RN/10
13.04
Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Österreicherinnen und Österreicher, vor allem die, die diese konstituierende Sitzung verfolgen! Es ist tatsächlich eine besondere Ehre, jetzt hier stehen zu dürfen, so knapp vor dem Nationalfeiertag, und wieder als Mandatar angelobt zu werden. Es ist tatsächlich auch immer wieder ein Moment, in dem man sich dessen bewusst wird, wie wichtig tatsächlich – an meinen Vorredner anschließend – die Demokratie und die Verfassung in unserem Land sind, und wie wichtig es ist, der Verfassung die Treue zu halten und ihr im wahrsten Sinne des Wortes zu dienen.
Das geloben auch unsere Rekrutinnen und Rekruten am 26.10., am Nationalfeiertag. Da wir das alle heute hier im Hohen Haus gelobt haben, steht es, finde ich, auch an, allen, die heute hier sind, die sich für das Volk, für die Menschen in unserem Land einsetzen, von dieser Stelle aus ganz herzlich zu ihrem Mandat zu gratulieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Gleichzeitig gilt es aus meiner Sicht, auch all jenen Danke zu sagen, die nicht mehr Teil des Hohen Hauses sind, aber mit ihrem Dienst in der letzten Gesetzgebungsperiode dieses Verständnis von Demokratie, von der Auseinandersetzung miteinander gerade hier im parlamentarischen Raum auch gelebt haben.
Ich will noch einmal einen ganz wichtigen Punkt, den mein Vorredner angesprochen hat, in den Mittelpunkt stellen: Herr Klubobmann Kickl, Sie haben Abraham Lincoln zitiert, einen großen Mann der amerikanischen Geschichte. Er ist deshalb auch ein geeignetes Beispiel, sich mit verschiedenen Systemen der Demokratie auseinanderzusetzen, denn während der amerikanische Präsident von Wahlmännern gewählt wird, die sich aus dem Mehrheitswahlrecht heraus finden, entsteht bei uns eine tragfähige Regierung auf Basis des Verhältniswahlrechts. Das steht im Zusammenhang mit dem parlamentarischen Prozess und den Mandatarinnen und Mandataren hier im Parlament.
Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Hinweis, den Sie nicht versteckt oder subtil geben müssen – dass die Freiheitliche Partei gewonnen hat, ist im Sinne der Demokratie und des Wählerwillens absolut anzuerkennen. Im Verhältniswahlrecht aber gibt es eine besondere Herausforderung: Es zählt nicht nur das eine, nämlich als Erster durchs Ziel zu gehen, sondern das besonders Herausfordernde ist – sofern man nicht eine absolute Mehrheit erreicht –, Koalitionen zu bilden, aufeinander zuzugehen, Kompromisse zu finden, um über diesen Weg auch tatsächlich eine tragfähige Regierung zustande zu bringen. Das ist der große Unterschied. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und Grünen.)
Und ja, es obliegt immer den Institutionen des Staates und damit auch dem nach dem Verhältniswahlsystem gewählten Parlament, aber auch dem Bundespräsidenten, Entscheidungen zu treffen, die sich danach richten, wo Mehrheiten gefunden werden können oder eben nicht. Auch das gehört zum demokratischen Verständnis dazu: Entscheidungen anzuerkennen, wenn es eben nicht gelungen ist, eine Mehrheit zu finden, und wenn es darum geht, dem tatsächlichen Verlauf der Demokratie in Österreich Raum zu geben, um zu sehen, ob es den anderen möglich ist, eine Mehrheit zu finden. Das ist unsere Verfassungswirklichkeit, das sind die Prinzipien der österreichischen Verfassung – Rechtsstaatlichkeit und Demokratie – und des Verhältniswahlrechts. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Zadić [Grüne].)
Sie haben absolut recht, dass wir all dem gemeinsam verpflichtet sind. Ich unterstütze Sie ausdrücklich dabei, Herr Klubobmann Kickl, da das unsere gemeinsame Aufgabe ist. Am besten gehen wir hier im Parlament – dort, wo wir den inhaltlichen Diskurs führen sollen, wo wir argumentieren und agieren – genau in diesem Sinne miteinander um, wenn wir wirklich wollen, dass Gräben zugeschüttet werden, wenn es wirklich möglich sein soll, auch über große ideologische Grenzen hinweg Wege zu finden, um – und das halte ich für ganz besonders wichtig – den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes zu zeigen, dass es bei allen Unterschiedlichkeiten, bei allen heftigen Diskussionen immer Respekt voreinander und Respekt im Umgang miteinander gibt und dass wir eben gemeinsam zu unserer Bundesverfassung stehen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Brandstötter [NEOS].)
