwa wie im Falle eines Atomunfalls) war theoretisch möglich, aber bisher haben die Marktmechanismen ausreichend gegriffen. Mit Beginn der COVID-19-Pandemie und insbesondere durch den Angriffskrieg der Russischen Föderation auf die Ukraine mit den daraufhin erfolgten wirtschaftlichen Sanktions- und Gegenmaßnahmen verschärften sich Lieferkettenprobleme.

Ungeachtet der funktionierenden Marktmechanismen wurde im Rahmen eines bundesweiten Krisengremiums (SKKM) die Notwendigkeit von staatlichen Eingriffen geprüft, wobei auch Übungen und Planspiele stattfanden. Dadurch wurden auch vermehrt Erfahrungen im Umgang mit Krisen gesammelt. Diese Erfahrungen sollen in das bestehende LMBG eingebaut werden. Insbesondere die Möglichkeit zur Vorratshaltung als Vorsorgemaßnahme soll im LMBG eingebaut werden. Auch auf eine verbesserte Information der Bevölkerung soll mehr geachtet werden, damit für den Fall des Auftretens einer Krise auf die schon erfolgte allgemeine Vorbereitung aufgebaut werden kann.

Das Regierungsprogramm 2025 – 2029 enthält eine Novelle des LMBG mit dem Ziel der Einarbeitung von Erfahrungen aus den vergangenen und aktuellen Krisen, insbesondere die Möglichkeit von Vorsorgemaßnahmen.

B. Besonderer Teil

Zu Z 1 (Art. I) und Z 23 und 24 (Art. II § 24 Abs. 3 und 5):

Für die Novellierung des LMBG ist die Schaffung einer geeigneten gesetzlichen Grundlage notwendig, damit auch die in der Novelle enthaltenen und nicht durch Art. 10 B-VG abgedeckten Tatbestände von der Kompetenzdeckungsklausel erfasst sind. Da das LMBG mit 31. Dezember 2026 befristet ist, wird es um 10 Jahre verlängert, um auch langfristig für die Ergreifung rascher Maßnahmen im Krisenfall gewappnet zu sein. Art. I Abs. 2 und Art. II § 24 Abs. 5 regeln das Inkrafttreten.

Zu Z 2 (Art. II § 1 Abs. 1, § 6, § 7, § 9 Abs. 1 und 2, § 10 Abs. 1, § 18 Abs. 1 Z 1, § 19 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, § 20 und § 21 Abs. 4):

Durch Ersetzung des Ausdrucks „Umwelt“ durch „Klima- und Umweltschutz, Regionen“ wird der geänderten Ressortbezeichnung Rechnung getragen.

Zu Z 3 (Art. II § 1 Abs. 5):

Bei dringend zu setzenden Maßnahmen und Vorliegen von Gefahr im Verzug ist eine Ausnahme von den §§ 17 und 18 Bundeshaushaltsgesetz (BHG) vorgesehen. Die Wirkungsfolgenabschätzung kann in diesen Fällen mit dem Antrag auf Erteilung der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrats vorgelegt werden oder nach der Erlassung einer Verordnung ehestmöglich nachgereicht werden.

Zu den Z 4, 16 und 17 (Art. II § 3 Abs. 2 und § 15):

Die Bestimmungen betreffend Entschädigungen für Vermögensnachteile durch Lenkungsmaßnahmen werden in § 3 Abs. 2 dahingehend präzisiert, dass eine Lenkungsverordnung auch Regelungen zur Festsetzung der Höhe der Entschädigung sowie einen Mindestbetrag für eine Entschädigung enthalten kann.

Eine Entscheidung innerhalb von acht Wochen erscheint in einer Situation, in der Lenkungsmaßnahmen erfolgen, zu kurz. Daher wird die Frist auf zwölf Wochen verlängert.

