RN/13
13.35
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Danke, Herr Vorsitzender! Herr Bundespräsident! Meine Damen und Herren, auch die, die auf anderen Kanälen zuschauen! Liebe Kollegen und Kolleginnen auf der Regierungsbank! Vor allem aber liebe Kolleg:innen Abgeordnete! Ich möchte bei dem, was gesagt wurde, jetzt einmal bei Beate Meinl-Reisinger anschließen. Auch ich gratuliere allen neuen Abgeordneten, und mir ist völlig bewusst, dass ich hier in Ihre Richtung (in Richtung FPÖ) zu schauen habe. Ich mache das mit vollem Respekt davor, dass Sie kandidiert haben, dass Sie gewählt wurden, und ehrlich gesagt mehr noch mit vollem Respekt vor den Wählerinnen und Wählern, die Sie gewählt haben, den ich hier zum Ausdruck bringen möchte.
Das hier ist immerhin nicht nur der Nationalrat, sondern auch die Volksvertretung. Es heißt ja auch Nationalratswahl. Damit bin ich aber auch schon beim Punkt: Es heißt eben nicht Kanzlerwahl, und es hieß schon gar nicht Volkskanzlerwahl. Bis heute ist Herr Kickl die Bestimmungen der Bundesverfassung dazu schuldig geblieben. Wir haben ihn schon eingeladen, diese vorzuweisen. Aber nicht nur das: Es gibt eben auch nicht das eine Volk. Was soll das sein? (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Lindner [SPÖ].) Was ist dann mit diesen (in Richtung ÖVP, NEOS, Grünen und SPÖ weisend) Abgeordneten? Es gibt kein Einheitsvolk.
So viel Geschichtsbewusstsein sollten wir gerade in Österreich schon aufbringen, uns daran zu erinnern, dass die bittersten (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ]), die bösesten, die giftigsten, die undemokratischsten und die am meisten Gewalt auslösenden Parolen in unserer Geschichte (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Immer nur von den Grünen gekommen sind!) damit begonnen haben: Ein Volk! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie wissen, was danach kommt: Ein Volk, ein Reich, ein Führer!
Was haben wir von so einem Volk? (Abg. Amesbauer [FPÖ]: Ordnungsruf! Ordnungsruf!) Was haben wir vor allem von so einem Volksbegriff? (Abg. Kickl [FPÖ): Aber Sie wissen schon, dass da eine Volkspartei sitzt, oder?) Sie müssen sich das eben auch vorhalten lassen, weil – bei allem Respekt; um Gottes Willen! – auch die Mehrheit – im Übrigen – der Abgeordneten hier diesen Respekt wohl auch verdient. (Abg. Kickl [FPÖ]: Ihr Koalitionspartner hat Volkspartei geheißen!)
Sehen Sie, ich kann sogar noch woanders anschließen, bevor Sie sich zu sehr aufregen, Herr Klubobmann Kickl: Sie haben davon gesprochen, was demokratische Traditionen sind. – Ja, da gibt es welche, die Stimmen gewonnen haben – ich gratuliere noch einmal dazu; es sind bei Ihnen (in Richtung FPÖ) ganz viele –, und wir haben Stimmen verloren (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Gut so!), auch das ist richtig, das kann ich anerkennen, das heißt aber nicht, dass ich mir den Blick trüben lasse. Es geht in der Demokratie immer noch um Mehrheiten. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker [FPÖ].) Ich kann ja beginnen, mich umzuschauen, und mich auch wieder einmal dahin (in Richtung SPÖ) wenden. Das werde ich dann bei Gelegenheit, bei der Wahl des Präsidenten, ja ohnehin noch machen.
Ich will die feierliche Stimmung, die hier geherrscht hat, nicht grundsätzlich trüben, aber es hilft ja überhaupt nichts, wenn wir uns hier vor lauter Weihrauchkesselschwingen plötzlich selber vernebeln; so kann es nicht sein. (Beifall bei den Grünen.)
Jetzt sind hier die Abgeordneten einer Partei, die mit einem Parteiführer in den Wahlkampf gezogen ist, der in ihren Bierzelten behauptet hat, er setzt die Kollegen, die er jetzt hier umwerben will, auf die Fahndungslisten. Das haben Sie (in Richtung Abg. Kickl) doch gesagt. Welche Fahndungslisten waren das? Solche, mit denen Sie einen Regierungspartner suchen? Jetzt fahnden Sie, ja (Heiterkeit bei den Grünen sowie des Abg. Lindner [SPÖ]), nach einem Regierungspartner, aber das geht sich einfach nicht aus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das müssen Sie doch zur Kenntnis nehmen!
Nicht dass Ihnen das nicht durchgegangen wäre, Sie waren ja sehr erfolgreich damit. Ich halte das eh für bedenklich, aber wir müssen es akzeptieren. Wir müssen aber auch die Konsequenzen ziehen und wieder einen klaren Blick haben und wieder klar Schiff machen, auch hier im Haus, im Zentrum der Demokratie (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Demokratie ist für Sie bedenklich? Wirklich?), im Zentrum der repräsentativen Demokratie; in diesem Begriff steckt ja schon sehr, sehr viel drinnen. Die Lage ist also nicht die eines Einheitsvolkes, aber die Lage ist eindeutig, eindeutiger geht es überhaupt nicht.