Die konstituierende Sitzung ist auch deshalb so besonders, weil sie auch – wie schon ausgeführt – Anlass gibt, das Nationalratspräsidium neu zu wählen.
Gestatten Sie mir, dass ich die Gelegenheit wahrnehme, dem Mann, der gerade hinter mir sitzt und über die Geschäftsordnung des Nationalrates wacht, Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka, großen Dank – Dank und Anerkennung für das, was du, Herr Präsident, geleistet hast – auszusprechen. Du hast tatsächlich dieses Haus vorbildlich geführt, und du hast vor allem etwas erreicht, was für mich besonders ist: Es gab ein parteiübergreifendes Zusammenwirken, dass dieses historische Gebäude tatsächlich wieder in diesem hellen Glanz erstrahlt, wie es der Demokratie gebührt. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hat diesen Weg begonnen, und du, Herr Präsident, hast ihn konsequent fortgesetzt. Dieses Haus, dieser Ort ist heute ein wahrhaft würdiges Symbol und Zeichen der Demokratie – und dafür, vor allem für diese historische Tat, ein großes Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und Grünen.)
Als Klubobmann der Volkspartei darf ich natürlich auch für unseren Nationalratspräsidentschaftskandidaten werben – Peter Haubner –, gleichzeitig hier aber auch ganz klar sagen, dass wir uns in der Fraktion der Volkspartei zu den Usancen und der Tradition dieses Hauses bekennen, dass es für uns tatsächlich so ist, dass die erste, also die stimmenstärkste Fraktion in diesem Haus das Vorschlagsrecht für den – ersten – Nationalratspräsidenten hat. Jetzt kommt aber wieder ein wichtiger Punkt zum Demokratieverständnis: Das ist so, das steht der stimmenstärksten Fraktion zu, aber das alleine ist eben nicht alles, wie Sie wissen, Herr Klubobmann. Es braucht dazu eben auch eine geheime Wahl – auch das ist Demokratie und der Würde dieses Hauses angemessen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)
Damit hier aber keine Missverständnisse entstehen: Der Wahlvorschlag vonseiten der FPÖ ist für uns einer, den wir sehr ernst nehmen, den wir unterstützen können. Dennoch ist es mir aber wichtig, für unseren Kandidaten für die Position des Zweiten Präsidenten, Peter Haubner, das Wort zu ergreifen, weil er ja nicht nur jetzt einfach als sogenannter Zweiter Präsident kandidiert, sondern für 23 Jahre Erfahrung, Redlichkeit und Arbeiten für die Menschen in unserem Land – im besten Sinne der Werte und der Tradition unserer Bundesverfassung – steht.
Ja, es sind wieder herausfordernde Zeiten, und ja, das Präsidium wird wie immer in fordernden Zeiten gefordert sein, daher braucht es Redlichkeit, daher braucht es dieses beherzte Tun. Das – das kann ich versichern – wird Peter Haubner als Zweiter Nationalratspräsident auch leben, und daher werbe ich für seine Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Frau Präsidentin, auch wir unterstützen vollinhaltlich den Vorschlag der SPÖ für Ihre Wahl zur Präsidentin. Sie haben in der Ausübung Ihres Amtes und Ihrer Funktion mehrfach bewiesen, dass das Gemeinsame vor dem Trennenden stehen kann, dass die Würde des Hauses, dass die Geschäftsordnung des Hauses wichtige Bindeglieder sind – daher werden wir als Fraktion der Volkspartei auch Ihre Kandidatur unterstützen.
Ich wünsche allen Mandatarinnen und Mandataren, den zukünftigen Präsidentinnen und Präsidenten dieses Hauses alles, alles Gute, ein fürsorgliches Wirken tatsächlich im Sinne der österreichischen Demokratie und tatsächlich im Sinne der österreichischen Wählerinnen und Wähler – und zwar aller Fraktionen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und Grünen.)
13.14
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Andreas Babler. – Bitte sehr, Sie haben das Wort, Herr Klubobmann.