Werden zukünftig Lenkungsmaßnahmen auf Grundlage der §§ 3 oder 12 verordnet, so können in diese Verordnungen nähere Bestimmungen zur Berechnung, zum Nachweis und zum genauen Umfang des Ersatzes von Vermögensnachteilen aufgenommen werden. Hinsichtlich des Umfangs des Ersatzes wird klargestellt, dass kein Ersatz für direkte Schäden bei Fällen höherer Gewalt oder für den entgangenen Gewinn zu leisten ist. Auf die Schandenminderungspflicht der geschädigten Person wird hingewiesen. Um Überkompensationen zu vermeiden soll der Durchschnitt der Preise über zwölf Monate herangezogen werden. Der Zeitraum von vier Wochen vor der Erlassung der Lenkungsmaßnahme ist jedoch nicht zu berücksichtigen, da davon auszugehen ist, dass in diesem Zeitraum bereits nicht typische Preissituationen gegeben sind. Bei Festlegung der Entschädigungsansprüche sind etwa Förderungen und auch sonstige Vermögensvorteile von Antragstellern zu berücksichtigen. Dementsprechend müssen dem Antrag Nachweise über Vermögensnachteile sowie über allfällige Vermögensvorteile beigefügt werden. In den Verordnungen können außerdem Bagatellgrenzen für Entschädigungsansprüche festgelegt oder aber die Ersatzpflicht generell auf Enteignungen beschränkt werden (§ 15 Abs. 2 neu). Der bisherige Abs. 2 wird zum neuen Abs. 3.

Zu Z 5 (Art. II § 3 Abs. 3 und 4):

Die Abs. 3 und 4 werden nach dem Vorbild von § 4 Abs. 3 und 4 des Energielenkungsgesetzes und Art. II § 2 Abs. 3 und 4 des Versorgungssicherungsgesetzes zur genaueren Determinierung von Lenkungsmaßnahmen eingefügt.

Zu Z 6 (Überschrift des Art. II § 4):

Durch den Begriff „Verbot der Verfütterung“ soll der Inhalt der Regelung besser zum Ausdruck gebracht werden, eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden.

Zu Z 7 (Art. II § 8):

Da § 8 nur aus einem Absatz besteht, kann die Absatzbezeichnung „(1)“ entfallen.

Zu Z 8 (Art. II § 8 und § 9 Abs. 1):

Durch diese Regelung soll der Anwendungsbereich hinsichtlich Vorsorgemaßnahmen klargestellt bzw. ausgedehnt werden.

Zu Z 9 (Art. II § 9 Abs. 3):

Der datenschutzrechtliche Verweis wird auf die Datenschutz-Grundverordnung aktualisiert.

Zu Z 10 (Art. II § 10 Abs. 1):

Die Bestimmung zur Kundmachung von Verordnungen wird aufgrund der Einstellung der Wiener Zeitung aktualisiert.

Zu Z 11 und 14 (Art. II § 10 Abs. 2 und § 12a):

Ein wesentlicher Bestandteil der Krisenvorsorge und –bewältigung liegt in der ausreichenden und zeitgerechten Information der Bevölkerung, damit diese zum einen sich vorbereiten kann und zum anderen im Ernstfall weiß, welche Maßnahmen ergriffen werden und wie sie sich daher zu verhalten hat.

In § 10 Abs. 2 wird auf die Erreichung eines möglichst breiten Adressatenkreises abgestellt.

Zur Erfüllung dieses Informationsbedarfs sollen nach § 12a daher auf der Internetseite des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft potenzielle Lenkungsmaßnahmen dargestellt werden. Die Ergreifung der konkreten Maßnahmen im Krisenfall hängt von der dann gegebenen Situation ab und kann von den vorab dargestellten Maßnahmen abweichen.

Zu Z 12 (2. Abschnitt):

Mit der Überschrift dieses Abschnitts wird auf die erweiterte Bedeutung der Vorsorgemaßnahmen hingewiesen.

Zu Z 13 und 18 (Art. II § 12 Abs. 3 und 4 und § 18 Abs. 3):

Dem Ziel im Regierungsprogramm 2025 – 2029, die Möglichkeit von Vorsorgemaßnahmen zu erweitern, wird insbesondere mit dieser Ergänzung Rechnung getragen.

Abs. 3 ermöglicht zu Zwecken einer langfristigen Krisenvorsorge und der Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung insbesondere eine strategische öffentliche Vorratshaltung oder eine Verpflichtung privater Marktteilnehmer zur Vorratshaltung. Zur Sicherstellung der staatlichen Aufgaben in der Krisenvorsorge soll vorrangig eine öffentliche Vorratshaltung angestrebt werden. Sollte eine drohende Versorgungskrise mit einer öffentlichen Vorratshaltung nicht abwendbar sein, kann dafür auch geeigneten privaten Marktteilnehmern, jedoch nur dort wo es möglich ist, eine Vorratshaltung angeordnet werden. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob dem einzelnen in Frage kommenden privaten Marktteilnehmer die für eine Vorratshaltung geeigneten Lagerflächen zur Verfügung stehen und eine dafür ausreichende Lagerlogistik vorhanden ist. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, soll den von der Anordnung einer Vorratshaltung betroffenen privaten Marktteilnehmern eine Entschädigung geleistet werden. Wenn derartige Maßnahmen umgesetzt werden, ist der Bundeslenkungsausschuss nach § 18 Abs. 1 zur Beratung in Fragen der vorbeugenden Versorgungssicherung zu befassen. Als Grundlage für die Befassung des Bundeslenkungsausschusses gemäß § 18 Abs. 3 sollen Forschungsprojekte herangezogen werden, in denen die Auswirkungen für den Markt, die Höhe der Kosten und welches Risiko bestehen würde, wenn eine Vorratshaltung nicht eingeführt wird, dargelegt werden. Die Umsetzung bedarf dann eines eigenen Rechtsaktes (z.B. Vertrag oder Verordnung).