Alle anderen haben im Wahlkampf gesagt, dass sie mit Ihnen nicht können und nicht wollen – und zwar laut genug, deutlich genug und oft genug. Was wollen Sie? Die sind auch gewählt worden. Ich bitte Sie also, zusammenzuzählen und zusammenzurechnen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker [FPÖ].)
Diese umsichtige und im wahrsten Sinne des Wortes weitsichtige Übung hat der Herr Bundespräsident, der jetzt von mehreren Seiten auf Ihr Geheiß hin attackiert wird, gemacht. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf [FPÖ].) Warum? – Weil er ja gesehen hat, dass bei weiteren Ehrenrunden und Regierungsbildungsbeauftragungen nichts herauskommen kann. Wenn in dieser Aufgabenstellung alles gilt, was gesagt und von allen betont wurde, dann ist es klar geworden: Hätte drei Wochen oder drei Monate sondiert werden sollen, damit man dann draufkommt und ergründet, dass man eigentlich jemanden, der Fahndungslisten ausruft, dann doch nicht zum Kanzler macht? – Ich glaube nein, und deshalb gilt auch dem Bundespräsidenten Dank, dass er diese Wege in dieser Weitsichtigkeit abgekürzt hat. Das halte ich für verantwortungsvolle Politik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].)
Ich verstehe auch bei allem Respekt vor Landeshauptleuten nicht, dass es Zurufe aus dieser Ecke gibt. Die Landeshauptleute sollten sich vielleicht eher einmal darauf besinnen, dass bei ihnen Ähnliches gilt: Es sind nämlich auch dort Landtagswahlen, auch in der Bundes- und in den Landesverfassungen steht nichts von Landeshauptmannwahlen. (Zwischenrufe des Abg. Amesbauer [FPÖ] und des Abg. Hafenecker [FPÖ].) Es wäre vielleicht eine nützliche Übung, wenn sie sich dort besinnen wollten.
Nun zu den Usancen und Traditionen (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Da haben Sie ...!): Das ist auch eine Frage der Demokratie, ich gebe Ihnen recht. Ich möchte es ein bisschen hinterfragen, und ich sage Ihnen: Es stellen sich Fragen – abgesehen davon, dass Sie die leider allzu früh verstorbene Frau Kollegin Prammer oder auch Kollegin Glawischnig hier nicht gewählt haben (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Woher wollen Sie das wissen? Das ist eine geheime Wahl ...! – Ruf bei der FPÖ: Woher wissen Sie das? ... geheime Wahl!), das haben Sie nicht gemacht. Ich rege mich ja nicht einmal darüber auf, aber es ist nur ein weiterer Beweis Ihrer Inkonsistenz. Es ist Ihnen ja erlaubt, sie nicht zu wählen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Babler [SPÖ].)
Deshalb sage ich Ihnen, was das Problem ist, das da auf uns zukommt, wenn wir hier fragen müssen. Ich verhehle nicht, dass ich ein sehr gutes Gespräch mit Kollegen Rosenkranz in seiner Funktion als Volksanwalt gehabt habe, das ist noch gar nicht so lange her. Trotzdem stellen sich aber Fragen. Derselbe Herr Rosenkranz hat ja anlässlich der öffentlichen – wenn Sie so wollen – Nominierung für dieses Amt vor ein paar Tagen erst gesagt, na ja, er macht das schon, weil er ja Parteisoldat ist. Ein Parteisoldat, okay. So, der Soldat welcher Partei soll hier der – erste – Präsident werden? – Der Soldat einer Partei, die immer weniger Grenzen zum offenen und modernsten Rechtsextremismus zieht, jenem der Identitären, die erst kürzlich einmal wieder dabei ertappt wurden, den Holocaust als geil zu bezeichnen (Zwischenrufe des Abg. Amesbauer [FPÖ] und des Abg. Leichtfried [FPÖ]) und ein Srebrenica 2.0 herbeiwünschen, wo es einfach um nichts anderes gegangen ist, als dass 8 000 bosnische Burschen und Männer massakriert und ermordet wurden – und Sie finden nicht einmal eine ausreichende Abgrenzung dazu. Ja das kann sich ja nicht ausgehen! Jedenfalls hoffe ich es – und ich werbe auch dafür. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Wenn diese Gruppe dann noch als erfrischend und charmant bezeichnet wird, dann weiß man ja, woher da der Wind weht. Deshalb bin ich der Meinung, dass sich das eben für dieses Amt an dieser Stelle nicht ausgehen kann. Ich werbe deshalb auch bei den anderen Fraktionen dafür, andere Personen an die Spitze dieses Hauses zu wählen, so wie wir das machen werden. Es heißt nämlich wirklich nicht umsonst, dass es sich hier um das zweithöchste Amt im Staate mit viel Macht in der Gesetzgebung handelt.
Deshalb empfehle ich den Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, aber auch von den NEOS und von der ÖVP, dieser Tradition nicht zu folgen – denn es gibt keine Tradition, dass man hier einen europafeindlichen Vertreter an die Spitze wählt (Beifall bei den Grünen), außer die Tradition einer Partei, die diesen rechtsextremen Umtrieben jedenfalls nicht ausreichend entgegentritt. Diese Republik hat sich etwas anderes und, wie ich meine, etwas Besseres verdient. (Beifall bei den Grünen.)
13.43
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Präsident Hofer.