Organisatorische, technische und strukturelle Vorbereitungsmaßnahmen nach Abs. 4 finden nicht nur erst bei Eintritt von Ereignissen, die zu Störungen der Versorgung führen können, Anwendung, sondern können bereits zu Zwecken der Krisenvorsorge ergriffen werden.

Zu Z 15 (Art. II § 13):

Abs. 1 und 2 sehen eine Verwendung von Daten lediglich für die Durchführung von Lenkungsmaßnahmen oder deren Vorbereitung sowie bei Ereignissen, die zu Störungen der Versorgung mit Lebensmitteln führen können, vor. Aufgrund der Vielzahl verschiedenartiger möglicher Krisen ist eine nähere und gesamthafte Auflistung der für die jeweilige Krise benötigten Daten in Abs. 2 nicht möglich. Zu den in Abs. 2 genannten Zwecken sind jedenfalls Daten umfasst, die gemäß § 9 Abs. 3 bei der AMA in hoheitlicher oder privatwirtschaftlicher Vollziehung anfallen, somit insbesondere die in § 27 Marktordnungsgesetz 2021 aufgezählten Daten.

Mit Abs. 3 soll schon im Vorfeld sowie zur nachfolgenden Evaluierung eine Verwendung von Daten für wissenschaftliche Analysen und Studien zum Zwecke der Beurteilung der Notwendigkeit und Zielgerichtetheit verschiedener Maßnahmen ermöglicht werden. Daneben wäre auch eine Verwendung dieser Daten im Rahmen von vorbereitenden Tätigkeiten beispielsweise im Rahmen von Übungen oder Planspielen möglich.

Zu Z 19 und 21 (Art. II § 19 Abs. 1 Z 7 und Abs. 3):

Dem Inkrafttreten des Bundes-Krisensicherheitsgesetzes wird Rechnung getragen und ein Vertreter des Regierungsberaters in den Bundeslenkungsausschuss als Mitglied aufgenommen.

Zu Z 20 (Art. II § 19 Abs. 2 Z 1):

Geänderte Ressortbezeichnungen werden berücksichtigt.

Zu Z 22 (Art. II § 23 Abs. 1):

§ 23 Abs. 1 wird nach dem Vorbild von § 41 Z 3 des Energielenkungsgesetzes in Verbindung mit § 39a Verwaltungsstrafgesetz ergänzt.

Zu Z 25 (Art. II § 25):

In § 25 wird den geänderten Ressortbezeichnungen Rechnung getragen. Die Beschränkung des Einvernehmens mit der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz in Z 2 ist der Klarheit halber notwendig. Da auch derzeit bei zahlreichen bestehenden Meldeverpflichtungen für Marktordnungswaren oder Lebensmittel gemäß Agrarmarkttransparenzverordnung, BGBl. II Nr. 312/2021 sowie bei Meldungen nach § 11 Abs. 1 kein Einvernehmen notwendig ist, wird durch diese Ergänzung die Vorgangsweise bei der Regelung von Meldepflichten vereinheitlicht.

Lenkungsmaßnahmen nach § 3 Abs. 1 Z 3 bedürfen aufgrund der Zuständigkeiten des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus nach § 25 Z 1, in dessen Zuständigkeit die Regelung von Öffnungszeiten fallen. Anders ist die Situation bei Düngemittel und Pflanzenschutzmittel, sodass das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus bei Lenkungsmaßnahmen für Düngemittel und Pflanzenschutzmittel in Z 1 entfallen soll.

Wenn in Verordnungen nähere Bestimmungen zur Berechnung, zum Nachweis und zum genauen Umfang des Ersatzes von Vermögensnachteilen gemäß § 15 Abs. 2 aufgenommen werden, hat dies gemäß Z 3 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu erfolgen.

Zu Z 26 (Art. II § 26):

§ 26 enthält eine Klarstellung zu den personenbezogenen Bezeichnungen.